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ENERGIE/054: Nicaragua - Komplette Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2026 geplant (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. April 2013

Nicaragua: Mit erneuerbaren Energien auf der Zielgeraden - Komplette Umstellung bis 2026 geplant

von José Adán Silva


Bild: © Oscar Navarrete - Mit der freundlichen Genehmigung von 'La Prensa'

Solarkraftanlage 'La Trinidad' im Departement Carazo
Bild: © Oscar Navarrete - Mit der freundlichen Genehmigung von 'La Prensa'

Managua, 4. April (IPS) - Erneuerbare Energien sind in Nicaragua auf Expansionskurs. Bis 2026 will das Land seinen Strom zu 100 Prozent aus nachhaltigen Quellen beziehen. Schon jetzt liegt Nicaragua in Lateinamerika in punkto regenerative Energien auf Platz zwei hinter Brasilien.

Für seine Energieerzeugung wird Nicaragua damit immer unabhängiger von fossilen Energieträgern. Dazu beigetragen haben vor allem politische Maßnahmen. Gelder kommen von internationalen Organisationen und unter anderem auch aus Deutschland.

Im Jahr 2005 wurden 90 Prozent der Energie fossil erzeugt. Bis 2012 stieg der Anteil der Erneuerbaren am nicaraguanischen Energiemix bereits auf 41 Prozent. Damit konnte das Land 228 Millionen US-Dollar für die Einfuhr von Rohöl einsparen. Im laufenden Jahr soll der Anteil auf 50 Prozent und bis 2017 auf 97 Prozent gesteigert werden. 2026 soll dann die gesamte Energie, die das Land verbraucht, mit regenerativen Energien bestritten werden.

Ende Februar dieses Jahres weihte das Energieministerium die größte Solarkraftanlage des Landes und ganz Zentralamerikas ein. Sie soll 1.100 Haushalte und kleine Betriebe in der Gemeinde Diriamba mit Strom versorgen, die im Departement Carazo liegt, 55 Kilometer südlich der Hauptstadt Managua und nahe der Pazifik-Küste.

Japan hat das Projekt, das eine Kapazität von 1,38 Megawatt erreichen soll, mit 11,4 Millionen US-Dollar bezuschusst. 500.000 Dollar steuert die nicaraguanische Regierung bei. Insgesamt werden den Angaben zufolge 5.880 Solarpanelen installiert. Laut Energieminister Emilio Rappaccioli wird das Solarkraftwerk das Land befähigen, pro Jahr 1.100 Tonnen Kohlendioxidemissionen einzusparen.


"Klimawandel stoppen"

"Nicaragua will dazu beitragen, dass der Klimawandel gestoppt wird", sagte Rappaccioli und nannte vor allem Wasserkraft, Geothermie, Windkraft und Biomasse als die neuen Hoffnungsträger.

Das erste Biomasseabkommen ist bereits vorhanden: Zwölf Kommunalverwaltungen der größten Städte des Landes unterzeichneten im Februar einen Vertrag mit der spanischen Firma 'Biomasa Investment Nicaragua' (Binicsa), um Müllhalden in Biomassekraftwerke zu verwandeln. Das Unternehmen will in den kommenden zwei Jahren 150 Millionen US-Dollar in entsprechende Projekte investieren.

Den Machbarkeitsstudien zufolge könnte die Leistung der zwölf Mülldeponien, um die es geht, bei einer elektrischen Leistung von jeweils rund zwei Megawatt liegen. Die Deponien in Masaya und Managua haben dagegen ein Potenzial von vier respektive acht bis zehn Megawatt.

Acht Erneuerbare-Energien-Projekte finanziert die deutsche Förderbank KfW. Insgesamt hat sie dafür Kredite in Höhe von 40 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt, berichtete der deutsche Botschafter in Nicaragua, Karl-Otto König, gegenüber IPS.

"Der Sprung beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist nicht einfach nur spektakulär", sagte der Unternehmer César Zamora gegenüber IPS. "Er ist aus strategischen Gründen bedeutsam." Sechs Millionen Menschen leben in Nicaragua, 47 Prozent davon am Rande der Armut. "Wenn man 200 Millionen Dollar pro Jahr an Öl-Importen spart, kann man das Geld nutzen, um soziale Projekte anzustoßen, die lokale Wirtschaft zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu schaffen." Darüber hinaus spare der Staat auch Geld für die Beseitigung von Umweltschäden, die fossile Energien verursachen.


Antwort auf Explosion der Ölpreise

Der Aufschwung der Erneuerbaren ist allerdings nicht allein auf umwelt- oder sozialpolitische Überlegungen zurückzuführen. Als die Ölpreise nach dem Jahrtausendwechsel in die Höhe schnellten, schlitterte Nicaragua in eine Energiekrise hinein, weil es nicht das Kapital hatte, um die hohen Preise zu bezahlen. Im Jahr 2007 entschied die Regierung, den Ausstieg aus der Öl-Abhängigkeit systematisch voranzutreiben.

Im Rahmen des Nationalplans für menschliche Entwicklung sollen von 2012 bis 2017 zwei Milliarden US-Dollar in den Ausbau von Wasser-, Wind- und Solarkraftwerken sowie in Geothermie gesteckt werden. Zusammen sollen die Anlagen eine Kapazität von 546 Megawatt erzielen.

Ein Großteil des Ausbaus der regenerativen Energien verdankt Nicaragua der Interamerikanischen Entwicklungsbank. In den vergangenen fünf Jahren hat die Finanzorganisation dem Land Kredite in Höhe von insgesamt 1,308 Milliarden US-Dollar bereitgestellt. Davon waren 227,7 Millionen für den Ausbau der Energieerzeugung bestimmt.

So konnten seit vergangenem Jahr 128.390 Bewohner der Pazifik- und Karibikregionen an das Stromnetz angeschlossen werden. In diesem Jahr sollen 164.000 Menschen dazukommen. (Ende/IPS/jt/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2013