Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-News | 24.11.2022 #Wasser & Meere
Algenstrategie, Fischereibeschränkung und Haischutz im
Südatlantik
Die EU-Kommission will den europäischen Algensektor stärken und nachhaltig
ausbauen. EU-Parlament bestätigt Beschränkung für Fischereitätigkeiten in
nationalen Gewässern bis 2032. Kleiner Durchbruch beim Haischutz.
Die EU-Kommission hat letzte Woche ihre lang erwartete Algenstrategie vorgelegt. Diese enthält 23 Maßnahmen und soll die Entwicklung eines "starken und nachhaltigen" EU-Algensektors unterstützen, insbesondere als Quelle für Nährstoffe und Proteine für den menschlichen Verzehr in einem nachhaltigeren europäischen Lebensmittelsystem. Die Eurogroup for Animals begrüßte den "spezifischen und gezielten Ansatz", den die EU verfolge. Allerdings dürfe der Algenanbau im Meer das Gleichgewicht der Meeresökosysteme nicht beeinträchtigen. In den Ozeanen dürften sich nicht die gleichen ökologischen Fehler wiederholen, die an Land gemacht wurden.
Die Nachfrage in Europa nach Lebensmitteln und Getränken, die Algen enthalten, habe sich zwischen 2011 und 2015 mehr als verdoppelt und die jährlichen Wachstumsraten für zwei wichtige Algenarten dürften in den kommenden Jahren weiter steigen, da es eine steigende Nachfrage nach veganen und vegetarischen Produkten gebe. Algen werden in Europa unter anderem als Nahrungsmittel, Tierfutter, zur biologischen Sanierung (Bioremediation) sowie für chemische Produkte wie Biokraftstoffe, Düngemittel, Arzneimittel, Kosmetika und andere aufkommende industrielle Anwendungen verwendet.
Bislang habe die Kommission den Sektor durch ihre Fischereisubventionsregelung und ihre Forschungsförderungsprogramme unterstützt. Zu den zusätzlichen Maßnahmen im Rahmen der neuen Strategie gehören eine neue Stakeholder-Plattform (EU4Algae)[1], die Entwicklung technischer Standards für Extraktionsverfahren, neue Produkte, Verbraucherumfragen und Lebenszyklusbewertung sowie die Steigerung des Bekanntheitsgrads von Produkten auf Algenbasis durch Initiativen zur Lebensmittelkennzeichnung und zur öffentlichen Beschaffung.
Außerdem werde die EU-Kommission Leitlinien entwickeln, um den Ersatz von Fischfutter durch Algenprodukte zu fördern. In ihren strategischen Leitlinien für die Aquakultur [2] im Rahmen des europäischen Green Deal hatte die Kommission bereits 2021 darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, die Aquakultur auf Arten mit niedrigem Trophiegrad umzustellen. Nach Ansicht der Eurogroup for Animals sollte die neue Algenstrategie diesem Grundsatz folgen und den veralteten Förderansatz zur alleinigen Zucht von Raubfischen vermeiden. Ein Umdenken beim Anbau von Lebensmitteln ist auch in der Farm-to-Fork-Strategie (EU-News 20.05.2020)[3] verankert.
EU-Länder können den Zugang für Fischereifahrzeuge anderer Mitgliedstaaten zu ihren nationalen Hoheitsgewässern innerhalb von 12 Seemeilen vor ihrer Küste für weitere zehn Jahre beschränken. Das EU-Parlament hat am Mittwoch die mit dem Rat im September erfolgte vorläufige Einigung zu den Regeln für den beschränkten Zugang von EU-Fischereifahrzeugen zu nationalen Gewässern formal bestätigt. Der Zugang werde bis Ende 2031 nur Schiffen gewährt, die traditionell in diesem Gebiet fischen. Auf diese Weise könnten die Mitgliedstaaten den fischereilichen Druck in einigen Gebieten verringern und die lokale Wirtschaft entlang ihrer Küsten erhalten. Wenn der Rat die Einigung ebenfalls formal bestätigt hat, tritt die Regelung am 1.1.2023 in Kraft. Die Regelung spiegele mehrere bilaterale Anpassungen und Änderungen nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs wider, so das Parlament. Die Abgeordneten forderten die EU-Mitgliedstaaten außerdem auf, Empfehlungen für die Grundschleppnetzfischerei im Ärmelkanal abzugeben, die den lokalen Bedürfnissen Rechnung tragen. Dann könne die Kommission technische Maßnahmen ergreifen, die wissenschaftliche Bewertungen und die sozioökonomischen Auswirkungen möglicher Beschränkungen berücksichtigen. Die Grundschleppnetzfischerei wirkt sich besonders zerstörerisch auf Meeresböden und Ökosysteme aus.
Nach jahrzehntelanger Überfischung ohne Managementmaßnahmen soll es jetzt
erstmals Fangbeschränkungen für die bedrohten Haie im Südatlantik geben.
Das ist ein Beschluss der ICCAT, der Internationalen Kommission für die
Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik. Sie ist die regionale
Fischereiorganisation (RFMO), die den Fang von Thunfisch, Schwertfisch und
Haien im Atlantik regelt. Die Naturschutzorganisationen Sharkproject und
Pro Wildlife begrüßten am Mittwoch die Entscheidung der 23. Sondersitzung
der ICCAT in Vale do Lobo. Die Organisationen bedauern jedoch, dass ein
vollständiges Fangverbot, wie ursprünglich von der Europäischen Union
vorgeschlagen, von Südafrika und Namibia blockiert wurde. [jg]
EU-Kommission: Towards a strong and sustainable EU algae sector
https://oceans-and-fisheries.ec.europa.eu/publications/communication-commission-towards-strong-and-sustainable-eu-algae-sector_en
Reaktion Eurogroup for animals: Commission set to unlock potential of EU
algae sector
https://www.eurogroupforanimals.org/news/commission-set-unlock-potential-eu-algae-sector
EU-Parlament: Rules on limited access of EU fishing vessels' to national
waters extended
https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20221118IPR55720/rules-on-limited-access-of-eu-fishing-vessels-to-national-waters-extended
Pro Wildlife: Schutz der Makohaie auf den Südatlantik ausgeweitet
https://www.prowildlife.de/aktuelles/pressemitteilung/schutz-der-makohaie-auf-den-suedatlantik-ausgeweitet/
Links:
[1] https://webgate.ec.europa.eu/maritimeforum/en/frontpage/1727
[2] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_1554
[3] https://www.dnr.de/aktuelles-termine/aktuelles/farm-fork-strategie-bruessel-stellt-plan-fuer-nachhaltigere
*
Quelle:
EU-News, 24.11.2022
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: https://www.dnr.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 25. November 2022
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