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FISCHEREI/031: Ghana - Gift und Dynamit, illegale Fangmethoden in überfischten Gewässern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. April 2012

Ghana: Gift und Dynamit - Illegale Fangmethoden in überfischten Gewässern

von Jessica McDiarmid

Viele Fischer wissen um die Gefahren durch illegale Fangmethoden - Bild: © Jessica McDiarmid/IPS

Viele Fischer wissen um die Gefahren durch illegale Fangmethoden
Bild: © Jessica McDiarmid/IPS

Takoradi-Sekondi, Ghana, 30. April (IPS) - Sprengstoff, Glühbirnen mit hoher Wattleistung, Monofilnetze und Gift: Um trotz schwindender Fischbestände vor den Küsten Ghanas noch auf ausreichende Fangmengen zu kommen, nutzen die Fischer in dem westafrikanischen Staat umweltbelastende Methoden.

"Würden wir das nicht tun, wären unsere Netze leer", sagt Thomas Essuman, der seit 20 Jahren vor der Küste von Takoradi-Sekondi im Westen des Landes seine Netze auswirft. "Früher waren unsere Boote voll. Doch jetzt ist es nicht mehr so leicht, an Fisch zu kommen." Viele seiner Kollegen setzten Lichtquellen ein, um Fische anzuziehen. Andere griffen zu DDT oder zu Dynamit, um die Tiere zu töten und dann in größeren Mengen aus dem Wasser holen zu können.

Die Fischer wissen, dass solche Praktiken schädlich sind. "Diese Fischereimethoden werden das Land zerstören", räumt Essuman ein. "Der Fischfang sichert unsere Existenz. Ist das Meer erst ruiniert, werden gar keine Fische mehr da sein. Und dann stellt sich für uns die Frage, womit unser Geld verdienen sollen." In ganz Westafrika lebt etwa ein Viertel der erwerbsfähigen Bevölkerung vom Fischfang.

Laut Samson Falae, der seit etwa 30 Jahren vom Fischfang lebt, treibt der Sprengstoff die Fische immer weiter ins Meer hinaus. Die Fischer müssten somit immer mehr in Treibstoff investieren, um den Schwärmen folgen zu können. "Wenn man weit hinausfährt und nicht genug fängt, kann man sich eine weitere Tour am nächsten Tag nicht mehr leisten", berichtet er.

Seit 2010 gibt es Richtlinien, die den Fischern unter anderem vorschreiben, welche Netze sie auswerfen und wie groß die Maschen sein dürfen. Ebenso wird festgelegt, in welchen Gebieten Fische bestimmter Größen gefangen werden können.


Fischbestand gefährdet

Alex Sabah, der Leiter der Fischereibehörde in Ghanas Westregion, fürchtet den Niedergang der Fischbestände. Er schätzt, dass 200.000 Pirogen zum Fischen herausfahren. Um fündig zu werden, müssten sie inzwischen drei Mal so weit auf das Meer hinaus als noch vor zehn Jahren.

Sabah kritisiert, dass auch ganz junge Fische und kleine Exemplare gefangen werden, die größeren Spezies als Nahrung dienten. Auch in ökologisch empfindlichen Gebieten wie Mündungsarmen werde Fischfang betrieben, obwohl nur noch jede 30. Fischart in Ghana als nicht gefährdet gelte. Der Experte befürwortet die strengeren Vorschriften. "Ein kleines Wehklagen jetzt ist besser als der große Aufschrei später", sagt er.

Kurz nach Inkrafttreten der neuen Regelungen führten Vertreter der Fischereibehörden, Polizisten und die Marine Kontrollen durch. Es kam zu Festnahmen, Fischereiausrüstungen wurden beschlagnahmt und Anzeige erstattet. Die Fischer reagierten mit Demonstrationen, bei denen es zu gewaltsamen Zwischenfällen kam. Nach Ansicht von Sabah wäre es besser gewesen, die Fischer vorab für die Umweltprobleme zu sensibilisieren, die sie mit ihren illegalen Fangpraktiken anrichteten.

Die Einhaltung der Richtlinien wird allerdings durch einen Mangel an politischem Willen in dem rund 25 Millionen Einwohner zählenden Land erschwert. So gibt es Sabah zufolge Politiker, die sich durch Zugeständnisse an die Millionen Ghanaer, die vom Fischfang leben, Wählerstimmen erhoffen. "In solchen Fällen sind wir machtlos."


Viertel der Bevölkerung Westafrikas lebt vom Fischfang

Die Umweltorganisation 'Environmental Justice Foundation' (EJF) in London macht aber auch ausländische Trawler für den Rückgang der Fischbestände verantwortlich. Dadurch gingen den Ländern südlich der Sahara jährlich Einnahmen von etwa einer Milliarde US-Dollar verloren. Sabah will den ausländischen Fischereiunternehmen jedoch nicht alle Schuld an den Missständen geben. "Unsere Fischer setzen die falschen Methoden ein", beanstandet er.

Kofi Agbogah, der stellvertretende Direktor des 'Coastal Ressources Center' in Takoradi-Sekondi, drängt dazu, die Einheimischen stärker für den Umweltschutz zu sensibilisieren. "Sie verstehen die Probleme und wissen, dass etwas geschehen muss." (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2012