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BUCH/600: Schwarzbuch Deutsche Bahn (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 105/2.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

bücher

Schwarzbuch Deutsche Bahn


Bücher über die Bahn liegen seit ein paar Jahren im Trend, aber dieses hier ist anders: Ein umfassendes Werk über die Situation in und um die Bahn. Den beiden JournalistInnen Esser und Randerath (ZDF, Frontal21) ist es gelungen, in komprimierter Form alle Facetten dieses Unternehmens zu behandeln. Zunächst glaubt man sich im Bahnhasserbuch von 2003 zu befinden, die Berichte schildern Situationen beim Bahnfahren, die wir oft, oft sogar täglich erleben.

Aber schnell wird klar: hier geht es um den Blick hinter die Kulissen. Was führt zu den merkwürdigen Bahntarifen, weshalb sind die Bahnangestellten oft unwirsch und so gar nicht kundenfreundlich? Wer ist für die gebrochenen Achsen der ICEs verantwortlich? Wer trägt Schuld an der Bespitzelung der MitarbeiterInnen? Wer legt eigentlich noch immer Bahnstrecken still? Wo sind InterRegio und Intercity hin? Hier werden Personen und Fakten benannt. Die Beweisführung ist klar und nachvollziehbar. Man darf diesem Buch glauben - auch, wenn man nicht jahrelang die Puzzleteile des Bahndesasters erlebt und darunter gelitten hat.

Was das Buch auch für BahnkennerInnen interessant macht, sind die Einblicke in Personalbereiche: Denn nicht alle im Bahnmanagement sind die Bösen. Es gibt sie durchaus, die MitarbeiterInnen, die hinterfragen, ob Abläufe korrekt sind, ob Entscheidungen dem Unternehmensziel dienen, das mitnichten Privatisierung heißt. Wie "Die Bahn" mit ihnen umgeht, konnte man bisher nur ahnen. Die Schilderungen zeigen: Sie wurden von ihren Posten gedrängt, mit Gerichtsverfahren und hohen Strafen belegt. Manches Mal mit einer Niederlage der Bahn. Aber danach wurde weiter gegängelt und gezielt aus dem Unternehmen gedrängt. Eigentümerin: Bundesrepublik Deutschland. Beschämend.

Es ist kurzweilig, den Bahnwahnsinn zu konsumieren, obwohl das Buch überhaupt nicht lustig ist. Es sind keine Kleinigkeiten, sondern schockierende Skandale! Tragisch ist daran, dass es um extreme Summen unseres Volksvermögens geht, um den täglichen Bedarf an Mobilität, um nachhaltigen Umgang mit dem letzten Staatsbetrieb der Bundesrepublik Deutschland. Die "Bahn" gehört zwar uns allen, aber sie erfüllt nicht ihre soziale Aufgabe - weder den KundInnen noch den MitarbeiterInnen gegenüber.

Sie ist zu einem Wirtschaftsbetrieb verkommen, der mit gefährlichen Sparmaßnahmen und Entlassungen Gewinne erzielt, um nach wie vor an die Börse gehen zu wollen. Und überall auf der Welt so tut, als wäre sie ein Global Player, zuhause jedoch noch nicht einmal die wichtigsten Sicherheitsregeln beachtet und das Leben seiner Fahrgäste gefährdet. Nicht zuletzt befriedigt die Bahn auch gerne das grüne Gewissen ihrer KundInnen - aber auch in diesem Bereich ist einiges auf dem Abstellgleis. Der Anteil regenerativer Energien ist bei der Bahn zu gering, das Buch zeigt auf, was Marketing an dieser Stelle vertuscht. Am Ende ist man ernüchtert - die PolitikerInnen sind entlarvt, die BahnmanagerInnen sowieso.

Aber was ist das Fazit, was ist die Handlungsempfehlung des Buches? Die beiden AutorInnen zeigen zwar sehr klar die Fehler auf, aber was dagegen unternommen wurde oder in Zukunft getan werden kann, wird nur am Rande erwähnt. Wo bleibt das Volk, weshalb versinken die Fahrgäste in Lethargie? Welchen Effekt hatten eigentlich Aktionen gegen die Privatisierung und den Börsengang? Kurz erwähnt wird das "Bündnis Bahn für alle". Aber sind solche Aktivitäten wirklich so wirkungslos, wie es im Buch den Anschein hat? Besser man steigt mit ROBIN WOOD mal wieder auf eines der Bahndächer, um zu zeigen: so nicht!

Felix Kupferschmidt, Augsburg


Christian Esser, Astrid Randerath
Schwarzbuch Deutsche Bahn
C. Bertelsmann Verlag, 2010
304 Seiten, 19,95 Euro
mit Karikaturen von Klaus Stuttmann
ISBN 978-3-570-10036-3


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 105/2.2010, S. 51
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2010