Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INDUSTRIE

GEFAHR/066: Starkniederschlag bringt Abraumhalde ins Rutschen (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 953 vom 10. September 2010 - 29. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Starkniederschlag bringt Kalimandscharo ins Rutschen


Die "Starkniederschlagsereignisse" von Ende August hatten auch im Großraum Hannover für Furore gesorgt: Auf einer Abraumhalde des Kalibergbergs Sigmundshall der K+S AG weichten die Regenfluten die Haldenabdeckung so auf, so dass es zu beträchtlichen Abspülungen kam: In der Nacht zum 27. August 2010 ergoss sich gegen 02:30 eine Schlamm-Lawine aus schwermetallhaltigem REKAL-Material über eine benachbarte Kreisstraße. Die Energie der abgehenden Schlammlawine reichte aus, den um die Kalihalde gezogenen Graben und den Schutzwall mühelos zu überwinden, auf 50 m Breite die Einzäunung und die gepflanzten Gehölze nieder zu walzen und anschließend die angrenzende Kreisstraße zu überqueren und noch knöchelhoch unter Schlamm zu begraben. Das Werk Sigmundshall der K+S KALI GmbH ist das letzte produzierende Kalibergwerk in Niedersachsen. Für den BUND war die "Häutung" des Kalimandscharos nicht unerwartet gekommen. Der Umweltverband hatte erstmals Anfang 2005 in seiner Stellungnahme zur Erweiterung der Kalihalde Sigmundshall das Niedersächsische Landesbergamt (LBEG) auf die fehlerhaften Standsicherheitsberechnungen für die Haldenabdeckung hingewiesen. Auch in der Folgezeit hatte der BUND immer wieder auf die mangelhafte und falsch berechnete Standsicherheit aufmerksam gemacht, zuletzt in seiner erfolgreichen Klage gegen die Abdeckung der Kalihalde mit sogenanntem REKAL-Abfall-Material. Nur weil das beklagte LBEG in Berufung ging, ist das erstinstanzliche Urteil noch nicht rechtskräftig geworden. BUND-Experte Dr. RALF KRUPP:

"In den Berechnungen hatte das verantwortliche Braunschweiger Ingenieurbüro die bodenmechanischen Werte für trockenes Abdeckmaterial verwendet. Richtig wäre hingegen die Bestimmung und Verwendung der relevanten Parameter im wassergesättigten Zustand gewesen, denn die Abdeckung darf schließlich auch bei starker Durchnässung nicht abrutschen. Dann hätte jedoch der für die Genehmigung erforderliche Standsicherheitsnachweis nicht erbracht werden können, und die für K+S lukrative Scheinverwertung des REKAL-Abfalls wäre vermutlich gescheitert."

Dass die Scherfestigkeit des REKAL-Abfalls bei Durchnässung stark absinkt, sei auch dem früheren Werksleiter auf Sigmundshall, Dr. DIEKMANN, bekannt. Dies gehe lt. BUND aus einer Veröffentlichung von DIEKMANN hervor. Wie es scheint, bestand aber zwischen der Bergbehörde, dem Ingenieurbüro und der Fa. Kali und Salz Einigkeit darüber, dass man die Hinweise des BUND ignorieren könne. Das Giftschlamm-Unglück hat aber noch einen weiteren Planungsfehler zu Tage gefördert: Offenbar ist der um die Halde herum eingerichtete "Sicherheitsstreifen" überhaupt nicht in der Lage, abrutschende oder abgespülte Massen zurück zu halten. Der BUND forderte daher K+S und die Niedersächsische Bergbehörde auf, die Abdeckung der Kalihalde mit REKAL-Material unverzüglich zu beenden. Spätestens in der Berufungsinstanz zu dem genannten Klageverfahren wird das Thema jedoch ohnehin wieder erörtert werden müssen. Der BUND ist jetzt auf die Würdigung des Vorfalls vom 27. August durch das OVG Lüneburg gespannt.

Mehr Informationen auf der Website www.bund-hannover.de unter Themen: "Bergbaufolgen". [Da es in Deutschland zahlreiche und noch weit größere und höhere Kaliabraumhalden als in Sigmundshall gibt, wäre es interessant, nachzufragen, wie es denn mit der Stabilität der übrigen Kalimandscharos in Zeiten zunehmender Starkniederschlagsereignisse bestellt ist?]


*


Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 953/2010
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU),
Rennerstr. 10, D-79106 Freiburg i. Br.
Tel.: 0761/275693; 45687153
E-Mail: nik@akwasser.de
Internet: http://www.akwasser.de

Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF kann abonniert werden durch Voreinzahlung
von 30 Euro für 30 Ausgaben auf das Postbankkonto Arbeitsgruppe
Wasser, Kto-Nr. 41952 757, Postbank Klrh., BLZ 660 100 75.

Meinungsbeiträge geben nicht in jedem Fall die Position des BBU wieder!
Die Weiterverwendung der Informationen in diesem RUNDBRIEF ist bei Quellenangabe (!) erwünscht!
© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2010