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SCHÄDLING/052: NABU zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Wald (NABU BB)


NABU Landesverband Brandenburg - Pressedienst Naturschutz aktuell, 16. Mai 2017

NABU zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Wald:

Insektenvernichtungsmittel schützen Menschen nicht vor Brennhaaren, vernichten aber natürliche Gegenspieler und Nahrungsgrundlage für Vögel und Fledermäuse


Der NABU Brandenburg kritisiert, wie auch in den Vorjahren, die großflächige Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners durch den Landesforstbetrieb aufs Schärfste. Der hatte angekündigt, in den nächsten Tagen in den Landkreisen Havelland und Ostprignitz-Ruppin auf 62 Hektar Insektizide auszubringen.

"Die Begründung der Behörde, diese Maßnahmen dienen nicht nur dem Erhalt der Erholungsfunktion des Waldes, sondern auch dem Schutz der Waldbesucher vor den Brennhaaren des Eichenprozessionsspinners ist irreführend", so Dr. Werner Kratz, Ökotoxikologe und stellvertretender Vorsitzender des NABU Brandenburg. "Diese Brennhaare, die mit jeder Häutung der Raupen zunehmen, sammeln sich hauptsächlich in den sogenannten Gespinsten an. Diese verbleiben auch nach der Bekämpfung in den Kronen der Bäume und können bis zu 12 Jahre lang weiter in die Umwelt abgegeben werden. Die Möglichkeit, dass man mit den Brennhaaren in Kontakt kommt, ist also für Waldbesucher, Anwohner oder Radfahrer nach wie vor vorhanden."

Das dabei verwendete Insektenvernichtungsmittel "Dipel ES" setzt ein tödliches Bakterienpulver frei, welches nicht nur gegen den Schädling selbst wirkt. Das Mittel tötet zudem alle weiteren auf den Bäumen vorkommenden Schmetterlingsarten und die natürlichen Gegenspieler. Gerade auf Eichen leben besonders viele Schmetterlinge (etwa 240 Arten). Eine Bekämpfung mit diesem Mittel sollte nur zur Anwendung kommen, wenn Waldbestände existentiell gefährdet sind.

Einen Beleg, dass Eichenbestände nach zweimaligem Befall durch den Eichenprozessionsspinner bereits in ihrer Vitalität soweit geschädigt sind, dass die Bäume absterben, konnte der Landesforstbetrieb bisher nicht erbringen und wird in Fachkreisen als große Ausnahme betrachtet. Dagegen gibt es erste Erkenntnisse, dass die flächige Bekämpfung Bruterfolge der Vögel im Wald negativ beeinflussen kann. Dies könnte auch in erheblichem Maße für Fledermäuse zutreffen, die einen deutlich höheren Energiebedarf durch die Aufnahme von Insekten decken müssen.

Um einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor den Brennhaaren gewährleisten zu können, ist vor allem das Absaugen der Gespinste erforderlich. Hierbei werden durch Fachpersonal in Schutzkleidung und mit besonderer Saugtechnik auch die gefährlichen Brennhaare mit dem darin enthaltenen Allergen entfernt. Dieses Verfahren sollte insbesondere an öffentlichen Wegen oder in Siedlungen zur Anwendung kommen, da hierbei die Raupen und die Brennhaare wirksam entfernt werden können. Auch einer Wiederbesiedlung der Bäume durch den Eichenprozessionsspinner wird so vorgebeugt.

Darüber hinaus zweifelt der NABU Brandenburg grundsätzlich die Notwendigkeit der Bekämpfungsmaßnahmen aus der Luft an. Bisher wurde von Seiten der Forst dargestellt, dass insbesondere heiße und trockene Wetterlagen im April, wie sie in den letzten Jahren vorhanden waren, zu Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners führen. In diesem Jahr dürften besonders die Frosttage im April zu deutlichen Verlusten bei den Ende März geschlüpften Räupchen geführt haben. Das durchgeführte Monitoring, welches lediglich die abgelegten Eier des Spinners im Labor berücksichtigt, wird vom NABU seit langem kritisch gesehen. Die Berücksichtigung von Witterungsdaten, aber auch von natürlichen Gegenspielern, wie z.B. parasitierende Schlupfwespen und Raupenfliegen, die insbesondere im Raupenstadium zu erheblichen Verlusten führen können, werden bisher bei der Beurteilung der Befallssituation nicht herangezogen. Eine angemessene Beurteilung des jährlichen Befalls ist somit nicht möglich.

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Quelle:
Pressedienst, 16.05.2017
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2017

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