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MASSNAHMEN/198: Ökosysteme leiden unter chemischer Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners (NABU BB)


NABU Landesverband Brandenburg - Pressedienst Naturschutz aktuell, 15. August 2013

NABU Brandenburg zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners

Ökosysteme und viele Nützlinge leiden unter chemischer Bekämpfung!



Dass in Siedlungsbereichen, in denen Menschen durch die allergieauslösenden Inhaltsstoffe der Gifthaare der Eichenprozessionsspinnerraupe in Mitleidenschaft gezogen werden können, etwas getan werden muss, stellt der Naturschutzbund (NABU) Brandenburg nicht in Frage. Wiederholt hat er darauf hingewiesen, dass hier aber in erster Linie die mechanische Bekämpfung mittels Absaugen der Raupen der chemischen Behandlung mit Dipel, einem insektenvernichtenden Bakterienpräparat vorzuziehen sei.

Anders verhält es sich bei der großflächigen chemischen Bekämpfung der Raupen mittels Hubschrauber in den Waldgebieten. Der NABU Brandenburg hat wiederholt deutlich gemacht, dass dieses Vorgehen immer einen erheblichen Eingriff in die Lebensgemeinschaften der Ökosysteme darstellt. "Im Vergleich zu dem Häutungshemmer Dimilin, der ein Auswachsen der Insekten hormonell verhindert, ist das teilselektiv wirkende Insektizid "Dipel ES" zwar noch das kleinere Übel", so Privatdozent Dr. Werner Kratz, stellvertretender Vorsitzender des NABU Brandenburg, "doch wirkt dieses Mittel auch auf viele andere Schmetterlingsarten, akut tödlich bzw. durch Schwächung der Individuen". Außerdem, so Kratz weiter, werden natürliche Gegenspieler des Eichenprozessionsspinners, wie z.B. Schlupfwespen ebenfalls geschädigt.

Weitere Sprühaktionen in Brandenburgs Wäldern richteten sich gegen Nonne, Kiefernspinner und Frühjahrsfraßgemeinschaften an der Eiche. Besonders gravierend sei dabei der Einsatz von "Dimilin" und "Karate" für die Artenvielfalt der Tiere. "Gerade die Eiche ist die Baumart mit dem höchsten Insektenreichtum aller Waldbäume wie die Universität Kiel in langjährigen Studien belegen konnte (Heydemann et al 1986). Auf keiner anderen heimischen Baum- oder Pflanzenart leben mehr verschiedene Insektenarten als auf der Eiche. Aus den bekannten Insektengruppen leben allein etwa 400 Schmetterlingsarten, mehr als 50 Bockkäferarten sowie etwa 10 Borken-und Kernkäferarten direkt bzw. indirekt an und von der Eiche. Dazu kommen noch viele Arten von Zweiflüglern und Hautflüglern", hebt Dr. Kratz hervor.

Um die Auswirkungen der verschiedenen, im Wald eingesetzten chemischen "Schädlingsbekämpfungsmittel" auf Ökosysteme und ausgewählte Organismen besser einschätzen zu können, plant der NABU Brandenburg gemeinsam mit ökotoxikologisch orientierten Forschungseinrichtungen der Region ein multidisziplinäres Forschungsprojekt.

In seinem Positionspapier weist der NABU Brandenburg darauf hin, dass chemische Bekämpfungsmaßnahmen in besonders sensiblen Naturbereichen wie z.B. in EU Flora-Fauna-Habitat Gebieten, EU Vogelschutzgebieten und regionale Naturschutzgebieten grundsätzlich nicht möglich sind. Auch schmetterlingsbedeutsame Lebensräume, in denen in ihrer Existenz bedrohte Arten leben, in Gewässern und in Horstschutzzonen von Greifvögeln sind grundsätzlich von der Ausbringung von Insektenvernichtungsmittel auszunehmen.

Unabhängig von den Allgemeinverfügungen des Landesforstbetriebes, die ein Sprühen generell erlauben, macht der NABU Brandenburg noch einmal deutlich, dass eine vorherige Genehmigung durch die Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise zwingend erforderlich ist.

Der NABU fordert ein allumfassendes, über die jetzigen im Land Brandenburg laufenden Monitoringprogramme hinausgehendes Monitoring, welches insbesondere auch die natürlichen Gegenspieler des Eichenprozessionsspinners berücksichtigt.

Mehr erfahren Sie im NABU-Positionspapier:
http://brandenburg.nabu.de/naturschutz/wald/eichen/14981.html

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Quelle:
Pressedienst, 15.08.2013
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2013