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VÖGEL/638: Überwinternde Störche irritieren Anwohner (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz

Presseinformation vom 25. Oktober 2010

Überwinternde Störche irritieren Anwohner


In den letzten Tagen und Wochen werden immer wieder Weißstörche beobachtet, die nicht in den Süden gezogen sind, so z.B. bei Schwandorf (Opf) oder Hurlach (Obb). Diese Tiere sorgen oft für Aufregung: Können Störche in Bayern überhaupt überwintern? Hier kann weitgehend Entwarnung gegeben werden. In milden Wintern mit wenig Schnee bzw. mäßigem Frost finden die Störche noch genügend Nahrung und können so auch die kalte Jahreszeit bei uns gut überstehen. Der Weißstorch als klassischer Zugvogel verbringt normalerweise das Winterhalbjahr in Afrika. Als Segelflieger meiden die Störche das Mittelmeer und fliegen entweder als sogenannte Ostzieher über Türkei, Israel und Ägypten nach Ost- und Südafrika oder sie wenden sich als Westzieher über Spanien und Gibraltar nach Westafrika. Einige dieser Störche haben in den letzten Jahren einen neuen Trend geprägt, sparen sich den Flug über die Meerenge von Gibraltar und überwintern einfach in Spanien. Durch die verringerte Zugstrecke ergeben sich anscheinend auch Verschiebungen im Verhalten, so dass jedes Jahr einige Störche auffallen, welche tatsächlich erst im Winter verschwinden (Winterflucht). Auch Weißstörche aus ehemaligen Zucht- oder Pflegestationen haben sich das Zugverhalten abgewöhnt und schlagen sich in Süddeutschland durch. So lässt sich beim Weißstorch der mögliche Einfluss des Klimawandels nicht direkt ablesen, diese Fragestellung steht dafür z.B. bei der "Stunde der Wintervögel" im Vordergrund.

Die Befürchtungen besorgter Bürger, dass überwinternde Störche hier erfrieren müssen, sind jedoch unbegründet. "Dem Storch als großem Vogel macht die Kälte kaum etwas aus, da er die Wärme wesentlich besser speichern kann, als z.B. kleine Singvögel wie Meise und Spatz, die immer bei uns überwintern", erklärt Oda Wieding, Storchenbeauftragte des LBV. "Die Weißstörche treten die wochenlange Reise nur wegen der Nahrungsknappheit im europäischen Winter an. Solange allerdings keine geschlossene Schneedecke liegt und strenger, lang anhaltender Frost herrscht, findet der Storch auch in unseren Breiten noch genug Nahrung, v. a. Mäuse, Regenwürmer, kleine Schnecken, Egel, Fische etc." Erst bei anhaltender Nahrungsknappheit streifen die meisten Störche weiter bis in die großen Flußauen oder zum Bodensee bzw. Neusiedler See, wo das Klima etwas günstiger und damit auch das Nahrungsangebot größer ist. Diese Vögel behalten die Storchenschützer im Auge, es ist aber kein Eingreifen notwendig. Auch die Einrichtung einer Futterstelle ist da eher hinderlich, weil sich so die Störche daran gewöhnen und damit auch von einer Fütterung abhängig gemacht werden, während sie andernfalls ihrem Instinkt folgen und bei tatsächlicher Futterknappheit dann doch einen sogenannten Teilzug machen.

Wenn auch Sie überwinternde Störche beobachten, melden Sie diese bitte an den LBV. So kann die jeweilige LBV-Kreisgruppe zusammen mit den Fachleuten von der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde diese überwinternden Einzeltiere überwachen.


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Quelle:
Presseinformation, 25.10.2010
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Verband für Arten- und Biotopschutz
Landesgeschäftsstelle Hilpoltstein
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel. 09174/4775-0, Fax 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2010