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ARTENRAUB/131: Indonesien - Nur noch 400 Tiger in Sumatra, Öl- und Papierproduktion zerstört Habitate (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Oktober 2013

Indonesien: Nur noch 400 Tiger in Sumatra - Öl- und Papierproduzenten zerstören Habitate

von Thalif Deen


Bild: © Sascha Kohlmann/CC BY-SA 2.0

Tiger in Sumatra
Bild: © Sascha Kohlmann/CC BY-SA 2.0

New York, 30. Oktober (IPS) - Die Tigerpopulation im Regenwald von Sumatra schrumpft in einem rasenden Tempo. Laut der Umweltorganisation 'Greenpeace International' gibt es in dem südostasiatischen Land nur noch etwa 400 Exemplare der bedrohten Art. Verantwortlich dafür ist vor allem die Ausweitung der Ölpalm- und Papierholzplantagen. Nach Angaben der Regierung wurden auf diese Weise zwischen 2009 und 2011 fast zwei Drittel der Tiger-Habitate vernichtet.

Greenpeace zufolge wird der Regenwald, den die Raubkatzen als Jagdgrund brauchen, immer weiter fragmentiert. "Zudem kommen die Tiger häufiger in Kontakt mit Menschen", geht aus einem Bericht vom 23. Oktober hervor. Die Folge ist, dass mehr Tiere wegen ihrer Felle und anderer in der traditionellen Medizin begehrter Körperteile gejagt und getötet werden.

Am Rückgang der Tigerbestände in Sumatra lässt sich im Grunde ablesen, wie viel Regenwald, Artenvielfalt und Klimastabilität verloren gehen, heißt es in der Studie 'Licence to Kill'. Durch die großen Brände in der Provinz Riau in Sumatra in diesem Sommer wurden zudem Tausende Hektar Urwald vernichtet, auch Torfwälder, die das letzte Rückzugsgebiet der Tiger in der Provinz bilden. Die Feuer setzten zudem eine Rekordmenge an Treibhausgasen und anderen Schadstoffen frei, deren Wolke sogar Thailand erreichte.


Tigerschutzprogramme fehlen

Schätzungen zur Zahl der getöteten Tiger liegen bisher nicht vor. Allein in den vergangenen zehn Jahren könnten es aber Tausende gewesen sein. Bustar Maitar, Leiter der Greenpeace-Forstkampagne in Indonesien, vermisst Schutzprogramme für die indonesischen Tiger und deren Lebensraum, auch von Seiten der Vereinten Nationen. "Ich weiß nur von einem mit einer Million US-Dollar bestückten Fonds der norwegischen Regierung für die UN-Initiative REDD", sagt er. Schwerpunkte der UN-Arbeit in Indonesien seien Demokratie und eine allgemeine nachhaltige Entwicklung, so Maitar. Der Schutz der bedrohten Tiger stehe weniger im Vordergrund.

REDD sieht Kompensationszahlungen für überprüfbare CO2-Emissionsreduzierungen durch Waldschutzmaßnahmen, nachhaltige Waldbewirtschaftungsformen und die Verbesserung der Wirtschaftslage von Waldbewohnern vor. Hinter der Initiative steckt die Idee, den Schutz und die Aufforstung von Wäldern als CO2-Senken finanziell attraktiv zu machen. REDD war formell 2007 während der Klimagespräche auf Bali in Indonesien beschlossen worden. Danach soll der Schutz der Wälder mit CO2-Gutschriften belohnt werden, die Industrieunternehmen kaufen können, die ihre CO2-Bilanz verbessern wollen. Später wurde das Konzept um die Aufnahme der Landwirtschaft erweitert (REDD+).

Derzeit werden etwa 85 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase durch eine veränderte Landnutzung freigesetzt, etwa durch die Vernichtung von Wäldern für Agrarflächen und Großplantagen. Durch die illegale Palmproduktion wurden selbst die Habitate der Sumatra-Tiger in geschützten Gebieten wie dem weltbekannten Tesso-Nilo-Nationalpark weitgehend zerstört. Greenpeace zufolge räumen sogar Regierungsbeamte ein, dass der Schutz solcher Gebiete nur auf dem Papier existiert.

Die Studie legt außerdem dar, dass das Waldhabitat von Tigern innerhalb der genehmigten Plantagengebiete überhaupt nicht geschützt ist. Eine Million Hektar Wald - zehn Prozent des übrig gebliebenen Waldhabitats der Tiger - laufen Erhebungen von 2011 zufolge Gefahr, in Papierholz- oder Palmenplantagen umgewandelt zu werden. Zwischen 2009 und 2011 sorgten die Lieferanten von Papierholz dafür, dass ein Sechstel des Habitats der Tiger in Wäldern verschwand. Im gleichen Zeitraum vernichteten die Palmölproduzenten in ihren Konzessionsgebieten ein Viertel des verbleibenden Tiger-Habitats.

"Diese Entwicklungen zeigen, wie eine unregulierte und verantwortungslose Expansion, vor allem der Ölpalmen- und Papierholzplantagen, alle Bemühungen der indonesischen Regierung, die Entwaldung zu stoppen und die Tiger und andere gefährdete Arten zu schützen, unterlaufen werden", heißt es in der Studie.


'Schmutzige' Palmölgeschäfte

Greenpeace zufolge stecken Weltkonzerne wie 'Colgate Palmolive', 'Mondelez International' (ehemals 'Kraft'), 'Nestlé Oil', 'Procter & Gamble', 'Reckitt Benckiser' mit dem in Singapur ansässigen Unternehmen 'Wilmar International Ltd.' unter einer Decke, das als Lieferant von 'schmutzigem' Palmöl bekannt ist. Wilmar ist der weltgrößte Produzent von Palmölprodukten und beherrscht etwa ein Drittel des Marktes. Sein Vertriebsnetz erstreckt sich über mehr als 50 Länder.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte in einer Botschaft zum Internationalen Tag des Waldes im März die soziale, wirtschaftliche und ökologische Bedeutung der Wälder betont. Drei Viertel des Süßwassers komme aus Waldgebieten, die mit ihren Bäumen Hänge stabilisierten und Erdrutsche verhinderten, sagte Ban. Mangroven schützten die Küstenbewohner gegen Tsunami-Wellen und Stürme. Mehr als drei Milliarden Menschen nutzten Holz als Energieträger, während die Existenz von rund zwei Milliarden Menschen von Wäldern abhänge und 750 Millionen Menschen in ihnen lebten.

"Wir müssen unsere Bemühungen zum Schutz der Wälder verstärken und sie auch in die Entwicklungsagenda für die Zeit ab 2015 integrieren", sagte Ban. "Ich fordere Regierungen, Unternehmen und alle Teile der Gesellschaft dringend dazu auf, sich dazu zu verpflichten, die Entwaldung zu reduzieren." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.greenpeace.org/international/en/publications/Licence-to-kill/
http://www.un-redd.org/
http://www.ipsnews.net/2013/10/plantations-winnow-tigers-down-to-the-hundreds/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. Oktober 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2013