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ABFALL/037: EU-Abwrack-Neureglung für Schiffe in Übersee - Vorschriften leicht zu umgehen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Juli 2013

Umwelt: EU-Abwrack-Neureglung für Schiffe in Übersee - Vorschriften leicht zu umgehen

von Ida Karlsson



Brüssel, 18. Juli (IPS) - In Südasien werden jedes Jahr Hunderte europäischer Schiffe unter umweltschädlichen Bedingungen abgewrackt. Ein Ausschuss des EU-Parlaments hat nun eine Neuregelung gebilligt, die sich des Problems annehmen soll. Die Änderungen werden wahrscheinlich Anfang 2014 in Kraft treten. Kritiker halten die Reform für weitgehend wirkungslos.

Der Umweltausschuss des Parlaments in Brüssel hat kürzlich mehrheitlich für einen Vorschlag gestimmt, der dem Abwracken von Schiffen aus Europa in Entwicklungsländern einen Riegel vorschieben will. "Damit tragen wir zu einer weitaus sichereren Entsorgung der Schiffe bei", meint Carl Schlyter, der für die schwedischen Grünen im Europaparlament sitzt.

"Etwa 90 Prozent all dieser Schiffe werden illegal vernichtet. Die Basler Konvention hat es versäumt, etwas dagegen zu tun", sagt Schlyter, der die Einigung mit dem Europarat ausgehandelt und den Gesetzgebungsprozess begleitet hatte.

Schiffe, die in EU-Staaten registriert sind, können gemäß der Vorlage künftig nur noch in Abwrackhöfen recycelt werden, die mit Billigung Brüssels arbeiten und regelmäßig kontrolliert werden. Sicherheit und Umweltverträglichkeit müssen dort garantiert sein. Sollten Nichtregierungsorganisationen von Unregelmäßigkeiten berichten, wäre die EU-Kommission zum Handeln verpflichtet.

Schiffe aus EU-Ländern und aus anderen Teilen der Welt müssten demnach künftig eine Inventarliste mit umweltgefährlichen Materialien an Bord haben, wenn sie in einen europäischen Hafen einlaufen wollen.

Patrizia Heidegger von der Umweltallianz 'Shipbreaking Platform' zeigte sich mit dem Ergebnis nicht zufrieden. "Die europäischen Reedereien werden ihre Schiffe aus Kostengründen auch weiterhin an den Stränden Südasiens verschrotten lassen. Das ist zwar eigentlich verboten, aber die neuen Regeln werden an dieser Situation nicht viel ändern", meint sie.


Vorschriften leicht zu umgehen

Heidegger zufolge können Schiffseigentümer die Vorschriften leicht umgehen. Das Bündnis will erreichen, dass die Neuregelung nicht nur für EU-Schiffe, die in europäischen Häfen anlegen, verbindlich ist.

"Im vergangenen Jahr wurde täglich ein europäisches Schiff zur Verschrottung nach Südasien geschickt. Es muss sichergestellt werden, dass der zum Teil hochgiftige Schrott aufgespürt und sachgemäß entsorgt wird. Wir sind skeptisch, ob die Kontrollen wirklich funktionieren." Nach Ansicht der Expertin verstößt die Neuregelung zudem gegen die Basler Konvention, einem internationalen Umweltschutzabkommen, das von der EU ratifiziert wurde.

Schlyter empfiehlt die Einrichtung eines EU-Fonds, der die sichere Wiederaufbereitung von Schiffen subventionieren soll. Bestückt werden soll der Fonds mit Gebühren, die Schiffe in EU-Häfen entrichten müssten. Das Europa-Parlament hat diesen Teil des Vorstoßes jedoch abgelehnt.

Heidegger befürchtet jedoch, dass die Neuerungen ohne den Fonds und die daraus erwachsenen Verpflichtungen für Reeder keine Wirkung zeigen werden. "Der Fonds wurde von allen Fraktionen unterstützt, ist aber an der intensiven Lobby-Arbeit der Reeder und EU-Häfen gegen das Projekt gescheitert", erklärte Schlyter. Den Einwand der Hafenbehörden, dass eine solche Vereinbarung die Gebühren verdoppeln würde, wies er als unhaltbar zurück.

Gäbe es einen solchen Fonds, würde es sich für die Reeder nicht mehr lohnen, ihre Schiffe auszuflaggen. Sollte sich die nun beschlossene Neuregelung als unzureichend erweisen, könnte der Umweltausschuss später nachbessern und die Einrichtung eines Fonds vorschlagen.


Griechenland und Deutschland lassen die meisten Schiffe verschrotten

Laut der 'Shipbreaking Platform' haben europäische Reeder im vergangenen Jahr 365 Schiffe an südasiatische Strände schleppen lassen. Führend unter den europäischen Staaten war Griechenland, das sich auf diese Weise 167 Schiffen entledigte, gefolgt von Deutschland mit 48 Schiffen. Reeder aus Großbritannien schickten 30 und norwegische Eigentümer 23 Schiffe zur Verschrottung nach Südasien.

Wie das Bündnis mitteilte, fahren die meisten dieser Schiffe nicht unter der Flagge eines EU-Landes. Sie waren stattdessen in Staaten wie Panama, Liberia oder den St. Kitts und Nevis registriert. In Bangladesch werden die meisten Schiffe verschrottet, gefolgt von Indien und Pakistan. Die ungelernten Arbeiter sind gefährlichen Substanzen wie Schwermetallen und Asbest in der Regel schutzlos ausgesetzt. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.shipbreakingplatform.org/
http://www.ipsnews.net/2013/07/new-eu-rules-fail-against-shipbreaking-dangers/

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IPS-Tagesdienst vom 18. Juli 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2013