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KATASTROPHEN/157: Unerwartete Quelle von aus Fukushima abgeleitetem Radiocäsium an Japans Küste (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 740-741 / 31. Jahrgang, 2. November 2017 - ISSN 0931-4288

Folgen von Fukushima
Unerwartete Quelle von aus Fukushima abgeleitetem Radiocäsium an der Küste Japans

von Thomas Dersee


Etwa die Hälfte der weltweit 440 Atomkraftwerke (AKW) liegen ebenso wie das im März 2011 havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima Dai-ichi an einer Küste. Während oberflächliche Einträge von Radionukliden in den Ozean über atmosphärische Ablagerungen und Flüsse nach einem nuklearen Unfall im Fokus der Beobachtung stehen, hat bislang keine Studie andere unterirdische Wege der Verteilung von Radionukliden betrachtet. Unterseeische Grundwassereinleitungen sind zwar als wichtiger Transportpfad für Materie vom Land in den Ozean bekannt, jedoch ist dieser Prozess noch nicht als Quelle von Radionukliden in die Küstenumwelt jenseits der unmittelbaren Nachbarschaft des Kraftwerksgeländes bewertet worden.

Wissenschaftler der Kanazawa University in Japan fanden nun höchste Cäsium-137-Werte bis zu 23.000 Becquerel pro Kubikmeter Wasser außerhalb der Atomanlagen von Fukushima Dai-ichi nicht im Ozean, in Flüssen oder im trinkbaren Grundwasser, sondern im Brackwasser (eine Mischung aus Meer- und Süsswasser) unter mehrere zehn Kilometer von den havarierten AKWs entfernten Sandstränden. Im Meerwasser waren es dagegen im Mittel (Median) heute nur 14 Becquerel pro Kubikmeter. Die Wissenschaftler meinen deshalb, daß die Strandsande im Jahr 2011 über den Wellen- und Gezeitenaustausch und Sorption von hoch radioaktivem Cäsium aus Meerwasser kontaminiert wurden.

Die nachfolgende Desorption von Cäsium-137 und Flüssigkeitsaustausch vom Strandsand wurde von ihnen über natürlich vorkommende Radiumisotope quantifiziert. Die abgeschätzte ozeanische Cäsium-137-Quelle in Höhe von 0,6 Billionen (1012) Becquerel pro Jahr sei von ähnlicher Größenordnung wie die laufenden Freisetzungen von Cäsium-137 aus den Atomanlagen von Fukushima Dai-ichi in den Jahren 2013 bis 2016, sowie die über Flüsse aus Fukushima Dai-ichi abgeleiteten Einträge von Cäsium-137, schreiben die Wissenschaftler. Trotzdem sei diese neu entdeckte Quelle bisher kein Thema für die öffentliche Gesundheitsvorsorge, stellen sie fest. Die Freisetzung von Radiocäsium auf diese Art und in dieser Größenordnung verlange eine Überwachung und Berücksichtigung in den Szenarien für künftige Unfälle.


Virginie Saniala et al.: Unexpected source of Fukushima-derived radiocesium to the coastal ocean of Japan, PNAS October 17, 2017, vol. 114, no. 42, 11092-11096,
http://www.pnas.org/content/114/42/11092.full.pdf


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
www.strahlentelex.de/Stx_17_740-741_S04.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, Oktober 2017, Seite 4
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2017

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