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KLIMA/309: Mikronesien - Vorbildliches Klimaschutzgesetz soll Weltgemeinschaft zum Handeln bringen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Mai 2014

Mikronesien: Vorbildliches Klimaschutzgesetz soll Weltgemeinschaft zum Handeln bringen

von Catherine Wilson


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Der Meeresspiegel im Umfeld von Mikronesien steigt jährlich um zehn Millimeter
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Sydney, 30. Mai (IPS) - Die Vereinigten Staaten von Mikronesien (FSM), ein pazifischer Inselstaat nördlich von Papua-Neuguinea und östlich von Palau, sind zu einem regionalen Pionier in Sachen Klimaschutzgesetzgebung geworden.

Im Dezember letzten Jahres verabschiedete die Regierung das Gesetz zum Klimawandel. Seither sind staatliche Einrichtungen in Bereichen wie Umwelt, Katastrophenschutz, Transport, Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und Finanzen verpflichtet, den Klimaschutz in sämtlichen Strategien und Aktionsplänen zu berücksichtigen. Der Staatspräsident selbst muss dem Parlament einmal jährlich über die Umsetzung des Gesetzes Rede und Antwort stehen.

"Mikronesien kann als erster pazifischer und erster kleiner Inselstaat ein solches Gesetz vorweisen", meinte Lam Dang, Gesetzgebungsberater des mikronesischen Parlaments, im Gespräch mit IPS. Die Regelung ist sich der Herausforderungen bewusst, die extreme Wetterveränderungen darstellen. Sie folgt der Prämisse, dass sich nur durch konkrete Maßnahmen die Gefahren des Klimawandels abwenden lassen.


Riesenwellen und Überschwemmungen

Wenn hohe Wellen die Küstengebiete unter Wasser setzen oder ein Taifun über den Inselstaat hereinbricht, ist das Leid der Bevölkerung immens, vor allem in armen Gemeinden. Ihre Erfahrungen und Vorschläge seien in die neue Gesetzgebung eingeflossen, berichtete Dang. "Die größte Sorge auf kommunaler Ebene ist der Anstieg des Meeresspiegels, der mit dem Verlust von Agrarland und der Verseuchung des Trinkwassers einhergeht."

Der Großteil der etwa 104.000 Mikronesier lebt in Küstennähe. Die Menschen ernähren sich von der Fischerei und dem Subsistenzanbau von Taro-Knollen, Bananen, Jams und anderen Agrarpflanzen. Das durchschnittliche Einkommen der einzelnen Haushalte beläuft sich auf jährlich 11.000 US-Dollar.

Doch der Meeresspiegel im unmittelbaren Umfeld des Inselarchipels steigt jedes Jahr um etwa zehn Millimeter und ist damit mehr als dreimal so hoch wie der globale Wert. Die Folge sind Monsterwellen und Küstenerosion. Die Überschwemmungen beschädigen die Dörfer und Infrastrukturen, Agrarflächen und unterirdische Süßwasserreserven versalzen. Ergebnis ist, dass die Ernährungs- und Wassersicherheit viele Gemeinschaften und die Regierung vor enorme Probleme stellt.

Nach Angaben des Pazifischen Wissenschaftsprogramms für den Klimawandel wird Mikronesien in diesem Jahr eine Zunahme der Luft- und Wasseroberflächentemperaturen, den fortgesetzten Anstieg des Meeresspiegels, zunehmende Niederschläge und Taifune mit überdurchschnittlich hohen Windgeschwindigkeiten erleben. Schon jetzt ist das Land für Naturkatastrophen anfällig und wird in den Monaten Juli bis November regelmäßig von Taifunen heimgesucht.

Suzie Yoma, Leiterin der Mikronesischen Rot-Kreuz-Gesellschaft in Pohnpei, erinnerte an die Verwüstungen, die Taifun 'Chata'an' im Jahr 2002 angerichtet hatte. Begleitet von exzessiven Niederschlägen löste er einen Erdrutsch im Bundesstaat Chuuk aus, der 47 Menschen das Leben kostete. Zwei Jahre später zerstörte Taifun 'Sudal' 90 Prozent der Häuser und Infrastrukturen auf der Insel Yap. Mehr als 6.000 Menschen waren betroffen.

In einer Zeit, in der sich die internationale Gemeinschaft als unfähig erwiesen hat, sich auf CO2-Emissionshöchstwerte zu verständigen, bemühen sich kleine Inselentwicklungsländer wie Mikronesien verzweifelt darum, sich auf globaler Ebene Gehör zu verschaffen.

Klimaforscher warnen seit langem eindringlich vor einem Anstieg der globalen Temperaturen. Die Gespräche auf der Konferenz der Organisation globaler Parlamentsabgeordneter (GLOBE) im brasilianischen Rio de Janeiro 2012 und die darauf folgenden Klimaanpassungsverhandlungen in der chinesischen Hauptstadt Peking im Jahr 2013 verdeutlichten die Dringlichkeit zu handeln.

"Nach Gesprächen mit den vielen versammelten Abgeordneten aus aller Welt war klar, dass eigene Klimagesetze kleinen Inselstaaten eine Option bieten könnten, auf die Stagnation in den internationalen Klimaverhandlungen zu reagieren", erklärte Dang.

Indem sie national handeln und sich selbst überprüfbare Ziele setzen, hoffen die Entwicklungsländer, Bewegung in die feststeckenden Verhandlungen zu bringen, damit ein international verbindliches Klimaabkommen doch noch zustande kommt. Die Industriestaaten sind für den überwiegenden Teil der CO2-Emissionen verantwortlich. Die Pazifikinseln als Region produzieren gerade einmal 0,006 Prozent. Dennoch ist die dortige Bevölkerung besonders stark von den Folgen der schmelzenden Polkappen und steigenden Meeresspiegel betroffen.


Klimagesetz integriert Katastrophenschutz

Dass die Erderwärmung das Potenzial besitzt, immer häufigere und stärkere Naturkatastrophen auszulösen, die zur Zerstörung menschlicher Siedlungen, der Infrastrukturen und Lebensgrundlagen führen, hat die Regierung von Mikronesien dazu veranlasst, das Katastrophenrisikomanagement in das neue Klimagesetz aufzunehmen.

Im Verlauf der letzten 60 Jahr haben Naturkatastrophen auf den von 9,2 Millionen Menschen bewohnten pazifischen Inseln Schäden im Wert von 3,2 Milliarden Dollar verursacht.

Die Klimaschutzmaßnahmen Mikronesiens sind Teil einer breiteren regionalen Strategie, Klimawandel und Katastrophenmanagement in Strategien und Gesetzen gleichermaßen zu berücksichtigen. Entwicklungsorganisationen wie das Sekretariat der Pazifischen Gemeinschaft (SPC) und das Sekretariat des Pazifischen Regionalen Umweltprogramms (SPREP) unterstützen den Ansatz seit 2008.

Andrew Yatilman, Chef des mikronesischen Umwelt- und Nothilfemanagementbüros, zufolge werden die integrierten Maßnahmen die Arbeit seiner Abteilung stärken. Aktivitäten zur Reduzierung der Katastrophenrisiken und zur Verringerung der Folgen des Klimawandels waren häufig unabhängig voneinander durchgeführt worden. "Doch wir befinden uns in einem Prozess der Neuausrichtung, durch die beide Aspekte als Teil eines Problems betrachtet werden."

Es gibt eine Reihe positiver Auswirkungen eines solchen Komplementäransatzes. Eine Verdopplung der Strategien und Umsetzungsmaßnahmen wird vermieden, die Ressourcen dadurch sparsamer eingesetzt.

Präsident Emmanuel Mori hat das neue Klimagesetz als "essenziell für den Schutz unseres Landes" bezeichnet. Die Interessen und das Wohlergehen der Bürger stünden im Vordergrund.

Letztendlich sind es die politischen Entscheidungsträger, die diese Ziele Wirklichkeit werden lassen. "Wir können die besten Gesetze verabschieden, doch am Ende ist es die Exekutive, die für die Umsetzung sorgen muss", betonte Dank. "Wenn es den politischen Willen gibt, wird sich die Legislative flexibel verhalten und weitere Vorgaben unterstützen."


Mikronesien nutzt UN-Plattformen

Die mikronesische Regierung setzt sich vor allem innerhalb der Vereinten Nationen dafür ein, dass in die Klimagespräche Bewegung kommt. Auf der 19. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) in der polnischen Hauptstadt Warschau im Jahr 2013 unterstützte Mikronesien maßgeblich den Vorschlag, den Einsatz von Hydrofluorkohlenwasserstoffen (HFCs) über das Protokoll von Montreal zu verbieten.

Das internationale Abkommen zielt auf ein graduelles Verbot von Substanzen, die zum Ozonloch beitragen. HFCs sind industriell produzierte Gase, die in der Kühltechnik verwendet werden und zur Erderwärmung beitragen. Ihr Einsatz nimmt jedes Jahr um zehn bis 15 Prozent zu. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/05/micronesia-climate-law-seeks-inspire-global-action/

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IPS-Tagesdienst vom 30. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2014