Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

ARTENSCHUTZ/012: Kann Facebook das kleinste Nashorn der Welt retten? (verbundjournal)


verbundjournal - Dezember 2010
Das Magazin des Forschungsverbundes Berlin e.V.

Kann Facebook das kleinste Nashorn der Welt retten?

Von Jan Zwilling


Der Bestand des kleinsten Nashorns der Welt ist in den letzten Jahrzehnten dramatisch geschrumpft. Im malaysischen Bundesstaat Sabah auf Borneo streifen nur noch wenige Dutzend Tiere durch den Flachlandregenwald. "Rhiactnow!" fordert deshalb das "Sabah-Rhino-Project" und kann auf einen ersten Erfolg verweisen. IZW-Reproduktionsexperte Dr. Thomas Hildebrandt und seine Teamkollegen stellten fest, dass das einzige in Menschenhand gehaltene männliche Nashorn fruchtbare Spermien produziert. Es bestand die Befürchtung, dass Pflanzenschutzmittel, die beim Anbau von Ölpalmen eingesetzt werden, die Fruchtbarkeit der Nashornmännchen geschädigt haben könnten. "Wir sind sehr froh, dass die Untersuchung positiv verlaufen ist und wir Spermien einfrieren konnten", sagt Projektbegründerin Dr. Petra Kretzschmar vom IZW. "Damit ist sichergestellt, dass die Nachzucht des Sabah-Nashorns überhaupt eine Chance hat." Um alle Aktivitäten zu bündeln, haben das IZW, der Zoo Leipzig und die malaysische Regierung einen offiziellen Kooperationsvertrag abgeschlossen. So entsendet der Zoo Leipzig Tierpfleger nach Sabah und ist an der Konzeption der Nashorn-Schutzstation beteiligt. Mit Hilfe einer Finanzierung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) werden IZW-Forscher im Januar 2011 den gewonnenen Samen dem einzigen in Menschenhand lebenden Weibchen injizieren, um auch dessen genetisches Material zu sichern.

Für Optimismus soll auch eine multimediale Kampagne sorgen, die das Projektteam gemeinsam mit der international tätigen Berliner Agentur für Marken- und Erlebnisarchitektur "dan pearlman" erarbeitet. Neben einem Logo, das die Projektpartner unter sich vereinigt, entwickelte die Agentur eine Website, die alle wichtigen Informationen bündelt. Das Logo hatte seinen ersten Testauftritt auf der Konferenz der Vereinigung der Europäischen Zootierärzte (EAZWV) im Mai 2010 in Madrid. "Die versammelten Wissenschaftler und Tierärzte zeigten großes Interesse", so Kretzschmar. Sie will das Projekt in der wissenschaftlichen Community weiter vernetzen.

Sehr wichtig ist den Projektgründern aber auch ihre Facebook-Seite. Binnen weniger Monate haben sich über 1.800 Nutzer des Internetportals der Initiative angeschlossen und tauschen sich rege über das Thema Nashornschutz und Biodiversität aus. Besonders froh ist Kretzschmar, dass mehr als die Hälfte der Unterstützer Malaien sind. Sie kommen aus der Region und suchen nach Informationen über den Schatz der Natur, den sie oft kaum kennen. Die Informationen der Facebook-Seite helfen aufzuklären, zu informieren und zu begeistern. "Ansonsten sind wir durch Facebook sehr international aufgestellt, haben Mitglieder aus Indien, Spanien und sogar aus dem Iran", sagt Kretzschmar. Das große Interesse am Sabah-Nashorn soll auch Politiker vor Ort ermutigen, Alternativen der Ölpalmplantagen eine Chance zu geben.

Die große Resonanz im Internet könnte sich für die Finanzierung des Sabah-Nashorn Schutzes positiv auswirken. Ein Souvenir, ein kleines gehäkeltes Nashorn, wird zukünftig über Facebook vermarktet, ebenso wie eine Musik CD mit Lauten der Tiere. In naher Zukunft sollen Merchandisingprodukte in einem Fanshop im Internet und in vielen Zoos zu kaufen sein, eine Regenwald-Aktie und ein internationaler Plakatwettbewerb könnten folgen. Die Entwicklung der Marketingstrategie und der Werbeprodukte erfolgt in enger Kooperation mit verschiedenen Hochschulen, die mit Know-How und Engagement zum Erfolg des Projektes beitragen wollen.

Optimistischen Schätzungen zur Folge gibt es im Flachlandregenwald von Borneo noch 50 Exemplare des vom Aussterben bedrohten Sabah-Nashorns. Vor wenigen Monaten berichtete das Verbundjournal deshalb über ein Rettungsprojekt, das vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) und dem Zoo Leipzig initiiert wurde. Die Reproduktionsexperten des IZW konnten bereits erste Erfolge erzielen, eine breit angelegte Marketingkampagne soll dem Projekt nun einen weiteren Schub geben

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Auf der Facebookseite des Sabah-Rhino-Projects sucht das kleine gehäkelte Nashorn nach Freunden.


*


Quelle:
verbundjournal 84, Dezember 2010, S. 8
Herausgeber: Forschungsverbund Berlin e.V.
Öffentlichkeitsarbeit
Rudower Chaussee 17, 12489 Berlin
Tel.: 030/63 92-33 30, Fax: 030/63 92-33 33
E-Mail: wiemer@fv-berlin.de, vollgraf@fv-berlin.de
Internet: www.fv-berlin.de

"Verbundjournal" erscheint vierteljährlich und ist kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2011