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KATASTROPHEN/023: Uganda - Immer mehr Überschwemmungen, Männer lassen Familien im Stich (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. November 2011

Uganda: Immer mehr Überschwemmungen - Männer lassen Familien im Stich

von Andrew Green

Frau mit Baby in ihrem von Überschwemmungen zerstörten Garten - Bild: © Andrew Green/IPS

Frau mit Baby in ihrem von Überschwemmungen zerstörten Garten
Bild: © Andrew Green/IPS

Kampala, 24. November (IPS) - Heftige Regengüsse haben in den vergangenen drei Jahren in der ugandischen Hauptstadt zu schweren Überschwemmungen geführt. Vor allem Bwaise, ein Slum am Rande der ugandischen Hauptstadt, ist besonders hart getroffen. Immer wieder stehen Häuser und Grundstücke unter Wasser, was die Arbeits- und Lebensbedingungen erschwert. Wer kann, verlässt das Armenviertel. Das sind in aller Regel Männer. Zurück bleiben Frauen und Kinder.

Regina Bayiyana hat hinter ihrem Haus einen großen Garten angelegt und dort Obst und Gemüse angepflanzt. Mit den Bananen, Süßkartoffeln und der Yamswurzel ernährt sie ihre Familie, außerdem verkauft sie die Früchte auf dem Markt. Doch seit einigen Jahren wird der Garten immer wieder überschwemmt, die Erträge sind deutlich gesunken. Jetzt gibt es nur noch eine Mahlzeit täglich, und Bayiyana kann die Schulgebühren für ihre Enkel nicht mehr aufbringen.

Bwaise entstand in den 1980er Jahren als Zufluchtsort für Menschen aus dem ganzen Land, die vor gewalttätigen Konflikten in ihrer Region flüchteten. "Bis vor zehn Jahren war das hier noch ein guter Ort zum Leben", erzählt Bayiyana. "Jetzt können wir kaum noch etwas anbauen. Noch dazu kommt das Wasser jedes Mal in unser Haus, wenn es regnet."


Längere Regenzeit

Und es regnet viel in Uganda. "Früher war von November bis Dezember Niederschlagssaison - jetzt regnet es auch noch im Januar fast unentwegt", sagt Florence Masuliya, Programmdirektorin der Frauenrechtsorganisation 'Tusitukirewamu Group'.

Einem Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam zufolge ist die Veränderung der klimatischen Bedingungen in Uganda auf den Klimawandel zurückzuführen, der Extremwetterereignisse wie starke Regenfälle verschärft. Die Autoren weisen darauf hin, dass es nun noch schwieriger als vorher ist, Niederschläge vorherzusehen. Die zunehmende Entwaldung trägt dazu bei, dass es immer häufiger zu Überschwemmungen kommt: weil natürliche Barrieren abgebaut werden, die das Wasser bisher noch binden konnten.

Genau das lässt sich in Bwaise beobachten: Während Kampala auf Hügeln gebaut ist, liegt Bwaise in einer Ebene, in der sich der gesamte Regen sammelt. Weil der Slum ohne städtebauliche Planung entstanden ist, fehlen ausreichende Abwasserkanäle, so dass sich das Wasser selbst einen Weg sucht - häufig mitten durch die Häuser hindurch.

Viele Gebäude halten den Wassermassen nicht stand, und auch die übrigen Gebäude beginnen langsam zu faulen und zu verrotten. Wenn Straßen und Gärten unter Wasser stehen, werden sie zu Brutstätten für Krankheiten wie Cholera und Typhus.

Bayiyana hat gelernt, mit dem Regen zu leben. Weil ihr Mann und ihre fünf Kinder gestorben sind, muss sie ihre 15 Enkel alleine großziehen. Wenn sie die Fluten nachts kommen hört, stapelt sie die drei Matratzen, auf denen sie und die Kinder schlafen. Die Familienmitglieder klettern nach oben und warten ab, bis sich das Wasser wieder seinen Weg aus dem Haus heraus gesucht hat. So sind sie auch vor den Schlangen sicher, die sich im Wasser tummeln.

Damit lässt sich allerdings der Kontakt mit dem kontaminierten Wasser nicht komplett verhindern. Mehrere Kinder litten in den vergangenen Wochen an Hautausschlag, weshalb Bayiyana mit ihnen ins Krankenhaus fahren musste. Bayiyana würde gerne wegziehen. "Aber niemand würde mein Land kaufen. Falls sich ein Käufer finden sollte, dann gegen sehr wenig Geld", sagt sie. Das kann sich die Großmutter nicht leisten.


"Frauen trifft es immer am härtesten"

"Frauen trifft es immer am härtesten", sagt Florence Kasule, Programm-Managerin der Frauenrechtsorganisation 'Africa Women's Economic Policy Network'. Seit es in der Region fast ununterbrochen regnet, sind immer mehr Männer weggezogen, um in anderen Landesteilen Geld zu verdienen. Ihre Frauen und Kinder lassen sie in der Regel zurück.

"Frauen können nicht so einfach wegziehen, weil sie sich um die Kinder kümmern müssen", sagt Kasule. "Eine Unterkunft für eine ganze Familie zu finden - ohne Arbeit und ohne Geld -, das ist schwierig." Die zurückgelassenen Frauen sind dann gezwungen, jede Arbeit anzunehmen, die sich ihnen bietet. So verkaufen sie beispielsweise Essen auf der Straße.

Die 'Tusitukirewamu Group' bemüht sich um staatliche und Hilfsgelder, um die zurückgebliebenen Frauen zu unterstützen. Von der US-Botschaft in Uganda hat die lokale Hilfsorganisation bereits Finanzmittel bekommen, mit denen Frauen Saatgut kaufen können. Einige Frauen ziehen nun Pilze, die sie ihren Kindern zu essen geben und verkaufen.

Programmdirektorin Masuliya arbeitet außerdem mit den örtlichen Behörden zusammen, um das Abwassersystem zu verbessern. Es gibt tatsächlich Hoffnungen: Unterstützt von der Weltbank sollen bereits ab dem kommenden Jahr Leitungen verlegt werden. (Ende/IPS/jt/2011)


Links:
http://www.awepon.net/
http://www.twgbwaise.com/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105907

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2011