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ARTENSCHUTZ/096: Brasilien - Vor dem Aussterben sichern, Wildtiere sollen geklont werden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. November 2012

Brasilien: Vor dem Aussterben sichern - Wildtiere sollen geklont werden

von Alice Marcondes


Der Jaguar ist eines von acht Wildtieren, die brasilianische Wissenschaftler klonen wollen - Bild: © Zoo von Brasilia

Der Jaguar ist eines von acht Wildtieren, die brasilianische Wissenschaftler klonen wollen
Bild: © Zoo von Brasilia

Rio de Janeiro, 8. November (IPS) - Brasilianische Wissenschaftler wollen Wildtiere klonen, um sie vor dem Aussterben zu schützen. Die Tiere sollen allerdings nicht in die freie Wildbahn entlassen, sondern lediglich im Zoo untergebracht werden. Insgesamt haben sich die Forscher acht Arten vorgenommen, darunter den Jaguar und den Mähnenwolf.

An dem Projekt sind der Zoologische Garten von Brasilia und das landwirtschaftliche Forschungsinstitut 'Embrapa' beteiligt. Die Forscher sind bereits in der zweiten Projektphase. Während der ersten sammelten sie Genmaterial in Form von Blut, Sperma, Zellmaterial und Teilen der Nabelschnur als Basis für ihr Vorhaben.

Neben dem Jaguar und dem Mähnenwolf sollen das Rotsteißlöwenäffchen, der Waldhund, der Nasenbär, der Ameisenbär, der Sprießhirsch und der Amerikanische Bison geklont werden. Die Mehrheit der Tiere steht auf der Roten Liste der bedrohten Arten, die das staatliche Institut Chico Mendes für die Erhaltung der Artenvielfalt regelmäßig veröffentlicht.

"Wir haben bereits 420 Genproben gesichert, sammeln aber immer weiter", sagt Carlos Frederico Martins gegenüber IPS, der am staatlichen Institut Embrapa forscht. Die Proben aus den vergangenen zwei Jahren seien in einer Gendatenbank hinterlegt.


Keine politische Einigung auf Gen-Gesetz

Embrapa hat vor mehr als zehn Jahren den ersten brasilianischen Klon gezüchtet. Das Kalb kam 2001 zur Welt und lebte zehn Jahre. Anschließend widmete sich Embrapa dem Klonen von Bisons und Pferden. Rund 100 Klontiere leben zurzeit auf brasilianischem Territorium. Doch da sich die Politik bisher auf keine Regeln für diesen Forschungszweig einigen konnte, kann bisher jedes Institut so viele Tiere klonen wie es will. Wie viele Lebewesen also tatsächlich aus dem Genmaterial anderer entstanden sind, ist unklar. Seit 2007 diskutieren die Abgeordneten im brasilianischen Senat immer wieder über ein entsprechendes Gesetz, ohne eine Einigung zu erzielen.

Zum ersten Mal wird in dem südamerikanischen Land versucht, Wildtiere zu klonen. Doch dem Embrapa-Forscher Martins zufolge arbeiten die USA und Südkorea an ähnlichen Projekten. Wann das erste Tier das Licht der Welt erblicken wird, ist noch unklar, da den Wissenschaftlern Erfahrungswerte fehlen. Doch Martins geht davon aus, dass der Mähnenwolf der erste sein wird. "Von ihm haben wir viel Genmaterial gesammelt."

Nach der 'Geburt' der Tiere will sie der Zoologische Garten für sich behalten. So müsse man keine Exemplare fangen, um die Gehege neu zu bestücken. Darüber hinaus haben die Klone einer Spezies alle das gleiche Genmaterial. "Ohne eine Variabilität nutzt es wenig, sie in die Natur auszusetzen."

Nur, wenn eine Art tatsächlich akut vom Aussterben bedroht sei, könne darüber nachgedacht werden, sie mit Hilfe der Klone zu retten. "Dann würden wir es versuchen", sagte die Leiterin der Abteilung für Erhalt und Forschung des Zoologischen Gartens von Brasilia, Juciara Pelles.

In der nächsten Etappe geht es nun darum, das Wissen der Embrapa-Forscher den Wissenschaftlern des Zoologischen Gartens zu übermitteln.


Erfolgsrate unter zehn Prozent

Doch wie erfolgversprechend das Unterfangen ist, lässt sich nur schwerlich voraussagen. Bisher liegt die Erfolgsquote zwischen fünf und sieben Prozent. "Das klingt wenig, doch entsprechen wir damit dem weltweiten Durchschnitt", sagte Martins. Durch die aktuellen Forschungen soll die Rate noch erhöht werden.

Der Biologe Onildo Joao Marini Filho vom staatlichen Institut Chico Mendes zeigt Skepsis gegenüber den Plänen. Wildtiere zu klonen bedürfe großer Vorsicht. "Das Vorhaben muss einen eindeutigen Nutzen für den Erhalt der Spezies haben." (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.icmbio.gov.br/portal/
http://www.icmbio.gov.br/portal/quem-somos/o-instituto.html
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101840
http://www.ipsnews.net/2012/11/brazil-embarks-on-cloning-of-wild-animals/

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IPS-Tagesdienst vom 8. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2012