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ARTENRAUB/216: Der Lebensraum der Indusdelfine schrumpft (WWF)


WWF Pressemitteilung - 14. April 2016

Blinder Delfin in tödlicher Falle

Studie: Indusdelfin bedroht durch Verbauung des Flusses / WWF-Projekt zur Rettung gefangener Delfine


Berlin - Umweltverschmutzung und der Ausbau von Kanalsystemen gefährden das Überleben der letzten 1.300 Flussdelfine im pakistanischen Indus. Das zeigt ein Bericht, der von Mitarbeitern vom WWF und Okapi Wildlife Associates erstellt wurde. Bereits heute wird der Indusdelfin auf der Roten Liste als "stark gefährdet" eingestuft. Sein Lebensraum in Pakistan beträgt nur noch ein Fünftel des ursprünglichen Verbreitungsgebiets.

"Die zunehmende Industrialisierung des Ökosystems am Indus könnte die Indusdelfine ausrotten. Der Ausbau des bereits heute weit verzweigten Kanalsystems ist hierbei die größte Gefahr, da die künstlich angelegten Kanäle oftmals zur tödlichen Falle für die Tiere werden", sagt Dr. Arnulf Köhncke, Artenschutzreferent beim WWF Deutschland. Um das trockene Land zu bewirtschaften werden in Pakistan Bewässerungskanäle gebaut und durch Dämme vom Hauptfluss abgegrenzt. "Die pakistanische Bevölkerung wächst, aber ebenso steigt in Europa und anderen Industrienationen die Nachfrage nach Baumwolle, deren Anbau enorm viel Wasser verbraucht", erklärt Köhncke. In dieses weltweit größte Bewässerungssystem gelangen die Delfine durch die Schleusen, können jedoch oft nicht wieder zurück in den Hauptfluss schwimmen. Sie sind daher abgeschnitten von ihren Artgenossen und sterben spätestens bei der jährlichen Trockenlegung der Kanäle.

Erschwerend kommt hinzu, dass Staudämme im Indus die Delfinbestände in sechs Untergruppen aufgeteilt haben. "Einige Teilpopulationen enthalten weniger als 100 Tiere, zwei sogar höchstens zehn. Wahrscheinlich werden daher nur drei Teilpopulationen langfristig überleben können", so Köhncke.

Durch ein WWF-Projekt werden fortlaufend Indusdelfine in aufwendigen Rettungsaktionen von den Kanälen in den Hauptfluss zurückgebracht. Seit 1997 wurden 143 verirrte Delfine aus den Kanälen gemeldet, 115 von ihnen konnten gerettet werden. Weiterhin überwacht der WWF zudem die Delfinpopulation im Indus und klärt Fischer über die Gefahr von Netzen für Delfine auf.

Ein weiterer Bedrohungsfaktor ist die zunehmende Umweltverschmutzung. Es gibt in Pakistan keine organisierte Müllentsorgung und daher gelangen 90 Prozent des städtischen und industriellen Abfalls in das Flusssystem. Die Mehrheit der Indusdelfine lebt flussabwärts des Zufluss Panjnad, der durch die Industriestadt Punjab extrem verschmutzt ist.

Hintergrund:

Indusdelfine sind meist einzeln oder in kleinen Gruppen von bis zu drei Tieren anzutreffen. Sie können bis zu 110 Kilogramm schwer und 35 Jahre alt werden. Im Gegensatz zu anderen Delfinarten sind die Augen des Indusdelfins kaum entwickelt. Er ist nahezu blind und kann lediglich hell und dunkel wahrnehmen. Seine feine Echolot-Orientierung macht ihn dennoch zu einem agilen Schwimmer. Einst war die heute verbotene Jagd auf Indusdelfine für Fleisch und als vermeintliches Aphrodisiakum die größte Bedrohung.

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Quelle:
WWF Pressemitteilung, 14.04.2016
Herausgeber: WWF Deutschland
Reinhardtstraße 14, 10117 Berlin
Tel.: 030 311 777 - 0, Fax: 030 311 777 - 603
E-Mail: info@wwf.de
Internet: www.wwf.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2016

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