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KLIMA/079: "Nein zu Teersandöl und zur KXL!" - Aktivisten erinnern Obama an ökologische Versprechen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. September 2011

Umwelt: "Nein zu Teersandöl und zur KXL!" - Aktivisten erinnern Obama an ökologische Versprechen

von Kanya D'Almeida


Washington, 31. August (IPS) - Im Wahlkampf 2008 hatte Barack Obama angekündigt: "In meiner Präsidentschaft wird der Meeresspiegel langsamer steigen und die Heilung unseres Planeten beginnen." Jetzt fordern Umweltschützer aus dem ganzen Land vom US-Präsidenten die Einlösung seines Versprechens. Noch bis zum 3. September protestieren sie vor dem Weißen Haus in Washington gegen den Bau der 2.753 Kilometer langen 'Keystone XL'-Pipeline (KXL), die täglich bis zu 800.000 Barrel Öl aus kanadischen Teersandfeldern in den Süden der USA transportieren soll.

Die kanadische Regierung hat das ökologisch und wirtschaftlich umstrittene Projekt längst abgesegnet. In Washington muss bis zum Jahresende darüber entschieden werden. Bei einer Abstimmung im Repräsentantenhaus im Juli hatten 279 Abgeordnete dafür votiert, 147 lehnten es ab. Den grünen Aktivisten zufolge liegt die endgültige Entscheidung nun bei Obama.

"Da es sich bei KXL um ein grenzüberschreitendes Projekt handelt, muss der Präsident prüfen und letztlich entscheiden, ob seine Realisierung tatsächlich im nationalen Interesse liegt", erklärte Bill McKibben, Autor, Gründer der Umweltorganisation '350.org' und einer der Wortführer der am 20. August begonnenen Sitzstreik-Kampagne, vor laufenden Fernsehkameras, nachdem er und weitere 69 Demonstranten 48 Stunden in einer Arrestzelle verbracht hatten.

Seit Jahren warnen Umweltexperten vor der massiven Umweltbelastung, die die Ausbeutung der Teersandfelder im Norden der kanadischen Provinz Alberta zur Folge hat. Klimaforscher hatten 2008 errechnet, dass zur Gewinnung von einem Fass Schweröl aus Teersand riesige Mengen an Energie und Wasser benötigt werden und bei dem Produktionsprozess dreimal mehr Treibhausgase emittiert werden als bei der Produktion von herkömmlichem Erdöl.


Beschleunigung des Klimawandels

Nach auf jüngsten Untersuchungen basierenden Schätzungen könnten bei der Förderung von Bitumen aus Teersand jährlich 150 Millionen Tonnen CO2 entstehen, eine Menge, die 85 Prozent der CO2-Emissionen aller Länder entspricht. Mächtige finanzkräftige Erdölkonzerne wie 'Trans Canada', 'Royal Dutch Shell' und 'Exxon Mobile' bestehen auf der weiteren Ausbeutung der Teersandvorkommen.

Die gigantische Keystone XL-Pipeline selbst dürfte für zusätzliche Umweltschäden sorgen. In ihrem geplanten Verlauf von Kanada über autonom verwaltetes indigenes Stammesland quer durch die USA bis zu den Raffinerien in Texas und Oklahoma würde sie große Vogelbrutgebiete durchqueren und im Fall eines Lecks die Umwelt der Umgebung verseuchen.

Über das Ausmaß von Leitungsleckagen hat IPS schon früher berichtet. Danach gab es bei 'Keystone 1', einer kleineren Erdölpipeline, allein im ersten Betriebsjahr zwölf Lecks. Aus derselben Leitung versickerten 2010 im US-Bundesstaat Nord-Dakota rund 80.000 Liter Schweröl im Boden.

Keystone XL bedroht nach Ansicht der Umweltschützer auch eines der weltweit größten unterirdischen Frischwasserreservoirs: das 25.900 Quadratkilometer große, ohnehin gefährdete Ogallala-Aquifer unterhalb der Great Plaines. Experten warnen, KSL könnte auch als Wasserleitung benutzt werden, um die dort ansässigen Industriebetriebe mit aus dem Aquifer abgepumptem Wasser zu versorgen.

Vor Baubeginn muss das Projekt KXL zwar noch etliche bürokratische Hürden nehmen, doch die Aussichten auf Genehmigung stehen nicht schlecht. So versicherte Kerri-Ann Jones aus dem für Weltmeere sowie für internationale ökologische und wissenschaftliche Belange zuständigen Regierungsbüro gegenüber Medienvertretern in einer Telekonferenz: "Es wird im Umfeld der Pipeline keine ernsthaften Umweltschäden geben."

Die Erklärung der Regierungsbeamtin überzeugt weder wissenschaftliche Experten noch die in Washington protestierenden Umweltaktivisten. Pastor Paul Mayer, ein Veteran der Protestbewegung in den USA und Mitbegründer des Netzwerks 'Climate Crisis Coalition', sagte IPS: "Ich stehe hier, weil ich den Klimawandel für eines der größten moralischen, politischen, kulturellen und geistigen Probleme halte, mit denen unser Planet konfrontiert ist. Die Ausbeutung des Teersands rückt das Risiko steigender Meeresspiegel und unerträglich hoher Temperaturen, die Dürre, Hunger und die Vertreibung von Millionen ohnmächtiger armer Menschen zur Folge haben, immer näher."


Warnung an Obama

Der Veteran der Protestbewegung in den USA, der schon für Martin Luther Kings 'Civil Rights Movement' gearbeitet hatte, bekräftigte gegenüber IPS: "Mit unserem Sitzstreik demonstrieren wir zivilen Ungehorsam und übermitteln dem Präsidenten eine unmissverständliche Botschaft. Er sollte bei der nächsten Wahl nicht mit unseren Stimmen rechnen, solange er nicht zu seinen Versprechen steht, die er in der Nacht nach seiner Wahl gegeben hat."

Auch Mike Brune, der geschäftsführende Direktor der Umweltorganisation 'Sierra Club', fuhr politische Geschütze auf. Es werde zunehmend schwieriger, die ökologische Basis und hier vor allem junge Leute als Wahlkämpfer für einen Präsidenten zu mobilisieren, dem der Mut fehlt, gegen die großen Umweltverschmutzer vorzugehen", warnte er vor Medienvertretern. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.350.org
http://www.climatecrisiscoalition.org
http://www.tarsandsaction.org/scientists-keystone-xl-obama/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56812
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=104923

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 31. August 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2011