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ABFALL/007: Indien - Strom aus Verbrennungsöfen, Großprojekte kontraproduktiv (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2011

Indien:
Strom aus Verbrennungsöfen - Großprojekte kontraproduktiv

Von Keya Acharya


Bangalore, 23. März (IPS) - In Indien haben sich Verbrennungsanlagen, die Müll in Strom umwandeln sollen, vielfach als weiße Elefanten herausgestellt. Anstatt zu einer nachhaltigen Abfallbeseitigung beizutragen, belasten sie die Luft mit giftigen Gasen und verschwenden kostbare Ressourcen.

Schuld hat nach Ansicht von Experten die Subventionspolitik des südasiatischen Landes. "Die Zuschüsse ruinieren das indische Abfallmanagement", weiß Almitra Patel, Ingenieurswissenschaftlerin am Massachusetts-Technologie-Institut in Boston. "Unternehmen missbrauchen die Subventionen für den Bau untauglicher Anlagen."

Dies führt dazu, dass bei der Energieerzeugung aus Müll giftige Gase wie Dixoine und Furane freigesetzt werden. Ein Beispiel ist das Timarpur-Projekt in Neu-Delhi, das im unmittelbaren Umfeld von 500.000 Menschen entstanden ist. Im Februar hatte sich die Asiatische Entwicklungsbank (AsDB) aufgrund zahlreicher Störfälle aus der Finanzierung der Anlage zurückgezogen. Doch der Betreiber, die 'Timarpur Okhla Waste Management Company' beharrt darauf, innerhalb der nächsten zehn Jahre die CO2-Emissionen um 262.791 Tonnen verringern zu können. Deshalb hat das Unternehmen CO2-Gutschriften beantragt.


Keine Mülltrennung

Die Energieerzeugung aus Müll funktioniert nach Ansicht von Ragini Jain in Indien nur auf dem Papier. Der Experte für Festmüll aus Mumbai erklärt auch warum: Indischer Müll ist überwiegend biologisch abbaubar, kompostierbar und nährstoffreich. Doch da der Abfall nicht getrennt wird, landet er zusammen mit biologisch nicht abbaubarem Plastik, Aluminium und ähnlichen Substanzen in den Brennern.

Dabei hatte Indien im Jahr 2000 Richtlinien für den Umgang mit Festmüll erlassen. Demnach sollen die Städte den Müll trennen und entsorgen und die Kompostierung als die beste Form der Müllverwertung nach der Abfalltrennung praktiziert werden.

Die Richtlinien für den Umgang mit Festmüll wurden festgelegt, nachdem Patel 1996 mit der Forderung vor den Obersten Gerichtshof gezogen war, die Regierung müsse ihrer Verantwortung für eine angemessene Müllentsorgung nachkommen. Das Gericht gab der Expertin Recht und berief sie später zur Leiterin des Nationalen Festmüllkomitees.

2005 zog Patel erneut vor das höchste Tribunal des Landes, um eine Aussetzung der staatlichen Subventionen für alle geplanten und bewilligten Müllverbrennungsanlagen zu bewirken, bis alle bereits existierenden Anlagen auf den umweltfreundlichen Stand gebracht seien. Das Tribunal stimmte dem Antrag zu, genehmigte allerdings fünf Projekte für Forschungs- und Entwicklungszwecke.

Das Ministerium für erneuerbare Energie bestreitet, dass es ein solches Urteil gibt. Berichten zufolge haben die Behörden 33 solcher Anlagen in Bearbeitung, von denen etliche für Korruption und Misswirtschaft prädestiniert sein sollen.


Unwissen fördert Ressourcenverschwendung

Shantaram Maley, ein auf Festmüll spezialisierter Abfallexperte, ist der Meinung, dass es in Indien an Kenntnissen im Umgang mit städtischem Müll fehle. Das erkläre das Versagen der Verbrennungstechnologie an Orten wie Hyderabad und Vijayawada im Süden Indiens, und Chandigarh and Jaipur im Norden.

Chandigarh, das sich gern damit brüstet, die am besten verwaltete Stadt Indiens zu sein, "wirft guten Kompost auf die Müllkippe", kritisiert Maley. Damit werde nährreicher Boden und Platz für andere Abfälle verschwendet.

Maley zufolge müssten Unternehmen für die Schäden, die sie verursachten, haftbar gemacht werden. Allerdings ist unklar, wo die Zuständigkeiten liegen. Der Minister für erneuerbare Energien gibt den schwarzen Peter, was die Bewilligung der Technologien angeht, gern an eine andere Behörde ab: an das Zentrale Amt für Schadstoffkontrolle.

Kleinere Verbrennungsanlagen arbeiten offenbar gut in Indien. In Pune etwa wird der Müll getrennt, wie der beigeordnete Gemeindebeauftragte Suresh Jagtap erklärt. Was Indiens Gemeinden noch bräuchten, sei ein integriertes Müllverwertungssystem, das sowohl das Kompostieren als auch Verbrennen der Abfälle möglich mache. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2011