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ARTENRAUB/082: Pakistan - Schuppentiere von Ausrottung bedroht, illegaler Handel blüht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Oktober 2012

Pakistan: Schuppentiere von Ausrottung bedroht - Illegaler Handel blüht

von Zofeen Ebrahim



Karachi, 11. Oktober (IPS) - In Pakistan sind die Schuppentiere vom Aussterben bedroht. Tierschützern zufolge ist das Schicksal der Spezies ein Paradebeispiel dafür, wie der Artenreichtum des Landes wirtschaftlichen Interessen geopfert wird.

Tariq Mahmood von der Universität für aride Landwirtschaft in Rawalpindi geht davon aus, dass das Schuppentier oder 'Pangolin' innerhalb der kommenden Jahrzehnte aussterben wird, sollte der illegale Handel mit der Art nicht unterbunden werden. Vor allem Schuppen und Fleisch sind auf dem Markt begehrt.

Zwischen Dezember 2011 und März dieses Jahres hat Mahmoods Forscherteam allein im Distrikt Potohar in der Provinz Punjab 50 Pangolin-Kadaver gefunden. Der internationale Handel mit asiatischen Schuppentieren ist nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) verboten.

Doch der Verkauf der Schuppentiere ist ein lukratives Geschäft. So verdienen Wilddiebe, die die Märkte in China und Südostasien beliefern, an jedem einzelnen Tier 125 US-Dollar. Besonders gefragt sind die Pangoline im Reich der Mitte, wo das Fleisch als Delikatesse gilt. Die Hornschuppen hingegen finden mit dem Blut und anderen Körperteilen in der traditionellen Medizin Verwendung.

"Den Menschen ist nicht klar, dass Pangoline Nutzpflanzen vor Insekten schützen", sagt Ejaz Ahmad von der Umweltorganisation WWF-Pakistan. "Dank ihres stark entwickelten Geruchssinns können sie Termiten und Ameisen aus mehreren Hundert Metern Entfernung orten."


Natürliche Insektenfresser ersetzen Pestizide

Auch Rishja Cota-Larson vom 'Project Pangolin' (PP) verweist auf die Bedeutung der Spezies als natürliche Abwehr von Schädlingsplagen. "Ein Schuppentier kann schätzungsweise 70 Millionen Insekten im Jahr vertilgen. Sollten die Säugetiere verschwinden, müssten mehr gesundheits- und umweltschädliche Pestizide eingesetzt werden", gibt sie zu bedenken.

Wie die Aktivistin weiter erklärt, sterben viele der Tiere in Pakistan wegen ihrer Schuppen. In Indien und Nepal würden sie ebenfalls regelmäßig gefangen, ebenso in den afrikanischen Ländern Kenia, Mosambik, Simbabwe und Uganda. Nach Erkenntnissen von PP hat die ungebremste Nachfrage dazu geführt, dass 2011 weltweit etwa 50.000 Schuppentiere getötet wurden.

"In Pakistan kaufen auch Fünf-Sterne-Hotels die Pangoline für jeweils 105 Dollar, um sie in ihren chinesischen Restaurants zu servieren", berichtet Mahmood. Im vergangenen Jahr seien Flugblätter aus Hubschraubern über ländlichen Gebieten abgeworfen worden. Darauf hätten die Kontaktdaten von Mittelsmännern für den Kauf der nachtaktiven Tiere gestanden.

Pangoline sind aber nicht die einzige bedrohte Tierart in Pakistan. Insgesamt gelten in dem Land rund hundert Spezies als gefährdet. Experten warnen zudem vor den Folgen der massiven Abholzung der Pinienwälder in Gebieten wie Swat und Khyber Pakhtunkhwa. Sie befürchten, dass die Biodiversität bereits irreparabel geschädigt wurde.

Der Gangesgavial, eine Krokodilart, kam in Pakistan bis zu den späten siebziger Jahren vor und ist inzwischen verschwunden, wie der Umweltexperte Munaf Qaimkhani erklärt. "Diese Erkenntnis sollte uns antreiben, Maßnahmen zu ergreifen, um die bedrohten Spezies zu retten."

Auch die Tage des blinden Delfins im Indus-Fluss sind gezählt. Der Bau von Staudämmen hat sein Habitat zerstört. Er lebt inzwischen in zunehmend giftigen Gewässern, in denen er kaum noch Fisch findet. Viele Exemplare werden in Netzen gefangen.

WWF-Pakistan hatte bereits 2006 die Delfinpopulation im Indus auf nur noch 1.200 Exemplare geschätzt. "Jedes Jahr verirren sich fast zwei Dutzend Delfine in Bewässerungskanälen", so Nasir Panhwar, Exekutivdirektor des unabhängigen Zentrums für Umwelt und Entwicklung in Hyderabad in der Provinz Sindh.


Auch Leoparden, Raubvögel und Moschusochsen vom Aussterben bedroht

Als äußerst gefährdet stuft Qaimkhani außerdem den Schneeleoparden, den Weißrückengeier, Falken, die Kragentrappe, den Chiltan-Markhor, das Marco-Polo-Schaf, das Felsgleithörnchen und den Moschusochsen ein. Umweltschützer werfen der pakistanischen Regierung vor, nicht nur zu oft beide Augen zuzudrücken, sondern sich aus politischen Gründen sogar am Raubbau an der einheimischen Artenvielfalt zu beteiligen.

Der Zollbeamte Raja Zahoor berichtet, dass viele Ausländer Sondergenehmigungen besäßen, um Vögel und andere Tiere fangen zu können. Die Regierung erteile diese Genehmigungen, um sich gute Beziehungen zu einflussreichen Staaten im Mittleren Osten zu sichern. "Seltene Falkenarten und die Kragentrappe werden mit dubiosen Dokumenten in arabische Staaten ausgeführt."

Arabische Falkner, die der international geschützten Kragentrappe nachstellen, haben Sondergenehmigungen vom Außenministerium Pakistans erhalten. "Oft bringen sie ihre eigenen Falken mit und reisen mit Exemplaren der gefährdeten pakistanischen Art wieder ab. Dazu zeigen sie spezielle Wiederausfuhrgenehmigungen vor", sagt der Zöllner. "Die Falken einzutauschen, ist hier nicht schwierig."

Zahoor zufolge sind ihm und seinen Kollegen die Hände gebunden, obwohl diese Praxis illegal ist. "Zollbeamte, die verhindern wollten, dass einheimische Vögel aus dem Land geschmuggelt wurden, haben Ärger bekommen", erzählt er. Außerdem gebe es keine Orte, an denen beschlagnahmte Tiere, die oftmals in Gefangenschaft verendeten, bis zum Ausgang eines Gerichtsverfahrens gehalten werden könnten. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.cites.org/
http://www.wwfpak.org/
http://pangolins.org/
http://www.ipsnews.net/2012/10/pangolin-trade-betrays-apathy-for-biodiversity/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2012