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VERKEHR/975: All 4 One - Die "Ticketteilen"-Kampagne (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 178 - Februar / März 2014
Die Berliner Umweltzeitung

All 4 One
"Ticketteilen" - NaturFreunde Berlin starten Kampagne zum Thema Mobilität

von Janine Behrens



Alle für einen und einer für alle. Das klingt so einfach wie überzeugend. Eben dies nahmen sich die NaturFreunde Berlin zum Anlass und bringen seit Ende Januar gelbe Buttons unter das Hauptstadt-Volk. Sie sind Bestandteil ihrer neuen Kampagne "Ticketteilen".

Bei dem einen oder anderen hat es sich derweil herumgesprochen, die meisten jedoch wissen es nicht: Bei den personenungebundenen Umweltkarten der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) dürfen neben der eigenen Person werktags nach 20 Uhr und am Wochenende sowie an gesetzlich festgeschriebenen Feiertagen ein weiterer Erwachsener sowie bis zu drei Kinder befördert werden - und das kostenfrei und legal. Die Initiatoren erhoffen sich, dass sich nun viele Fahrgäste im wahrsten Sinne des Wortes solidarisch zeigen und sich die gelben Buttons, die man in der Landesgeschäftsstelle der NaturFreunde Berlin bestellen kann, sichtbar an Kleidung oder Tasche heften. Das zeige Menschen, die sich kein Fahrticket leisten können und sonst schwarzfahren würden, dass der Buttonträger bereit ist, jemanden auf seiner Fahrkarte mitzunehmen. Die Hemmschwelle des Nachfragens, von vielen als Bettelei empfunden, entfällt damit.

Hintergrund

Ein Grund für das Starten der Kampagne ist die Entkriminalisierung von Schwarzfahrern. "Man wird wie ein Verbrecher abgeführt", meint Uwe Hiksch, einer der Initiatoren. Zudem würden die Kontrolleure dabei oft sehr rabiat vorgehen. Doch weder das öffentliche Vorführen noch die darauffolgenden Geldstrafen entschärfen das eigentliche Problem. Beides trifft zumeist Menschen in prekären Lebenssituationen, die ohnehin schon jeden Euro dreimal umdrehen müssen. Für Uwe Hiksch, Vereinsvize des Berliner Landesverbandes der NaturFreunde, ist Mobilität ein Menschenrecht. Ist sie nicht gegeben, so sei gesellschaftliche Teilhabe für eine sozial schwache Klientel nicht möglich.

Um diesen Menschen auch noch den letzten Euro aus der Tasche zu ziehen, scheute sich die BVG nicht, die Zahl der Kontrolleure von 60 (2012) auf 120 (2013) und noch einmal auf nunmehr 140 in 2014 aufzustocken. Wer nun aber meint, dass die Verfolgung von Schwarzfahrern für die BVG ein lukratives Geschäft ist, der irrt. Rund neun Millionen Euro, die von den erwischten blinden Passagieren jährlich an die BVG zu zahlen sind, stehen zwischen 20 und 30 Millionen Euro für die Gehälter der Kontrolleure und die Verwaltung der Nachzahlung gegenüber. Für ein mit über 800 Millionen Euro hochverschuldetes (landeseigenes) Unternehmen eine äußerst schlechte Bilanz.

Fazit

Sicher wird die Kampagne nicht alle dazu bewegen, auf das Boot aufzuspringen, viel mehr wird damit aber die Sensibilisierung für einen gemeinschaftlich finanzierten Öffentlichen Personennahverkehr in der Bevölkerung erreicht und ein neuer alter Gedankengang in der Politik angestoßen. Positive Signale gibt es bereits von den Berliner Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten.

All 4 One, ein Song von den Rappern Kool Savas und Azad aus dem Jahr 2005, beschreibt mit seinem Titel gut, was die Kampagne "Ticketteilen" zu erreichen versucht - Bewusstsein für ein solidarisches Miteinander.



Weitere Informationen:
www.ticketteilen.org

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Quelle:
DER RABE RALF - 25. Jahrgang, Nr. 178 - Februar/März 2014, Seite 18
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47/-0, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Februar 2014