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LÄRM/142: Fortgesetzter Verspätungsrekord am "Helmut Schmidt-Airport" (BAW)


BAW - Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein - Pressemitteilung, 26. September 2018

Fortgesetzter Verspätungsrekord am "Helmut Schmidt-Airport":

Großteil der nächtlich verspäteten Starts und Landungen sind unzulässig!


Gänzlich unbeeindruckt vom politischen Aktionismus des Hamburger Senats setzt sich der Negativtrend zum alltäglichen Bruch der regulären Nachtruhe am Hamburger Verkehrsflughafen fort.

"Zum Monatsende September wird die Negativmarke von 1.000 Flugbewegungen nach 23 Uhr am innerstädtisch gelegenen Hamburger Verkehrsflughafen überschritten werden", ist sich Martin Mosel, Sprecher der Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW), sicher. Im vergangenen Jahr trat dieses Malusereignis erst Ende Dezember ein und in den Vorjahren gar nicht. "Ein weiterer Beleg dafür, dass alle bisherigen Bemühungen seitens der Verantwortungsträger in Politik und Verwaltung wirkungslos geblieben sind", verdeutlicht Mosel. "Besonders dreist ist das Handeln, da acht von zehn Starts und Landungen außerhalb der offiziellen Betriebszeit hätten gar nicht stattfinden dürfen, da sie vermeidbar waren. Hierzu zählen Umlaufverspätungen, Abfertigungsverzögerungen, Unpässlichkeiten der Flugzeugbesatzung, Ermüdungen an Verschleißteilen und weitere nichtige Gründe. Lediglich 15% der nächtlichen Verspätungen sind tatsächlich unvermeidbar. Anzuerkennen sind Sicherheitsgründe ebenso wie unvorhersehbares Technikversagen, plötzliche Wetterwechsel sowie wilde Streiks", erläutert Mosel den massiven Missstand, der seitens der Hamburger Luftfahrtbehörde (BWVI) jedoch stillschweigend geduldet wird. "Liegt dies daran, dass die Stadt Hamburg die Mehrheitseigentümerin an der kommerziellen Flughafenbetreibergesellschaft ist?" fragt sich Mosel.

Raute


Erläuterung zu den Verspätungsgründen

Die Gesamtanzahl an nächtlich verspäteten Flugbewegungen von Linien- und Touristikfliegern am "Helmut Schmidt-Airport" zwischen 23 Uhr und 6 Uhr betrug zum Monatsende August laut Senatsauskunft 892 Starts und Landungen (FHH Drs. 21/14288). Die seitens der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) angegebene Zahl von 876 Starts und Landungen bezieht sich lediglich auf die Zeitspanne von 23 Uhr bis 24 Uhr. Die FHG "unterschlägt" die besonders belastenden Flüge nach Mitternacht in ihrer Statistik.


Anzahl und Anteil unvermeidbarer und vermeidbarer nächtlicher Flugbewegungen am 'Helmut-Schmidt-Airport' - Tabelle/Grafik: © BAW

Grafik: © BAW

Umlaufverspätung: Eine Umlaufverspätung kommt dadurch zustande, dass die Fluggesellschaften zur Gewinnmaximierung die Standzeiten am Boden zu knapp bemessen. Bereits bei der kleinsten "Verzögerung im Betriebsablauf" (s.o. und u.) kann dann der Flugplan nicht mehr eingehalten werden. Da schlechte Planung heilbar ist, sind nächtliche Verspätungen, die hieraus resultieren als abwendbar (d.h. vermeidbar) anzusehen.

Wetter: Im Winter ist damit zu rechnen, dass es derart kalt (und feucht) ist, dass Flugzeuge enteist werden müssen. Hieraus ein unvorhersehbares Ereignis ableiten zu wollen, ist absurd. An der klimabedingten Zunahme von Extremwetterereignissen (insbesondere in den Sommermonaten), ist der Luftverkehr wesentlich beteiligt, d.h. er ist Teil des Problems. Schlechtwetter (norddeutsch: Schietwetter) kann daher nur bedingt als unvermeidbarer nächtlicher Verspätungsgrund angesehen werden.

Technik: Technikversagen an Verschleißteilen fußt auf mangelhafter Wartung - dies ist vermeidbar. Unvorhersehbares Technikversagen kann als solches anerkannt werden. Technische Gründe können daher nur bedingt als unvermeidbarer nächtlicher Verspätungsgrund angesehen werden.

Crew: Knickt der Steward auf der Rolltreppe um oder kommt die Pilotin zu spät zum Gate, kann dies nicht ernsthaft als unvermeidbar angesehen werden. Nächtliche Verspätungen, die aus Personalgründen resultieren sind vollumfänglich vermeidbar.

Abfertigung: Das händische Be- und Entladung eines Passagierflugzeuges erinnert eher an mittelalterlichen Bergbau, denn an das 21. Jahrhundert - "Knechten für die Billigflieger" ist das Motto. Kein Wunder, dass sich bei dem gezahlten Hungerlohn zunehmend weniger Personal findet. Da schlechter Bezahlung und krankmachenden Arbeitsbedingungen Abhilfe geleistet werden kann, sind nächtliche Verspätungen, die abfertigungsseitig entstehen, vollumfänglich vermeidbar.

Sicherheit: Niemand am Boden möchte, dass ihm ein Flugzeug auf den Kopf fällt. Hinreichende Sicherheitskontrollen sind daher unabdingbar. Nächtliche Verspätungen, die aus Sicherheitsaspekten resultieren, sind unvermeidbar.

Streiks: Wenn die Arbeitsplatzbedingungen derart schlecht sind, wie im Billigflugsektor, muss man/frau sich über Streiks nicht wundern. Gute Bezahlung und wertschätzender Umgang mit dem Personal reduzieren Streiktage maßgeblich. Nächtliche Verspätungen aufgrund von Streiks sind daher nur bedingt als unvermeidbar anzusehen.

www.nachts-ist-ruhe.de

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Quelle:
Pressemitteilung, 26.09.2018
BAW Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz
in Hamburg und Schleswig-Holstein
Bilenbarg 21, 22397 Hamburg
E-Mail: presse@baw-fluglärm.de
Internet: www.baw-fluglaerm.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2018

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