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FORSCHUNG/571: Kraftwerke erzeugen mehr Ultrafeinstaub als Verkehr (idw)


Karlsruher Institut für Technologie - 11.12.2018

Kraftwerke erzeugen mehr Ultrafeinstaub als Verkehr


Ultrafeine Partikel sind sowohl gesundheits- als auch klimarelevant. In urbanen Gebieten gilt der Straßenverkehr als Hauptursache für die winzigen Teilchen. Außerhalb von Städten konnten Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in einer Langzeitmesskampagne nun eine Quelle identifizieren, die besonders auf das regionale Klima einwirkt: moderne Kohlekraftwerke. Wie deren Emissionen die Bildung von ultrafeinen Partikeln beeinflussen und welche Wirkung sie auf das Klima haben, beschreiben sie im Magazin Bulletin of the American Meteorological Society (doi:10.1175/BAMS-D-18-0075.1).


Foto: © Wolfgang Junkermann, KIT

Kohlekraftwerk Boxberg in der Lausitz: In der Abluftfahne haben die Forscher in 20 Kilometern Entfernung bis zu 85.000 Partikel pro Kubikzentimeter gemessen
Foto: © Wolfgang Junkermann, KIT

Obwohl ultrafeine Partikel (UFP) nur einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern haben, nehmen sie gewaltigen Einfluss auf Umweltprozesse: "Sie bieten Oberflächen für chemische Reaktionen in der Atmosphäre oder können als Kondensationskerne die Eigenschaften von Wolken und Niederschlag beeinflussen", sagt Wolfgang Junkermann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des KIT. Um Vorkommen und Verteilung von UFP zu untersuchen, hat der Umweltphysiker gemeinsam mit australischen Kollegen in den vergangenen 15 Jahren Messflüge rund um den Globus gestartet. Dabei betrachteten sie auch die Atmosphäre außerhalb städtischer Brennpunkte, insbesondere in Gegenden mit auffälligen Niederschlagstrends: In der freien Natur erzeugen etwa Waldbrände, Staubstürme oder Vulkanausbrüche feine Partikel, meist jedoch nicht im Nanometerbereich. Die Klimaforscher stellten fest, dass deren Konzentration auch in vielen abgelegenen Gebieten stetig ansteigt, die neuen, zusätzlichen Partikel jedoch keinen natürlichen Ursprung haben.

Geraten diese Partikel als Kondensationskerne in Wolken, werden zunächst die einzelnen Wolkentröpfchen kleiner und es dauert länger, bis sich Regentropfen bilden können. Dadurch wird die räumliche und zeitliche Verteilung sowie die Intensität von Niederschlägen beeinflusst. "Die Folge ist nicht unbedingt, dass es weniger regnet, die Partikel können auch extreme Regenereignisse verstärken. Wo das passiert ist wieder vom Wind abhängig."

Für die Messflüge nutzten die Klimaforscher das am KIT entwickelte weltweit kleinste bemannte Forschungsflugzeug. Das fliegende Labor ist mit hochsensiblen Instrumenten und Sensoren ausgestattet, die Staubpartikel, Spurengase, Temperatur, Feuchte, Wind und Energiebilanzen messen. Diese Daten glichen Junkermann und Kollegen mit meteorologischen Beobachtungen sowie Ausbreitungs- und Transportmodellen ab: "So konnten wir zeigen, dass fossile Kraftwerke inzwischen zu den weltweit stärksten Einzelquellen für ultrafeine Partikel geworden sind. Sie beeinflussen meteorologische Prozesse massiv und können zu extremen Wetterereignissen führen."

Originalpublikation:
Wolfgang Junkermann, Jörg M. Hacker: "Ultrafine particles in the lower troposphere: major sources, invisible plumes and meteorological transport processes"; in: Bulletin of the American Meteorological Society

Abrufbar unter:
https://doi.org/10.1175/BAMS-D-18-0075.1

Als "Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft" schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 25 500 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.

Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt:
http://www.klima-umwelt.kit.edu

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news707710
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1173

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Karlsruher Institut für Technologie - 11.12.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2018

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