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VÖGEL/747: "Vogel des Jahres 2012" - Niedersachsen ist Dohlenland Nr. 2 (NABU NI)


NABU Landesverband Niedersachsen - Hannover, 14. Oktober 2011 - Artenschutz/Vogel des Jahres

'Vogel des Jahres 2012': Niedersachsen ist Dohlenland Nr. 2

NABU und LBV küren Dohle zum 'Vogel des Jahres 2012'
Die intelligenten Singvögel brauchen einen besseren Schutz ihrer Lebensräume


Berlin, Hannover - Der Naturschutzbund NABU und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben heute in Berlin die Dohle (Coloeus monedula) zum 'Vogel des Jahres 2012' gewählt.

"Mit der Ernennung zum Vogel des Jahres wollen wir uns verstärkt für die geselligen und intelligenten Dohlen einsetzen, denn ihre Lebensräume werden immer mehr eingeengt. Dohlen brauchen mehr Naturnähe in unserer Agrarlandschaft, mehr alte Bäume in unseren Wäldern und mehr Natur im Siedlungsbereich", erläuterte Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender Niedersachsen.

Es sei dringend notwendig, die vielseitigen Stimmtalente besser zu schützen, denn Dohlen stünden bereits in mehreren Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. In Niedersachsen gebe es ca. 25.000 Brutpaare und damit sei Niedersachsen Dohlenland Nr. 2 nach Nordrhein-Westfalen mit 45.000 bis 50.000 Brutpaaren. Der Bestand dieser regelmäßig vorkommenden Brutvogelart in Niedersachsen unterliegt keinem Gefährdungsstatus oder Vorwarnstufe. Die Dohle kommt in allen niedersächsischen Landschaftsräumen, außer dem Harz, als Brutvogel vor. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in Niedersachsen in den Landesteilen westlich der Weser. Weitere regionale Schwerpunkte sind die als Grünland genutzten Landschaftsräume Harburger Elbmarschen, die Wümme- und Hamme-Oste-Niederung sowie Räume bei Hannover und Wolfsburg.

"Niedersachsen kommt daher beim Schutz der Dohle nach NRW eine besondere Verantwortung zu", so Dr. Buschmann weiter. Deutschlandweit gebe es gerade einmal rund 100.000 Brutpaare. Während die Dohlenbestände bundesweit rückläufig seien, habe die Dohle in Niedersachsen in den letzten 25 Jahren zugenommen. Nicht zuletzt würde eine Extensivierung der Landwirtschaft auch dem Dohlenbestand zugute kommen. Denn eine Feldflur mit Viehweiden, insektenreichen Mähwiesen und abgeernteten Feldern ist ein idealer Lebensraum für Dohlen und viele andere Tierarten. Doch momentan ist eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft, die durch Vermaisung und vermehrten Grünlandumbruch gekennzeichnet ist, zu beobachten.

Zwar habe sich die Dohle als Kulturfolger in der menschlichen Nachbarschaft gut eingerichtet: Hohe Gebäude böten ihr vorzüglichen Unterschlupf. Weiden, Felder und Wiesen eröffnen ihr einen reich gedeckten Tisch mit Käfern, Heuschrecken, Würmern und Schnecken. Für die Landwirtschaft seien sie damit äußerst nützliche Helfer bei der biologischen Schädlingsbekämpfung. "Doch mit der weiterhin anhaltenden Industrialisierung der Landwirtschaft, dem damit einhergehenden Schwund an Grünlandflächen, der Vermaisung ganzer niedersächsischer Landschaftsräume und flächendeckendem Pestizideinsatz verschwindet zunehmend die Nahrungsgrundlage der Dohlen", erklärte Dr. Buschmann. Zugleich finde die Dohle in unseren Städten und Dörfern immer weniger Nistmöglichkeiten. Denn die Gebäudesanierung, diene zwar wichtigen Energiesparzielen, versperre aber Brutplätze in Nischen, Mauerlöchern, Dachstühlen und Kirchtürmen.

Deshalb rufe der NABU unter anderem dazu auf, die Wohnungsnot der schwarz gefiederten Vögel mit den silberblauen Augen zu lindern. An Gebäuden eigne sich das Anbringen spezieller Dohlen-Nistkästen, die gerne angenommen würden.

Wegen ihrer Vorliebe für Kirchtürme nannte man sie früher "des Pastors schwarze Taube", doch die Türme vieler Gotteshäuser wurden inzwischen zur Taubenabwehr vergittert. Mit seinem Projekt 'Lebensraum Kirchturm' weist der NABU auf die Gefährdung von tierischen Kirchturmbewohnern hin und setzt sich für deren Schutz ein. Seit 2007, als der Turmfalke Vogel des Jahres war, wurden bereits bundesweit 500 Kirchengemeinden mit einer Plakette für ihr vorbildliches Engagement ausgezeichnet. Im Dohlen-Jahr sollen es auch in Niedersachsen noch mehr werden.

Zudem gelte es, naturnahe Altholzbestände und 'Höhlenbäume' zu schützen. "Auch alte Parkbäume in Städten und Siedlungsräumen können diese Funktion erfüllen und dürfen nicht einer übervorsichtigen Verkehrssicherung oder Baumsanierungen zum Opfer fallen", so Dr. Holger Buschmann weiter. Bei den noch verbliebenen Felsbrütern unter den Dohlen müssen Störungen durch Kletterer vermieden werden, etwa indem solche Felsen während der Brutzeit gesperrt werden. Und damit Schornsteine, die noch in Betrieb sind, nicht durch Nistmaterial verstopfen, könne man vorbeugend Schutzgitter oder Abdeckungen anbringen und den Vögeln andernorts alternative Brutplätze anbieten.

Zugleich hoffen der NABU und der LBV auf einen Imagegewinn für den Vogel des Jahres 2012 - denn tatsächlich sind diese kleinsten Vertreter der Rabenvögel weder Unglücksboten oder Pechvögel noch Rabeneltern. Vielmehr beeindrucken Dohlen durch ihr hoch entwickeltes Familien- und Gesellschaftsleben. Schon der Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz war fasziniert von den lernfähigen und intelligenten Dohlen mit ihrem so geselligen wie geordneten Kolonieleben. Dohlenpaare sind sich ihr Leben lang treu und auch in der fürsorglichen Beziehung zu ihrem Nachwuchs gelten sie eher als wahre Vorzeigeeltern.

Im Internet ist die Dohle unter www.NABU.de oder www.Vogel-des- Jahres.de zu finden.


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Quelle:
Pressemitteilung, 14. Oktober 2011
Naturschutz aktuell - NABU Pressedienst
Herausgeber: NABU Niedersachsen, Alleestr. 36, 30167 Hannover
Redaktion: Ulrich Thüre (ViSdP), NABU Pressesprecher
Telefon: 05 11 / 9 11 05 - 27, Fax: 05 11 / 9 11 05 - 40
E-Mail: Info@NABU-Niedersachsen.de
Internet: www.NABU-Niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2011