Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

ÖKOSYSTEME/029: "Global Worming" - die Invasion der Regenwürmer (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 20.11.2012

"Global Worming" - die Invasion der Regenwürmer

Nico Eisenhauer ist neuer Professor für Terrestrische Ökologie der Universität Jena



Regenwürmer gelten als ausgesprochen nützlich im heimischen Garten. Sie graben sich metertief durch das Erdreich, lockern und belüften dabei den Boden und verdauen organisches Material zu nährstoffreichem Humus. Doch was die Kleingärtner und Bauern hierzulande freut, bringt andernorts ganze Ökosysteme in Gefahr: In Nordamerika etwa sind Regenwürmer eine Plage.

"Während in Europa Würmer zu einem gesunden Boden gehören, kommen sie in weiten Teilen Nordamerikas natürlicherweise gar nicht vor", sagt Prof. Dr. Nico Eisenhauer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Mit Nutzpflanzen von europäischen Siedlern eingeschleppt und z. B. als Fischköder verbreitet, haben sich Regenwürmer jedoch in Teilen der USA und Kanadas zu einer regelrechten Invasion ausgebreitet, die den Naturwald ernsthaft bedroht. "Die Krautschicht, die den lichten Waldboden dort normalerweise bedeckt, wird von Regenwürmern vollständig verändert", berichtet Eisenhauer. Der zum Monatsbeginn zum Professor für Terrestrische Ökologie der Jenaer Universität ernannte Forscher widmet sich bereits seit seiner Biologie-Diplomarbeit im Jahr 2005 diesem Thema. "Indem die Würmer das Laub der Bäume effektiv zersetzen, Pflanzensamen fressen und wieder ausscheiden sowie die Bodenbeschaffenheit insgesamt völlig verändern, zerstören sie das natürliche Ökosystem des Waldes." Das sei inzwischen ein globales Problem, das auch Teile Australiens, Neuseelands und den asiatischen Raum betreffe, so Eisenhauer, der daher scherzhaft auch von "Global Worming" spricht.

Den Regenwurm und seinen Einfluss auf unterschiedliche Pflanzengesellschaften hat Nico Eisenhauer auch in seiner Doktorarbeit an der TU Darmstadt untersucht. "Dabei war mir schon früh klar, dass ich die Interaktionen zwischen Pflanzen und Tieren erforschen möchte, nicht einzelne Arten oder Prozesse isoliert betrachten". Mit diesem Ansatz war er im "Jena-Experiment" genau richtig, in das sein Promotionsprojekt eingebettet war. Als Doktorand kam der heute 32-Jährige dann bereits häufiger nach Jena, um hier vor Ort zu forschen. Nach seiner Promotion 2008 hängte er noch jeweils ein Jahr als Postdoc in Darmstadt und Göttingen an - weiterhin im Rahmen des "Jena-Experiments".

Auch wenn mittlerweile die Regenwürmer nicht mehr unmittelbar im Fokus seiner Forschung stehen, bleibt Eisenhauer seinem Element - dem Boden - bis heute treu: 2010 wechselte der aus dem südhessischen Fürth im Odenwald stammende Wissenschaftler mit einem Forschungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an die University of Minnesota. Am dortigen Biodiversitätsexperiment "BioCON" hat Eisenhauer als einer der ersten Forscher überhaupt in den Boden geschaut. "Das Ziel von BioCON ist es, die interaktiven Effekte unterschiedlicher Umweltveränderungsprozesse zu simulieren und zu sehen, wie diese sich auf die Ökosysteme auswirken", erläutert Eisenhauer. Und während das Gros seiner internationalen Forscherkollegen dort untersuchte, wie sich steigender CO2-Gehalt der Luft, steigender Stickstoff-Eintrag in den Boden oder abnehmende Artenvielfalt auf die oberirdische Pflanzenwelt auswirken, widmete sich Eisenhauer den unterirdisch-lebenden Organismen und stieß auf eine "wahre Fundgrube an spannenden Fragestellungen".

Mit seiner fertigen Habilitationsarbeit, die er in diesem Jahr an der Universität Göttingen abschloss, und vielen neuen Ideen und internationalen Kontakten im Gepäck kehrte er zu Jahresanfang nach Deutschland zurück, zunächst an die TU München, wo der Vater zweier kleiner Töchter eine aus dem Emmy-Noether-Programm der DFG geförderte Nachwuchsgruppe aufbaute, und jetzt an die Universität Jena, wohin er diese Gruppe mitgebracht hat. Auch in der wird es um eine ganzheitliche Betrachtung ober- und unterirdischer Prozesse und Interaktionen in Ökosystemen gehen. "Die Bedingungen dafür sind hier in Jena ideal", ist sich Eisenhauer sicher. Mit dem "Jena-Experiment" direkt vor der Haustür und eingebettet in das neue Forschungskonsortium "iDiv" der drei Mitteldeutschen Universitäten und ihrer außeruniversitären Partner sieht er für sich eine "einzigartige Kooperations- und Forschungsperspektive, die sich so deutschlandweit nicht noch einmal finden lässt".

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news508016
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution23

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 20.11.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2012