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ALTLASTEN/025: Die größte Schwermetallpunktquelle im Saaleeinzugsgebiet (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1130 vom 03. Okt. 2018, 37. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Die größte Schwermetallpunktquelle im Saaleeinzugsgebiet


Dort wo die Hauptmasse der Rohstoffe und der fossilen Energieträger abgebaut wird, gehört der Bergbau weltweit zu den mit Abstand größten Umweltverschmutzern. Auch hierzulande hat man mit riesigen Folgelasten des Bergbaus zu kämpfen. Am bekanntesten sind die enorm teuren "Ewigkeitsfolgen" des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet und an der Saar. Die wasserwirtschaftlichen Folgekosten des Braunkohleabbaus schlagen in Ostdeutschland und im rheinischen Revier ebenfalls mit Milliarden Euro ins Kontor. Ziemlich unbekannt ist, dass auch der über Jahrhunderte praktizierte Kupferschieferbergbau in der Mansfelder Mulde im Südharz (Sachsen-Anhalt) zu nicht mehr beherrschbaren Schäden an der Gewässerökologie geführt hat und weiterhin führt. Um die Stollen im Mansfelder Kupferrevier zwischen Eisleben im Süden und Hettstedt im Norden trocken zu halten, wurden in einer für das 19. Jahrhundert bergmännischen Meisterleistung mehrere Stollen gegraben. Der längste Grubenwasserableitungsstollen ist der 31 Kilometer lange Schlüsselstollen. Über den Schlüsselstollen konnten mehrere Dutzend Kubikmeter Grubenwasser pro Minute in die Schlenze (einem kleinen Südharzfluss) und damit in die Saale abgeleitet werden. Der Stollen hat derartige Ausmaße, dass er noch heute zu Kontrollzwecken auf Teilstrecken mit Booten befahren werden kann.

Nach der Aufgabe des Kupferbergbaus waren die bis 870 Meter tiefen Kupferbergwerke in den 70er Jahren komplett geflutet worden. Das Problem: Das Flutungswasser löst unentwegt Schwermetalle und gewaltige Mengen von Salz aus den ehemaligen Bergwerken. Die Bergwerksstollen ("aufgefahrene Strecken") haben auf einer Fläche von 165 Quadratkilometern insgesamt eine Länge von etwa 750 Kilometern. Die etwa 20 Kubikmeter Wasser, die pro Minute über den Schlüsselstollen in die Schlenze abfließen, transportieren jährlich im Schnitt 350.000 Tonnen Salz in die Saale. In abflussreichen Jahren können es auch 600.000 t Salz sein. Mit dem Stollenwasser gelangen obendrein 3,1 t Blei, 2,3 t Kupfer, 153 t Zink sowie Chrom, Nickel und Cadmium im dreistelligen Kilogrammbereich im Jahresdurchschnitt in die Schlenze und damit in die Saale und letztlich in die Elbe. Der Schlüsselstollen gilt als die bedeutendste Punktquelle für Schwermetalle im gesamten Saaleeinzugsgebiet.

In der Schlenze werden die Umweltqualitätsnormen für Schwermetalle beträchtlich überschritten. Selbst in der deutlich abflussstärkeren Saale wird die Umweltqualitätsnorm für Zink gerissen. Die mit dem Stollenwasser in die Schlenze abfließenden Schwermetalle liegen größtenteils in gelöster Form vor. In der Saale und in der Elbe können die gelösten Schwermetalle dann aber teilweise an Schwebstoffe gebunden werden. 20 Prozent der Feinsedimente an der unteren Elbe (Schwebstoffmessstelle Hitzacker) stammen aus der Saale. Das begeistert vor allem den Hamburger Hafen, der die schwermetallbelasteten Feinsedimente, die sich in den Hafenbecken ablagern, teuer entsorgen muss. Aber auch schon das Ausbaggern der kontaminierten Sedimente aus den Stauhaltungen der Saale ist eine Herausforderung.

Schlenze & Saale: Gewässer-ökologische Zielverfehlung auf Dauer

Das Inlösunggehen von Salzen und Schwermetallen in den gefluteten Bergwerken kann nicht gestoppt werden. Demzufolge werden auch die Umweltqualitätsziele der Oberflächengewässerverordnung auf Dauer überschritten. Da die Schwermetalle - und die Salze sowieso - in gelöster Form aus dem Schlüsselstollen in die Schlenze abfließen, würde auch eine Sedimentfalle am Stollenmund nicht viel helfen. Während man in der Rohwasseraufbereitung der Trinkwasserwerke Schwermetalle ggf. über Ionenaustauscher entfernen kann, ist dieses Verfahren am Schlüsselstollen nicht praktikabel. Mit 20 Kubikmetern pro Minute - in nassen Jahren noch deutlich mehr - und auf Grund des hohen Salzgehaltes wäre das Ionenaustauscherverfahren nicht finanzierbar. Den Schlüsselstollen einfach dicht zu machen, wäre auch keine Lösung. Dann würde die Mansfelder Mulde absaufen. Das bedeutet aber auch, dass eines der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) - nämlich der bis 2027 zu erreichende gute chemische Zustand - auf Dauer verfehlt wird. Die sachsen-anhaltinische Wasserwirtschaftsverwaltung steht deshalb vor der unangenehmen Aufgabe, die Ziele für den chemischen Zustand in Schlenze und Saale abzuschwächen ("Verringertes Qualitätsziel").

Die üblicherweise praktizierte "Fristverlängerung" taugt in dem Fall nicht, weil dem Problem auch durch noch so viele "Fristverlängerungen" über 2027 hinaus nicht abzuhelfen ist. Nach den Gutachten, die von der Wasserwirtschaftsverwaltung in Auftrag gegeben worden sind, hängt das Inlösunggehen der Schwermetalle in den gefluteten Bergwerken mit den dort herrschenden Sauerstoffverhältnissen zusammen. Wenn man den Sauerstoffzutritt in die ehemaligen Bergwerkstollen verringern könnte ("Schachtverwahrung" und Beendigung der "Bewetterung"), würden etwas weniger Schwermetalle in Lösung gehen. Die Umweltqualitätsziele (und damit der "gute chemische Zustand") würden trotzdem verfehlt. Die Auswaschung der Salze aus den gefluteten Bergwerken lässt sich ohnehin nicht stoppen. 15 Prozent der Natriumchlorid-Fracht in der Saale gehen auf den Schlüsselstollen zurück. 15 Prozent klingt vielleicht wenig. Da die Saale aber auch aus anderen "Quellen" (Unstrut & Südharzer Kalirevier) mit Salzen hochbelastet ist, handelt es sich bei der Emission aus dem Schlüsselstollen um mehrere Hunderttausend Tonnen Natriumchlorid im Jahr. Weitere Infos und Zugang zu den Fachgutachten: Einfach mal "Schlüsselstollen Schwermetalle" in eine Suchmaschine eingeben.

Mansfelder Land: Schwermetallrisiko aus den mittelalterlichen Kleinhalden?

Ein zusätzliches Schwermetallproblem im Mansfelder Land ergibt sich daraus, dass der Kupferschieferbergbau fast unzählige Abraumhalden hinterlassen hat. Diese Halden sind teilweise ebenfalls hochgradig mit Schwermetallen belastet. Vor allem die zahlreichen Kleinhalden aus dem mittelalterlichen Bergbau haben es in sich. Die Kleinhalden sind oft mit Bäumen und Buschwerk bewachsen. Die Vegetation führt zu einem "Beschleunigungseffekt" bei der Verwitterung, so dass sich im dabei entstehenden Feinboden Zink, Kupfer und Bleikonzentrationen im Gramm pro Kilogramm-Bereich einstellen. Das führt wiederum zu hohen Schwermetallkonzentrationen im Sickerwasser unterhalb der Kleinhalden. Eine Gefährdung der landwirtschaftlichen Nutzflächen im Umkreis der Halden wird dadurch stark minimiert, dass der dort dominierende Lößboden die Schwermetalle wieder immobilisiert. Belastungen des Grundwassers durch eine Schwermetallauswaschung aus den Halden konnten deshalb nur lokal beobachtet werden - siehe:
public.bibliothek.uni-halle.de/index.php/hercynia/article/download/583/606

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1130
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2018

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