Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INDUSTRIE

ATOM/860: AKW-Laufzeitverlängerung führt nicht zu sinkenden Strompreisen (BMU)


Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - Berlin, 24. Juni 2009 - Energiepolitik

Gabriel: Von Laufzeitverlängerungen würden nur die Konzerne profitieren

Studie zeigt: Strompreise könnten weiter steigen


Die Strompreise sind in Ländern mit vielen Atomkraftwerken nicht günstiger als in Staaten, die auf diese Risikotechnologie verzichten. Längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke würden den Strompreis nicht dämpfen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die das renommierte Öko-Institut im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellt hat. "Die Untersuchung zeigt: Eine Laufzeitverlängerung führt nicht zu sinkenden Strompreisen - im Gegenteil: Weil notwendige Investitionen in neue Kraftwerke unterbleiben, könnte der Strompreis sogar steigen", sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. "Bei einer Verlängerung der Laufzeiten auf 40 Jahre können die Energieversorger aber Zusatzgewinne in Höhe von 61 Milliarden Euro erwirtschaften. Laufzeitverlängerungen wäre nicht nur gefährlich. Sie würden außerdem ausschließlich den Konzernen nutzen - nicht aber den Stromverbrauchern."

Die Wissenschaftler des Öko-Instituts haben internationale Marktdaten ausgewertet und mit den Gegebenheiten in Deutschland verglichen. Dabei fanden sie heraus, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Anteil von Atomstrom und den Elektrizitätspreisen für Industrie und Haushalte gibt. So ist im europäischen Vergleich etwa der Strom im atomfreundlichen Frankreich recht günstig, in Belgien bei ähnlichem Atomkraftanteil dagegen besonders teuer. Den billigsten Strom findet man - ebenso wie den teuersten - in Ländern, die auf Atomkraft ganz verzichten.

Die Daten der deutschen Strombörse belegen: Wenn viele Atomkraftwerke wegen Wartungsarbeiten oder nach Pannen stillstehen, steigt der Strompreis nicht. Das war im Jahr 2007 gut zu beobachten, als zeitweise knapp die Hälfte der deutschen AKW nicht am Netz war.

"Das ist für uns Wissenschaftler kein überraschendes Ergebnis. Denn der Strompreis wird durch das jeweils teuerste Kraftwerk bestimmt, das gerade produziert. Das ist praktisch nie ein Kernkraftwerk. Den so gebildeten Börsenpreis bekommen aber auch die Kernkraftwerke für den von ihnen produzierten Strom. Das freut die Betreiber, denn sie können den in alten, abgeschriebenen Kernkraftwerken günstig produzierten Strom teuer verkaufen", so der Autor der Studie, Dr. Felix Matthes vom Öko-Institut.

Die hohen Gewinne der AKW-Betreiber dürften ein Grund dafür sein, warum deren Lobby so vehement für eine Laufzeitverlängerung wirbt. So veröffentlichte der Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) am Dienstag ein energiepolitisches Konzept mit dem Titel "Zukunftsenergie 2020". In dem Papier wird für Atomkraft "auch deutlich nach 2020" geworben - im Klartext: Für einen Ausstieg aus dem Ausstieg. Dazu Bundesumweltminister Gabriel: "Atomkraft ist kein Weg für die Zukunft. Deswegen muss es beim Ausstieg bleiben."

Auch sonst bringt das Eckpunktepapier des BDEW wenig Neues. "Wir freuen uns zwar über einzelne Schritte in die richtige Richtung - etwa die klaren Bekenntnisse zu Effizienz und erneuerbaren Energien. Aber das reicht bei Weitem nicht aus. Der BDEW behauptet, bis 2020 sei eine Reduktion der Treibhausgase um lediglich 26% gegenüber 1990 möglich. Das zeigt: Die Funktionäre haben die Bedrohung des Klimawandels noch nicht verstanden. Es wird Zeit, dass die Energiewirtschaft in der Realität ankommt", sagte Sigmar Gabriel.

Die vollständige Studie des Öko-Institut steht www.bmu.de zur Verfügung. Dort ist auch ein Argumentationspapier des Bundesumweltministeriums "Atomkraft - kein Weg für die Zukunft" zu finden.


*


Quelle:
BMU-Pressedienst Nr. 211/09, 24. Juni 2009
Herausgeber: Bundesumweltministerium (BMU)
BMU-Pressereferat, Alexanderstraße 3, 10178 Berlin
Redaktion: Michael Schroeren (verantwortlich)
Tobias Dünow, Thomas Hagbeck, Jürgen Maaß, Frauke Stamer
Tel.: 030/18 305-2010, Fax: 030/18 305-2016
E-Mail: presse@bmu.bund.de
Internet: http://www.bmu.de/presse


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2009