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VERBAND/374: Positive NABU-Bilanz - Defizite in der Umweltpolitik des Senats (NABU HH)


NABU Landesverband Hamburg - 17. Dezember 2009

Warten auf das Öko-Christkindà

NABU zieht positive Bilanz seiner Arbeit und sieht Defizite in der Umweltpolitik des Senats


Der NABU Hamburg freut sich über steigende Mitgliederzahlen und einige Naturschutzerfolge in diesem Jahr. Insbesondere wertet der Verband seine Aktivitäten zum Schutz von Hamburgs Gewässern sowie die Gründung zwei neuer Fachgruppen und der UHU-Initiative zur "Umwelthauptstadt 2011" als Fortschritt. Dagegen wartet der NABU weiterhin auf sichtbare Ergebnisse in der Senatspolitik. So ist der Senat mit der für Anfang 2009 versprochenen Anmeldung des Hamburger Wattenmeeres als Weltnaturerbe, und der für 2008 zugesagten Elbestiftung im Zeitverzug und die Einführung der Stadtbahn in dieser Legislaturperiode wird immer unwahrscheinlicher, so der NABU. Als Defizit verbucht er außerdem den schleppenden Fortgang zur Umweltzone, die aktuelle Planung der Hafenquerspange und die vielen Warteschleifen bei der Realisierung von Landstromanschlüssen für Hochseeschiffe im Hamburger Hafen.

"Wir", betont Alexander Porschke, Zweiter Vorsitzender des NABU Hamburg. "haben in diesem Jahr unserer Hausaufgaben gemacht. Während der NABU in vielen Bereichen Erfolge vorweisen kann, kommen Umwelt- und Naturschutz beim Senat nur im Schneckentempo voran." Die Mitglieder des NABU haben auch dieses Jahr in zahllosen ehrenamtlichen Einsätzen in den vom NABU betreuten Flächen praktischen Naturschutz betrieben. Bei 14 so genannten Gewässernachbarschaftstagen hat der NABU mit freiwilligen Helfern den ökologischen Zustand an den Gewässern mit einfachen Mitteln massiv verbessert. Besonderen Zuspruch genießt das Projekt Eisvogel an der Seebek in Bramfeld, das seit diesem Jahr von der Sponsoring-Initiative des HSV, dem Hamburger Weg, unterstützt wird. Mit über 400 Führungen allein 2009 hat der NABU dafür geworben, die Schönheit und Bedeutung der uns umgebenden Natur auch wert zu schätzen. "Neben unseren traditionellen Tätigkeiten bei der Gebietspflege und der Entwicklung von neuen Lebensräumen für seltene Tiere und Pflanzen haben wir unser Engagement in diesem Jahr kontinuierlich ausgedehnt", sagt Porschke. Die neuen innerverbandlichen Fachgruppen "Baumschutz" und "Politik" bündeln die Aktivitäten vieler Ehrenamtlicher des NABU. Porschke: "Wir möchten damit zum einen die Zahl der Baumfällungen in unserer Stadt reduzieren, zum anderen bieten wir nun Mitgliedern eine Plattform, sich politisch für den Natur- und Umweltschutz zu engagieren." Mit der Gründung der UHU-Initiative zusammen mit anderen Verbänden möchte der NABU außerdem das bestmögliche Ergebnis für die Umwelthauptstadt Hamburg 2011 erreichen. "Wir wollen die Stadt drängen, die Chancen und Möglichkeiten dieses Titels zu nutzen. Gleichzeitig werden aber auch wir unseren Teil dazu beitragen, dass Hamburg eine würdige Trägerin dieser Auszeichnung ist", so der NABU-Vize. Erfreulich für den NABU ist auch das 25-jährige Bestehen seiner Vogelstation in der Wedeler Marsch. Insgesamt besuchten die heutige Carl Zeiss Vogelstation bis heute etwa 140.000 Besucher, allein 38.000 Gäste seit 2006, dem Jahr der Neueröffnung. Außerdem sei es dem NABU gelungen, dass die alljährlich stattfindende Müllsammelaktion der Stadt, "Hamburg räumt auf", zukünftig aus Rücksicht auf die Brutzeit der Vögel früher stattfindet und der NABU als neuer Kooperationspartner dieser beliebten Reihe fungiert. Mit fast 20.000 Mitgliedern zum Jahresende erfreut sich der NABU Hamburg darüber hinaus über einen großen Zuspruch aus der Bevölkerung. Porschke: "Das zeigt, dass der Natur- und Umweltschutz kein Nischenthema mehr ist. Die Menschen wünschen sich mehr Rücksicht auf unsere Natur und wenden sich gegen die maßlose Ausbeutung unserer Lebensgrundlagen!" Insgesamt habe damit der NABU Hamburg 2009 einiges geschafft. Der Verband sieht aber den Senat in der Pflicht, mehr für den Natur- und Umweltschutz in der Hansestadt zu tun.

Zwar begrüßt der NABU die Gründung von Hamburg Energie und die erfolgreiche Gründung von Stadtrad. Auch die Auszeichnung Hamburgs zur Umwelthauptstadt 2011 kann Hamburgs Umweltschutz voran bringen. Ebenfalls freut sich der NABU über die Ausweisung des Rothsteinsmoores als 30. Naturschutzgebiet in Hamburg und die Fortschritte bei der geplanten Schaffung von Flachwasserbiotopen in Kreetsand an der Elbe. Die Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen hat der Welt deutlich gemacht, dass wir vor einer riesigen Menschheitsaufgabe stehen. "Die Klimaschutzanstrengungen der Stadt können sich im Vergleich mit anderen Städten sehen lassen", kommentiert der NABU-Vize Hamburgs Bemühungen. "Die 25 Mio Ç pro Jahr verdienen unsere Anerkennung." Leider reichten aber die vielen Einzelmaßnahmen aus dem Klimaschutzkonzept nicht einmal dafür aus, die selbst gesteckten Senatsziele zu erfüllen: Nach einer Studie des Zukunftsrates werden z.B. im Wärmemarkt nur ca. zwei Drittel der notwendigen Reduktion von Treibhausgasen erreicht. "Und die Hamburger Erklärung der City Climate Conference liest sich zwar vorbildlich", so Porschke. "ist aber bisher vor allem geduldiges Papier." Ob z.B. die darin versteckt enthaltene Erhöhung des CO2-Reduktionszieles auf 50% überhaupt offizielles Senatsziel werde, erscheine eher fraglich. Doch Porschke sieht noch weitere Defizite: "Wir warten immer noch auf die überfällige Ausweisung des Hamburger Wattenmeeres als Weltnaturerbe. Außerdem benötigt der Senat viel zu viel Zeit, um die notwendige Einrichtung der Umweltzone und der Landstromanschlüsse für Schiffe im Hafen zu prüfen und schlussendlich zu realisieren." Auch die versprochene ökologische Differenzierung der Hafengebühren sei dringend erforderlich. Zur Einrichtung der Stiftung "Lebensraum Elbe", unter deren Dach sich staatliche Akteure und Naturschutzverbände auf Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums an der Elbe einigen können, hat der Senat zwar im September einen ersten Entwurf vorgelegt. Versprochen war aber deren Realisierung bis Ende 2008. Der NABU vermisst hier beim Senat ein beherzteres Handeln. Dieses fordert er auch bei der Einführung der Stadtbahn. "Sie darf den Sparzwängen auf keinen Fall zum Opfer fallen. Das wäre ein Rückschlag für den Klimaschutz!", so Porschke. Einer schweren Belastung für die Natur käme die Realisierung der Elbvertiefung gleich. Denn mittlerweile wird auch offiziell anerkannt, dass infolge einer weiteren Vertiefung Schädigungen der Naturschutzgebiete und negative Auswirkungen auf besonders gefährdete Tier- und Pflanzenarten entlang der Elbe auftreten werden. "Diese Erkenntnis darf nicht einfach ignoriert werden", fordert Porschke. "Die Verantwortlichen insbesondere in Hamburg müssen nun ernsthaft Alternativen zur Elbvertiefung prüfen. Eine erneute Vertiefung ist der Elbe nicht zuzumuten."

Das Fazit des NABU-Vorstands lautet: "Zwar ist eine Verbesserung der Umweltpolitik gegenüber den Vorjahren erkennbar. Zur Verwirklichung der Versprechungen des Koalitionsvertrages, muss der Senat aber noch zulegen." Nicht nur hinsichtlich des fortschreitenden Klimawandels, sondern auch in Anbetracht des massiven Artensterbens sieht der NABU einen enormen Handlungsbedarf. Denn jetzt ist schon absehbar, dass das Ziel, bis 2010 das Artensterben zu stoppen, nicht erreicht werden wird. "Wir warten also auf das Öko-Christkind, das uns hoffentlich viele gute Gaben unter den Baum legt", fasst Porschke seine Erwartungen an den Hamburger Senat aus CDU und GAL zusammen.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 183, 17.12.2009
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Hamburg
Osterstraße 58, 20259 Hamburg
Tel.: Tel. 040/69 70 89-12, Fax 040/69 70 89-12-19
E-Mail: NABU@NABU-Hamburg.de
Internet: www.NABU-Hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2009