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KOHLEALARM/162: Klimakampf und Kohlefront - Planung, Sicherheit und Fragen ... (Grüne Liga Cottbus)


GRÜNE LIGA Umweltgruppe Cottbus - Pressemitteilung vom 01.06.2015

Betroffene aus den Tagebaugebieten fordern Klimaschutzbeitrag der Braunkohle und Perspektiven für ihre Regionen nach der Kohle


1. Juni 2015 - Berlin / Köln / Lützen / Cottbus. Zwei Tage vor einem Treffen von Wirtschaftsminister Gabriel mit den Landesministern zum Klimabeitrag haben Betroffene aus den Braunkohletagebauregionen im Rheinland, in der Lausitz und in Mitteldeutschland Bundeskanzlerin Merkel in einem offenen Brief dazu aufgefordert, an der vorgelegten "Klimaabgabe" festzuhalten sowie einen klaren Fahrplan für ein geordnetes und sozialverträgliches Auslaufen der Braunkohlenutzung vorzulegen. In ihrem Brief weisen die rund 50 Bürgermeister, Ortsvorsteher, Landes- und Kommunalpolitiker sowie Vertreter von Bürgerinitiativen auf die gravierenden Folgen des Kohleabbaus für ihre Regionen hin, die durch weitere geplante Tagebaue zusätzlich verschärft würden.

Der Braunkohleabbau schade nicht nur Natur und Klima, sondern habe auch eine soziale und wirtschaftliche Dimension. Er zerstöre in den Regionen die Dörfer, Kulturgüter, Ackerflächen, Infrastruktur und Traditionen und bedrohe Selbständige, Unternehmen und Landwirte in ihrer Existenz. "Mit dem fortschreitenden Tagebau verlieren wir unsere Heimat und Lebensgrundlagen. Richtig ist auch, dass die von uns vertretenen Menschen bis heute mit Strukturbrüchen kämpfen müssen, wenn über Jahrhunderte gewachsene Dörfer und Städte, Nachbarschaften und Gemeinschaften der Braunkohle weichen", heißt es in dem Brief.

Die Vertreter der Betroffenen kritisieren, dass trotz der Klimaziele auf Bundes- und Landesebene neue Tagebaue geplant würden, mit denen Braunkohle noch weit über 2050 hinaus abgebaut werden könne. Trotz der Energiewende würden so noch weitere zehntausend Menschen aus mehr als 30 Ortschaften ihre Heimat verlieren. Den Menschen würde vorgetäuscht, dass Braunkohle noch bis über die Mitte des Jahrhunderts gebraucht würde.

Damit der Braunkohleausstieg in den Regionen nicht zu unnötigen Härten führe, sei es umso wichtiger, dass der Strukturwandel frühzeitig vorbereitet und schrittweise eingeleitet werde. Wer die allmähliche Drosselung der ältesten Kohlekraftwerke verhindere, nehme in Kauf, dass der Kohleausstieg die Regionen und Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt umso abrupter und schmerzhafter treffe. "Beide Gruppen - Arbeitnehmer wie vom Braunkohletagebau betroffene Menschen und Kommunen - brauchen Klarheit und Planungssicherheit, auf deren Grundlage neue Perspektiven geschaffen werden", heißt es im Brief.

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Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin

29. Mai 2015

Offener Brief zum "Nationalen Klimaschutzbeitrag der deutschen Stromerzeugung" im Namen der Betroffenen aus den Braunkohletagebau- und Kraftwerksregionen

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir schreiben Ihnen, um Ihnen unsere Unterstützung für die Energiewende und das Anliegen der Bundesregierung auszusprechen, die deutschen Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken und dafür die ungezügelte Braunkohleverstromung mit einem Klimaschutzbeitrag von 22 Megatonnen CO 2 zu drosseln.

Als Bewohner und Anlieger der Braunkohlereviere im Rheinland, der Lausitz und in Mitteldeutschland sind wir seit Jahrzehnten vom Abbau und der Verstromung der Braunkohle unmittelbar betroffen. Braunkohle ist für uns nicht nur mit erheblichen Schäden für Natur und Klima verbunden, ihre Förderung hat auch soziale und wirtschaftliche Dimensionen. Der Abbau zerstört unsere Dörfer, Kulturgüter, Ackerflächen, Infrastruktur und Traditionen. Er zerrüttet Dorfgemeinschaften und bedroht Selbständige, Unternehmen und Landwirte, die mit dem Tagebau und der Umsiedelung ihre Kunden, Ackerflächen oder gar ihre Existenz verlieren. Selbst über die Tagebaukante hinaus beeinträchtigt der Abbau die Lebensqualität der Menschen, etwa durch die weiträumige Absenkung und Verschmutzung des Grundwassers, Bergschäden, gesundheitsgefährdenden Staub und Lärm. Mit dem fortschreitenden Tagebau verlieren wir unsere Heimat und Lebensgrundlagen.

Im Widerspruch zu den Klimazielen der Bundes- und Landesregierungen werden in Deutschland neue Tagebaue geplant, mit denen Braunkohle noch weit über 2050 hinaus abgebaut werden könnte. Im Zeitalter von Energiewende und Erneuerbaren Energien sollen weitere zehntausend Menschen aus mehr als 30 Ortschaften ihre Heimat für die Braunkohle verlieren. Das bedroht nicht nur die deutschen Klimaziele, sondern auch die Regionen, in denen den Menschen vorgetäuscht wird, dass Braunkohle noch bis über die Mitte des Jahrhunderts gebraucht würde.

Dies geht an der Zeit vorbei. Das Ende der Braunkohle ist absehbar und notwendig. Damit der Braunkohleausstieg in den Regionen nicht zu unnötigen Härten führt, ist es umso wichtiger, dass der Strukturwandel frühzeitig vorbereitet und schrittweise eingeleitet wird. Der von der Bundesregierung vorgeschlagene Klimaschutzbeitrag ist ein wichtiger, erster Schritt in diese Richtung und sollte nicht abgeschwächt werden.

Die Braunkohleindustrie warnt vor Strukturbrüchen, wenn der Klimaschutzbeitrag kommt. Die Wahrheit ist: Wer die allmähliche Drosselung der ältesten Kohlekraftwerke heute verhindert, nimmt in Kauf, dass der Kohleausstieg die Regionen und Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt umso abrupter und schmerzhafter trifft. Richtig ist auch, dass die von uns vertretenen Menschen bis heute mit Strukturbrüchen kämpfen müssen, wenn über Jahrhunderte gewachsene Dörfer und Städte, Nachbarschaften und Gemeinschaften der Braunkohle weichen. Beide Gruppen - Arbeitnehmer wie vom Braunkohletagebau betroffene Menschen und Kommunen - brauchen Klarheit und Planungssicherheit, auf deren Grundlage neue Perspektiven geschaffen werden.

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben bereits im Jahr 2007 deutlich gemacht, dass es kein "Weiter so" geben kann und eine Energiewende mit ambitionierten Klimazielen durchgesetzt. Nun gilt es die ungebremste Verstromung der Braunkohle mit dem Klimaschutzbeitrag erstmals zu drosseln. Deutschland braucht einen klaren Fahrplan für ein geordnetes und sozialverträgliches Auslaufen der Braunkohle. Wir bitten Sie, sich mit Nachdruck für den ursprünglichen Entwurf zum nationalen Klimaschutzbeitrag der deutschen Stromerzeugung in vollem Umfang einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterzeichner aus der LAUSITZ, aus MITTELDEUTSCHLAND und dem RHEINLAND


Zum offenen Brief:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/2015-05-29_Offener_Brief_der_Braunkohle-Betroffenen_zum_Klimabeitrag.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 1. Juni 2015
GRÜNE LIGA Umweltgruppe Cottbus
c/o Eine-Welt-Laden
Straße der Jugend 94, 03046 Cottbus
Telefon: 0355-4837815
E-Mail: umweltgruppe@kein-tagebau.de
Internet: www.kein-tagebau.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2015

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