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VIELFALT/079: Natur um acht Millionen Jahre zurückgeworfen (idw)


Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, 09.01.2017

Natur um acht Millionen Jahre zurückgeworfen


Eine Forschergruppe unter Beteiligung von Luis Valente vom Museum für Naturkunde Berlin untersuchte die Evolutionsgeschichte an Hand von Fledermausarten in der Karibik. Die neue Studie zeigt, dass das Langzeit-Gleichgewicht einer Artenzahl durch unzählige Aussterbewellen gestört wird. Viele davon sind vom Menschen verursacht. Mittels Computersimulationen stellten die Forscher fest, dass die Natur mindestens acht Millionen Jahre brauchen würde, um die durch das Aussterben verlorene Artenvielfalt wiederherzustellen.

Inseln sind natürliche Evolutionslabore und beherbergen viele einzigartige Spezies von Pflanzen und Tieren, die sonst nirgendwo auf der Welt anzutreffen sind. Seit der Ankunft der Menschen haben die Inseln jedoch viele dieser Arten eingebüßt. Allein in der Karibik sind nach der Kolonisierung durch den Menschen über die Hälfte aller Säugetierarten ausgestorben. Kann die Natur die Zahl der vor Ankunft der Menschen vorhandenen Arten wieder erreichen? Und wie lange würde es dauern, bis die Artenvielfalt wiederhergestellt ist?

Diesen Fragen sind Luis Valente vom Museum für Naturkunde Berlin, Liliana Dávalos von der Stony Brook University (USA) zusammen mit Rampal Etienne von der Universität Groningen (Niederlande) nachgegangen und stellten Daten zur vielfältigsten Säugetiergruppe auf den Großen Antillen - den Fledermäusen - zusammen. Das Forschungsteam untersuchte die in der Neuen Welt vorkommenden Blattnasen und nahe verwandte Arten. Es ist eine ökologisch vielseitige, in den Tropen beheimatete Gruppe, zu der das Fische fangende Große Hasenmaul, viele Feigen fressende Fledermäuse und die berühmt-berüchtigten Vampire gehören. Mithilfe genetischer und fossiler Daten für alle in den Großen Antillen bekannten Fledermausarten, auch solchen, die in den letzten zwanzigtausend Jahren ausgestorben sind, rekonstruierten die Forscher die Evolutionsgeschichte dieser Tiergruppe. Sie kamen zu dem überraschenden Ergebnis, dass fast ein Drittel aller Fledermausarten auf den Großen Antillen in diesem Zeitraum ausgestorben war. Es ist zwar umstritten, ob dieses Aussterben durch natürliche Veränderungen oder menschliches Handeln ausgelöst wurde, aber die neuesten fossilen Daten belegen, dass die größte Welle des Fledermaussterbens nach der Besiedlung durch Menschen eintrat.

Auf diesem Ergebnis aufbauend verwendeten die Forscher Computersimulationen um vorauszusagen, wie lange die Inseln wohl brauchen würden, um sich von dem Verlust der ausgestorbenen Arten zu erholen. Es stellte sich heraus, dass die Natur mindestens acht Millionen Jahre brauchen würde, um die durch das Aussterben verlorene Artenvielfalt wiederherzustellen. Nun spricht im Augenblick viel dafür, dass für das Aussterben vieler Arten Menschen verantwortlich sind. Das bedeutet, dass ein paar Tausend Jahre menschlicher Einwirkung genügen, um die Natur acht Millionen Jahre zurückzuwerfen. Diese erstaunlich lange Zeit bis zur theoretischen Wiederherstellung der Artenvielfalt zeigt, welche gravierenden Folgen die Ausrottung von Arten durch den Menschen für die langfristige Evolutionsdynamik auf Inseln hat.

Die Forschungsarbeiten wurden anteilig unterstützt von der Alexander von Humboldt Stiftung, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Niederländischen Forschungsorganisation NWO und der National Science Foundation.

Publikation:
Valente L., Etienne R.S., Dávalos L.M. Recent extinctions disturb path to equilibrium diversity in Caribbean bats. Nature Ecology and Evolution, In Press.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news666021
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1323

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und
Biodiversitätsforschung, Dr. Gesine Steiner, 09.01.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2017

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