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ASIEN/016: Nepal - Klimawandel schädigt Gletscher und Obstbauern, Anpassungsstrategien gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. Oktober 2010

Nepal:
Klimawandel schädigt Gletscher und Obstbauern - Anpassungsstrategien gefordert

Von Bhuwan Sharma

Der Gletschersee Tso Rolpa in Zentralnepal vergrößert sich - Bild: &copy: Kishor Rimal/IPS

Der Gletschersee Tso Rolpa in Zentralnepal vergrößert sich
Bild: © Kishor Rimal/IPS

Kathmandu, 5. Oktober (IPS) - Dawa Sherpa, der bereits zwei Mal den Mount Everest erklomm, hat in der letzten Zeit keine neuen Aufstiegsversuche mehr unternommen. Der Klima-Botschafter der Umweltorganisation WWF will nicht mit ansehen, wie die steigende Erderwärmung dem Gipfel des mit 8.848 Metern welthöchsten Berges zusetzt.

Bereits vom Basislager in 5.380 Metern Höhe aus sind die verheerenden Folgen des Klimawandels deutlich zu erkennen. "Die Schneedecke im Gebirge geht zurück, und in den Gletschern öffnen sich Spalten", sagte der Nepalese. In den vergangenen zwei Jahren seien außerdem vermehrt Lawinen abgegangen.

Einer von Sherpas Kollegen ist in diesem Jahr durch eine Lawine ums Leben gekommen. Auch andere Himalaja-Experten schlagen Alarm. Appa Sherpa, der seit 1990 schon 20 Mal auf dem Mount Everest war, berichtete von kleinen Wasserpfützen in 8.000 Metern Höhe.

Etwa zehn Prozent des rund 147.000 Quadratkilometer großen Staates Nepal sind von Schnee und Gletschern bedeckt. In letzteren entspringen zehn Prozent aller Flüsse des Landes. Die Klimaveränderungen äußern sich nicht nur in schmelzenden Gletschern und steigenden Schneefallgrenzen. Auch die Landwirtschaft ist davon direkt betroffen.

Wie Jagadish Chandra Barai vom nepalesischen Forstministerium IPS sagte, verlagern sich die Apfelplantagen im Distrikt Mustang nahe der Grenze zu Tibet immer weiter bergauf. "Die Leute dort berichten, dass sie noch vor ein paar Jahren auf rund 2.500 Metern gesunde Äpfel züchten konnten", erklärte der Klimaexperte. Inzwischen werde das Obst sogar in mehr als 2.600 Metern Höhe von Würmern befallen.


'Dorf der Klimaflüchtlinge'

Eine Ortschaft in der Gegend wurde kürzlich zu Nepals erstem 'Dorf der Klimaflüchtlinge' ernannt. Der gesamte Ort Dhe, in dem 150 Menschen leben, soll nun weiter bergabwärts neu aufgebaut werden. An seinem jetzigen Standort trocknen Wasserquellen aus, und die Vegetation ist rapide zurückgegangen. Das Vieh der Dorfbewohner findet daher nicht mehr genug zu fressen.

"Das Dorf Dhe musste während der vergangenen sieben Jahre mit einem akutem Wassermangel fertig werden", berichtete im Juni die englischsprachige Zeitung 'Republica'. Weniger als die Hälfte des Landes habe bewässert werden können, hieß es. Die Nutztierhaltung sei um 40 bis 45 Prozent gesunken.

Dabei trägt Nepal selbst so gut wie nichts zur Erderwärmung bei, da es kaum Treibhausgase produziert. Der kleine Staat liegt aber zwischen China und Indien, die wegen ihrer rasch wachsenden Industrie zu den größten Klimasündern weltweit gehören.

Wie rasch die Umweltschäden fortschreiten, ist indes ungewiss. Der Weltklimarat (IPCC) gab in diesem Jahr zu, einen Fehler gemacht zu haben, als er das Verschwinden der Himalaja-Gletscher auf das Jahr 2035 datierte. An der Tatsache, dass das Eis nach und nach verschwinde, sei allerdings nicht rütteln, erklärten die Experten.

"Wir haben reichhaltige wissenschaftliche Beweise dafür, dass der Klimawandel die Himalaja-Gletscher zurückgehen lässt", sagte Madan Shrestha von der nepalesischen Akademie für Wissenschaft und Technologie.

Der Forscher, der sich seit 1974 mit den Gletschern in dem asiatischen Land befasst, war eigenen Angaben völlig schockiert, als er vor einem Jahr ein Foto des Yala-Gletschers sah, der in 5.100 bis 5.700 Metern Höhe in Zentralnepal liegt. Es sei deutlich zu erkennen, dass die Eismasse geschrumpft sei, warnte er. Auch der Zustand anderer Gletscher sei nicht besser.


Geringe Mittel würden ausreichen

Shrestha betonte zugleich, dass Nepal wegen seiner geringen CO2-Produktion diese Probleme bereits mit bescheidenen Mitteln mildern könne. Experten planten unter anderem hitzebeständige Getreidevarietäten einzuführen und die Dämme so zu sichern, dass das Überschwemmungsrisiko sinke. In Bangladesch werde beispielsweise bereits eine flutresistente Reissorte angebaut.

"Es ist höchste Zeit, dass wir den Klimawandel in unseren Entwicklungsstrategien berücksichtigen", forderte Shrestha. "Das ist bisher noch nicht geschehen."(Ende/IPS/ck/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2010