Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → FAKTEN

ROHSTOFFE/017: Phosphor - Grundbaustein des Lebens doch wie lange noch? (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 180 - Juni / Juli 2014
Die Berliner Umweltzeitung

Phosphor
Grundbaustein des Lebens doch wie lange noch?

Von Lars Urban



Seit 100 Jahren wird Phosphor (griechisch: phosphoros) in der Landwirtschaft als künstliches Düngemittel genutzt. Es verwundert daher nicht, dass Phosphor allmählich knapp wird. Dagegen war der Rohstoff, bevor es künstliche Düngemittel gab, nahezu unbegrenzt verfügbar. Denn früher gab es einen geschlossenen Kreislauf: Die Kuh des Bauern fraß die Feldpflanze - der Mensch aß dann das Fleisch der Kuh, die er vom Bauern gekauft hatte oder die Gemüsepflanze aus dem Garten - das Phosphor seine Ausscheidungen landete, eventuell mit Umwegen, wieder auf dem Feld als (natürliches) Düngemittel.

Heutzutage hat sich einiges geändert - Zwar hat künstlich hergestellter Phosphor als Düngemittel die Ernteerträge gesteigert, aber als zusätzlich erschaffene Komponente zerstört er den früher geschlossenen Kreislauf und belastet die Umwelt dramatisch. Auf der einen Seite zu viel, auf der anderen zu wenig Phosphor: Der Rohstoff muss aus anderen Ländern (unter anderem aus den USA sowie asiatischen und afrikanischen Ländern) importiert werden, weil es in Deutschland keine nennenswerten Vorräte gibt. Die Reinigung von Phosphor verschmutzt die Umwelt zusätzlich, da hierbei giftige Stoffe freigesetzt werden.

Laut Wissenschaftlern sind die Phosphorminen bis zum Jahr 2050 nahezu erschöpft und in 100 Jahren ganz verschwunden. Das würde eine der größten Umweltkatastrophen der Menschheit hervorrufen, denn Phosphor steckt in jedem Lebewesen - selbst in der DNS. Jeder Mensch braucht circa 0,7 Gramm Phosphat pro Tag. Auch das Essen wird knapp werden, da 80 Prozent des abgebauten Phosphors als Düngemittel an die Landwirtschaft gehen. Nebenbei wird Phosphor auch in Elektroautos (für die Batterien zum Beispiel) genutzt. Wie nun lässt sich das Problem lösen?

Pilotprojekte zur Phosphor-Wiedergewinnung

In Karlsruhe und Stuttgart wurde in den letzten Jahren an einem Projekt gearbeitet, dass die Gewinnung von Phosphor aus Abwasser zum Ziel hat. Seit einem Jahr gibt es zwei Pilotanlagen zur Phosphor-Wiedergewinnung aus Klärschlamm. Die eine steht im bayerischen Neuburg an der Donau und die andere im Raum Offenburg. Sie funktionieren nach einem recht einfachen Prinzip. Der Klärschlamm aus den Klärwerken wird in einem Mischer mit einem weißen Mineralstoff (Calcium-Silicat-Hydrat-Phase, kurz CSH) vermengt. Dabei wird in der Abwasserphase gelöstes Phosphat durch Kristallisation an CSH als Calciumphosphat (CP) zurückgewonnen.

Was dann übrig bleibt ist ein grauer Schlamm, der anschließend wie ein Kuchen in eine Backform kommt und in einem Ofen getrocknet wird. Das Ergebnis - und seine Qualität - sind sehr beeindruckend. Man kann es sofort als Düngemittel verwenden. Von zwei Gramm Phosphat, die täglich pro Einwohner im Schnitt im Abwasser landen, lassen sich nach Ansage der Konstrukteure der beiden Anlagen 0,6 Gramm wieder zurückgewinnen - pro Tag könne man so über 50 Kilogramm Phosphatdünger produzieren. In den nächsten Jahren sollen 15 Prozent der Landwirtschaft in Offenburg mit recyceltem Phosphatdünger beliefert werden. Da sich das Projekt bewährt, schließt sich das Bundesland Sachsen-Anhalt an und baut die nächste Pilotanlage für circa zwölf Millionen Euro, was recht teuer für eine Pilotanlage ist (durchschnittlicher Kostenfaktor: circa 300.000 Euro). Das Bauende wird, wenn es keine baulichen Probleme gibt, Ende 2014 beziehungsweise Anfang 2015 sein.

Im Januar 2014 gab es in Berlin eine Diskussion darüber, wie das Projekt in den nächsten Jahren weiterlaufen wird. Leider gibt es noch Probleme beim Lagern von Klärschlamm, da er dabei das wichtige Phosphat verliert und die Pilotanlagen darüber hinaus nur zehn bis fünfzehn Jahre halten. Auf der anderen Seite wird das Recycling von Phosphor lebenslang dauern, weil der Klärschlamm nie ausgehen wird. Zwar könnte das Projekt in Deutschland über mehrere 100 Millionen Euro kosten, da man fast alle von 9.964 Klärwerken umrüsten müsste. Es würde der Menschheit, den Tieren und den Pflanzen aber ein längeres Leben bereiten. Die Umwelt würde mehr geschont werden, da es weniger abgebauten Phosphor zu reinigen gäbe.

Fazit

Abschließend kann man sagen, dass sich Investitionen für die Pilotanlage lohnen würden, auch wenn man diese alle zehn bis fünfzehn Jahre restaurieren müsste. Daran jedoch könnte noch gearbeitet werden. Die Umwelt würde geschont werden und man müsste Phosphor nicht mehr importieren lassen - aus Ländern die Kinderarbeit betreiben, die keine richtigen Löhne oder sogar gar keine für die harte Arbeit zahlen. Der Preis würde durch das Umrüsten der Klärwerke zwar am Anfang steigen, doch bereits nach fünf Jahren gäbe es laut Wissenschaftlern eine dauerhafte Preissenkung. Es ist aber bisher noch nicht bekannt, wie und wann dieses Projekt in Deutschland starten wird.

Lars Urban
Schülerpraktikant aus Schieder (NRW)

*

Quelle:
DER RABE RALF - 25. Jahrgang, Nr. 180 - Juni/Juli 2014, Seite 22
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, -57, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2014