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ARTENRAUB/110: Indien - Ungebremste Jagd auf Nashörner, Hunde und Drohnen sollen Wilderer aufspüren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. April 2013

Indien: Ungebremste Jagd auf Nashörner - Hunde und Drohnen sollen Wilderer aufspüren

von Ranjita Biswas


Bild: © Ranjita Biswas/IPS

Panzernashorn im Kaziranga-Nationalpark in Assam
Bild: © Ranjita Biswas/IPS

Guwahati, Indien, 23. April (IPS) - Für die Panzernashörner im nordostindischen Bundesstaat Assam hat das Jahr 2013 katastrophal begonnen. Anfang April berichteten Wildhüter im Kaziranga-Nationalpark, dass 17 der vom Aussterben bedrohten Tiere von Wilddieben getötet worden sind. Der Nationalpark gilt bisher als einer der letzten Schutzräume für die Spezies in Südasien.

Die Panzernashörner, auch Indische Nashörner genannt, sind auch noch in anderen Naturschutzgebieten von Assam zu finden: vor allem im Manas-Nationalpark am Fuß des Himalaja nahe der Grenze zu Bhutan, im 'Pobitora Wildlife Sanctuary' unweit von Assams Hauptstadt Guwahati und im Orang-Nationalpark am nördlichen Ufer des Brahmaputra, einem der größten Flüsse in Asien.

Die meisten der 'Einhörner' finden sich jedoch im Kaziranga-Nationalpark. Hier werden auch die meisten von ihnen getötet. Der Park mit seinen Tigern, seinen artenreichen Landschaften wie Sumpf- und Grasgebieten und tropischem Regenwald wurde 1985 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt.

Als die britische Kolonialmacht Kaziranga 1916 zum Wildschutzgebiet erklärte, hatten dort nur etwa 20 Panzernashörner überlebt. Die weiträumige Zerstörung ihres Habitats in der Indus-Ganges-Ebene und überhand nehmende Jagdaktivtäten hatten die Tiere nahezu ausgerottet. Die wenigen übriggebliebenen Exemplare konzentrierten sich auf kleine Gebiete im Nordosten.

In einer relativ ruhigen Zeit zwischen 1983 und 1989 wurden insgesamt 235 Indische Nashörner erlegt. Von da an berichteten Beamte nur noch über sporadische Wilderei. Große Anstrengungen von Tierschützern haben dazu geführt, dass die Zahl der Spezies wieder auf 2.329 gestiegen ist, wie die kürzlich abgeschlossene Zählung der wild lebenden Tiere belegt. Auch sei seit letztem Jahr die Population um weitere 39 Stück gestiegen, berichtet Sanjib Kumar Bora, Waldhüter in Kaziranga.


Tierkadaver über den Kaziranga-Park verteilt

Dennoch scheint die Wilderei nun wieder um sich zu greifen. Überall im Park wurden Tierkadaver gefunden.

Nashörner heißen auf Griechisch 'Rhinozeros', was 'hornnasig' bedeutet. Gerade die keratinhaltigen Hörner machen die Tiere zur attraktiven Beute. Für ein 750 Gramm schweres Horn lassen sich nach Berichten aus dem vergangenen Jahr bis zu 111.000 US-Dollar erzielen.

Der exorbitant hohe Preis wird mit der angeblich aphrodisierenden Wirkung begründet, die die chinesische Medizin pulverisierten Hörnern zuschreibt. Der Legende nach sollen sich die Kaiser auf diese Weise für ihren Harem gestärkt haben. Die moderne Medizin hält das für einen Mythos und bescheinigt den Hörnern allenfalls eine Heilkraft bei lebensbedrohlichem Fieber und Krämpfen.

Zahlreichen internationalen Kampagnen ist es nicht gelungen, die Jagd auf die Panzernashörner zu unterbinden. Oft kommen die Wildhüter zu spät. "Manchmal finden wir ein Nashorn, das noch atmet und dessen Horn abgeschnitten worden ist. Einmal fanden wir ein totes Muttertier, dessen Junges hilflos neben dem Kadaver stand." Nashörner sind Gewohnheitstiere, die ihren Kot immer an derselben Stelle ablegen. Das macht sie zur leichten Beute.


Hörner gegen Waffen

Wie Suresh Chand, der oberste Waldhüter in Assam, berichtet, werden die Hörner nicht nur verkauft, sondern auch gegen Waffen und Munition für Rebellen in Separatistengebieten eingetauscht.

Die Wildhüter des 860 Quadratkilometer großen Kaziranga-Parks reichen nicht aus, um den Wilddieben das Handwerk zu legen. "Uns geht das Personal aus", sagt D. Mathur, der in Assam für den Waldschutz zuständig ist. Da dem Park weitere zwei Schutzgebiete angegliedert werden sollen, befürchtet er künftig noch größere Probleme bei der Überwachung.

Derzeit stehen etwa 700 Wildhüter bereit, doch laut Bora reichen sie nicht aus, um das große Gebiet unter Kontrolle zu halten. Und Wilderer haben längst Schlupflöcher gefunden. Wie Bora berichtet, machen Einheimische, die die Tiere ausspähen, gemeinsame Sache mit Jägern aus dem benachbarten Bundesstaat Nagaland. Diese Leute seien professionelle Schützen, die drei Tage in dem Park zubringen, um ihre Beute frühmorgens oder in der Dämmerung zu erlegen. Oft benutzen sie Gewehre mit Schalldämpfern, um nicht entdeckt zu werden.

Doch die Entwicklung hat die Zentralregierung aufgeschreckt. Sie hat eigens ein Bataillon aus 535 Mann zum Schutz der Panzernashörner in dem Park abgestellt. Unterstützt werden die Wildhüter von Mitgliedern der paramilitärischen Miliz der 'Home Guards', die mit AK-47-Sturmgewehren ausgerüstet sind. Bora zufolge werden zudem erstmals Hunde und Beobachtungsdrohnen einsetzt, um die Wilderer aufzuspüren. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.indiaenvironmentportal.org.in/news/rhino-census-kaziranga-national-park
http://wwf.panda.org/?207493/rhino-poaching-crisis-spreads-to-india
http://www.ipsnews.net/2013/04/poachers-close-in-on-last-rhino-retreat/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 23. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2013