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ATOM/233: Atomenergie macht krank - IPPNW fordert zum 23. Tschernobyltag das endgültige Aus (IPPNW)


IPPNW-Presseinfo vom 23. April 2009

Atomenergie macht krank

IPPNW fordert zum 23. Tschernobyltag das endgültige Aus für die Atomenergie


Zum 23. Jahrestag der Tschernobylkatastrophe warnt die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW vor einer so genannten "Renaissance der Atomenergie", die jetzt auch die IAEO propagiert. "Die gesundheitlichen Risiken der Atomenergie sind nicht beherrschbar, angefangen vom Uranbergbau über den laufenden Betrieb der Atomkraftwerke bis hin zur Endlagerung", so Dr. med. Angelika Claußen, Vorsitzende der IPPNW. "Seit der größten industriellen Katastrophe in Tschernobyl gibt es eine erdrückende Anzahl von wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass die Atomenergienutzung Gesundheit und Leben der betroffenen Menschen gefährdet."

Eine Studie der IPPNW und der Gesellschaft für Strahlenschutz aus dem Jahr 2006 dokumentiert anhand von zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten die Vielfalt und das katastrophale Ausmaß der gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl. Drei unterschiedliche Effekte sollen beispielhaft aufgeführt werden: A. Allein in der Region Gomel in Weißrussland werden laut WHO 50.000 Kinder im Laufe ihres Lebens an dem eigentlich seltenen Schilddrüsenkrebs erkranken. B. Über 90% der Liquidatoren sind krank und arbeitsunfähig; das heißt von den ca. 800.000 Liquidatoren sind über 700.000 betroffen. C. Exponierte Väter übertragen die genetischen Effekte auf ihre Nachkommen, obwohl keines der betroffenen Kinder direkt mit Strahlung in Berührung kam. Außerdem haben Fehlbildungen und die Säuglingssterblichkeit in Folge des Reaktorunfalls deutlich zugenommen. Die vorliegenden Studien ergaben für West- und Nord-Europa 5.000 zusätzliche Todesfälle unter Säuglingen. Allein in Bayern kam es nach Tschernobyl zu 1.000 bis 3.000 zusätzlichen Fehlbildungen.

Doch bereits der ganz alltägliche Normalbetrieb von Atomanlagen mit seinen "erlaubten Emissionen" bedeutet eine gesundheitliche Gefahr, vor allem für Kinder. Je näher Kleinkinder an einem AKW leben, desto höher ist ihr Risiko, an Krebs und Leukämie zu erkranken. Das wies Ende 2007 die bisher aufwändigste Studie zu diesem Thema zweifelsfrei nach. Konsequenzen hatte das bis jetzt noch nicht. Die IPPNW fordert eine Verbesserung des Strahlenschutzes und eine verständliche und sachgerechte Aufklärung der Bevölkerung.

Atomkraftwerksarbeiter haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an einem Krebsleiden zu sterben. Schon durch eine nur gering erhöhte Strahlenexposition erhöht sich dieses Risiko um zehn Prozent.

Auch die Verarbeitung und Nutzung des Urans ist mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden. Eine 2007 veröffentlichte Studie der indischen IPPNW über die gesundheitlichen Folgen des Uranbergbaus in der Umgebung der Uranmine in Jadugoda im Nordosten Indiens zeigt eindeutige Ergebnisse: Kindliche Fehlbildungen, Unfruchtbarkeit bei Paaren sowie Krebserkrankungen treten in der radioaktiv kontaminierten Zone im Vergleich zur Kontrollregion deutlich erhöht auf.

Die IPPNW warnt: "Atomenergie macht krank". "Wir kritisieren die anhaltende Verharmlosung der gesundheitlichen Folgen der Atomenergie. Energieversorgung durch 100% Erneuerbare Energien ist möglich. Die Erneuerbaren decken schon jetzt weltweit 18% des Energiebedarfs, die Atomenergie jedoch nur 2%", so die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen.

Das Hintergrundpapier von Dr. Claußen können Sie downloaden unter
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Atomenergie_macht_krank.pdf

Die Studie zu den gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl finden Sie unter
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Gesundheitliche_Folgen_Tschernobyl.pdf
und die Studie der indischen IPPNW kann unter
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/black_magic_at_jadugoda2007idpd.pdf
abgerufen werden.


Über die IPPNW:

Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


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Quelle:
Presseinformation der IPPNW - Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 23.04.2009
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel.: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2009