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INNOVATION/294: Bionik - in Beispielen (Unser Wald)


Unser Wald - 3. Ausgabe, Mai/Juni 2013
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Bionik in Beispielen

von Lothar Gössinger



Der Bombardierkäfer ist Vorbild für ein neues Antriebssystem für die Navigation von Raumfahrzeugen im Weltall. Traditionell werden Bahnmanöver von Raumsonden mit Hilfe von Hydrazin-Triebwerken durchgeführt. Dieser Stoff hat aber den Nachteil, hochgiftig und krebserregend zu sein und muss mit schweren Hochdrucktanks arbeiten. Das neue Antriebskonzept, das derzeit mit EU-Mitteln erforscht wird, ahmt das Verteidigungssystem des Bombardierkäfers nach. Hier werden durch Mischen zweier sehr reaktiver Chemikalien heiße Gase erzeugt, mit dem er den Feind auf Abstand hält. Der große Vorteil ist die deutliche Gewichtsreduzierung des Satelliten, die sich in geringeren Kosten oder in längerer Missionsdauer widerspiegelt. Außerdem waren nur einfach zu handhabende und weniger toxische Treibstoffe notwendig, die nicht unter Druck gemischt werden müssen. Der Unterschied besteht darin, dass der Schub diskontinuierlich erzeugt wird, nämlich in Form von schnell aufeinanderfolgenden Pulsen, die jeweils mittels einer chemischen Reaktion ausgelöst werden. Nach Ansicht der Forscher hat das System das Potenzial, viele der derzeit für Orbital-Flug verwendeten Antriebskonzepte zu ersetzen. Die Forschungen werden u.a. am Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen durchgeführt.

"Klettermaxe", so heißt der Roboter, der einem Eichhörnchen und seinen Kletterkünsten nachempfunden ist. Seit einigen Jahren arbeitet die Firma TETRA im thüringischen Ilmenau an dieser echten technologischen Innovation. Der ca. 35 cm lange Roboter kann, wie sein Muster aus dem Tierreich, senkrecht nach oben klettern. Mit Kameras und Sensoren bestückt, kann er in Kabelschächten oder engen Rohrleitungssystemen Schäden aufspüren. Energetisch optimiert und vom Bewegungsablauf koordiniert werden konnte der Bauplan für den Roboter durch die Aufnahmen einer weltweit einzigartigen Röntgenvideoanlage. Diese lieferte 2.000 Bilder pro Sekunde und interessante Hinweise auf den besonderen, energiesparenden Bewegungsablauf beim Klettern des Eichhörnchens. Erstmals konnte so die Beweglichkeit der Wirbelsäule beim Aufwärtsklettern sichtbar gemacht werden. Dies stellte einen Durchbruch bei der erwünschten Kleinheit der Kletterroboter dar. Auch die Art des Festkrallens an der Oberfläche oder die notwendige Kraft dazu muss durch optimale Programmierung und Rückkopplung über Sensoren und Kameras des Roboters erarbeitet werden. Möglich wurde das Projekt durch die Zusammenarbeit eines Zoologen, der die Klettermechanismen von Säugetieren erforscht (Prof. Martin Fischer, Uni Jena), und dem bundesweit einzigen Professor für "Biomechatronik" an der TU in Ilmenau, Prof. Hartmut Witte. Umgesetzt werden konnte das Projekt von der Firma TETRA in Ilmenau unter Andreas Karguth. Welche Bedeutung dieser Technologie beigemessen wird, zeigt auch der beachtliche Betrag von 3,45 Mio. Euro an Fördermitteln für den bionisch inspirierten Kletterroboter "InspiRat"!


Autor Lothar Gössinger ist Mitglied der Redaktion und Geschäftsführer der SDW Bayern;
E-Mail: sdwbayern@t-online.de

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
3. Ausgabe, Mai/Juni 2013, S. 11
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2013