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FRAGEN/029: Der mühsame Weg, die Nachfrage nach Nashorn-Horn zu verringern (WWF Magazin)


WWF Magazin, Ausgabe 2/2022
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

Interview

"Verhalten zu ändern, braucht Zeit"

Trinh Nguyen, Länderdirektorin von TRAFFIC Vietnam, über den mühsamen Weg, die Nachfrage nach Nashorn-Horn zu verringern.

von Katharina Hennemuth, WWF


Wie kommt das Horn von Nashörnern von Afrika nach Asien?

Es gibt grenzüberschreitende organisierte kriminelle Netzwerke im Wildartenhandel, die im großen Stil agieren. Seit 2010 war Vietnam in mehr als 700 Beschlagnahmungen von mindestens 2,7 Tonnen Nashorn-Horn verwickelt. Im Juli 2021 konfiszierten die Behörden im Hafen von Da Nang beispielsweise sage und schreibe 138 Kilogramm Nashorn-Horn, die fast 50 Nashörnern gehörten.

Warum ist die Nachfrage nach Nashorn-Horn so hoch? Wofür wird es verwendet?

Anhänger der traditionellen Medizin in Vietnam glauben, dass Nashorn-Horn eine medizinische Wirkung hat bis hin zur Heilung von schweren Krankheiten wie Krebs. Es wird aber auch als Statussymbol gesehen und von der mittleren bis oberen Einkommensschicht als Luxusgeschenk verwendet.

Aber der Verkauf und Kauf von Nashorn-Horn ist in Vietnam illegal und kann mit Gefängnis bestraft werden. Warum schreckt das Käufer:innen nicht ab?

Eigentlich hat Vietnam als eines von wenigen asiatischen Ländern strenge Gesetze gegen Wilderei und illegalen Artenhandel. Doch aktuelle Studien zeigen, dass hierzulande leider nur wenige Beschlagnahmungen tatsächlich zu Verhaftungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen geführt haben. Und wir müssen auch anerkennen, dass eine Verhaltensänderung bei Konsument:innen Zeit braucht. Insbesondere bei Menschen, die an medizinische Eigenschaften des Horns glauben.

Was tun TRAFFIC Vietnam und WWF Deutschland, um die Nachfrage nach den Hörnern in Vietnam zu reduzieren?

Die Verbrauchernachfrage zu senken, ist ein wesentliches Ziel. Wenn es keinen Markt für Nashorn-Horn mehr gibt, fehlt Wilderem auch der finanzielle Anreiz, die Tiere zu töten. TRAFFIC Vietnam und der WWF Deutschland arbeiten dazu seit fünf Jahren zusammen. Wir tun dies, indem wir gründliche Marktanalysen betreiben und die Beweggründe für den Konsum untersuchen. Damit wollen wir herausfinden, wie wir das Kaufverhalten am besten beeinflussen können. Zum Beispiel, von wem die Konsument:innen am ehesten bereit sind, Ratschläge anzunehmen, und welche Botschaften für sie am wirkungsvollsten sind. Daraus entwerfen wir Kampagnen zur Verhaltensänderung. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der Regierung und der Wirtschaft zusammen, um die Durchsetzung von Gesetzen zu verbessern und das illegale Angebot zu reduzieren, zum Beispiel auf Online-Plattformen. Der WWF Deutschland ist unser wichtigster Partner für diese Arbeit.

Welche Erfolge gab es in den vergangenen Jahren?

Unter anderem konnten wir mehr als 500 Politiker:innen, 20000 Geschäftsleute und mehr als 10000 Studierende und Lehrkräfte der traditionellen Medizin mit maßgeschneiderter Kommunikation erreichen. Eine Befragung danach unter einem Teil der Studierenden zeigte, dass 85 Prozent von ihnen in Zukunft keine Produkte aus gefährdeten Wildtieren mehr empfehlen werden.

Warum ist dieses Thema für Sie so wichtig?

Ich möchte, dass die Artenvielfalt des Planeten erhalten bleibt und dass die Menschheit vor unvorhersehbaren Umweltproblemen sicher ist. Die Schäden, die der Mensch in verschiedenen Ökosystemen verursacht, sind äußerst gefährlich. Ich bin sehr glücklich, zu einem Team zu gehören, das hart daran arbeitet, unsere Welt zum Besseren zu verändern.


TRAFFIC ist ein globales Netzwerk, das zum Handel mit wild lebenden Tier- und Pflanzenarten und deren Produkten arbeitet. Gegründet wurde es 1976 von der Weltnaturschutzunion IUCN und dem WWF.


Anmerkung der SB-Redaktion:
zum Thema siehe auch im Schattenblick:
"Wehrlos", von Katharina Hennemuth
www.schattenblick.de → Infopool → Umwelt → Internationales →
ARTENSCHUTZ/286: Wehrlos - Nashörner gehören zu den schutzbedürftigsten Tieren auf unserem Planeten (WWF Magazin)
www.schattenblick.de/infopool/umwelt/internat/uiaz0286.html

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Quelle:
WWF Magazin 2/2022, Seite 12
Herausgeber:
WWF Deutschland
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Internet: www.wwf.de
 
Die Zeitschrift für Förderinnen und Förderer
des WWF Deutschland erscheint vierteljährlich

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 21. Mai 2022

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