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VÖGEL/1123: Feldlerche ist Vogel des Jahres 2019 (NABU TH/LBV)


NABU Landesverband Thüringen - 12. Oktober 2018

Typischer Agrarvogel im Sinkflug

NABU und LBV: Feldlerche ist Vogel des Jahres 2019 - Situation in Thüringen


Jede dritte Feldlerche ist verschwunden. Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, küren NABU und LBV die Feldlerche zum "Vogel des Jahres 2019". Das Hauptverbreitungsgebiet innerhalb des Freistaates liegt im Thüringer Becken, besiedelt werden aber auch die Höhenlagen. Die Naturschützer machen die intensive Landwirtschaft für den Rückgang verantwortlich und starten die Mitmach-Aktion "Meine 114 Euro". NABU und LBV rufen Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Wünsche an eine Agrarreform EU-Parlamentariern aus ihrem Wahlkreis zu übermitteln und so zur Rettung der Feldlerche und anderer Feldvögel beizutragen.


Jena - Seit jeher freuen sich Menschen über den fröhlichen, beschwingten Gesang der Feldlerche. Da verwundert es nicht, dass dieser Himmelsvogel als Symbol der Heiterkeit

und des munteren Liedes gilt. "Einen Anlass zum fröhlichen Singen haben die Feldlerchen allerdings nicht, da ihre Bestände zurückgehen", berichtet Klaus Lieder, der Sprecher des Landesfachausschusses für Ornithologie im NABU Thüringen. Als Grund nennt der Vogelexperte unter anderem die intensive Landwirtschaft. "Feldlerchen leiden zum Beispiel unter dem großflächigen Anbau von hochwüchsigen Feldfrüchten wie Mais, Raps und Wintergetreide und an dem Rückgang der Insekten."


Eine Feldlerche - Foto: © Peter Lindel

Foto: © Peter Lindel

Um auf die schwierigen Lebensumstände der Feldlerche (Alauda arvensis) aufmerksam zu machen, haben der NABU und sein bayerischer Partner LBV, Landesbund für Vogelschutz, die Feldlerche zum "Vogel des Jahres 2019" gewählt. Mit der Auswahl verbinden die Verbände die Forderung nach einer grundlegenden Änderung der europäischen Agrarpolitik. Auf den Star, Vogel des Jahres 2018, folgt ein weiterer Vogel der Agrarlandschaft. Damit küren der NABU und der LBV die Feldlerche zum zweiten Mal zum "Vogel des Jahres" nach 1998. Eine gute Wahl, findet Klaus Lieder, denn trotz aller Anstrengungen setzt sich der alarmierende Rückgang des einstigen Allerweltsvogels fort.

Mit 1,3 bis 2 Millionen Revieren gehört die Feldlerche zwar immer noch zu den häufigen Vögeln Deutschlands, allerdings befinden sich ihre Bestände in einem deutlichen Sinkflug. Ein Drittel der Feldlerchen sind in den vergangenen 25 Jahren verschwunden. Zwischen 1990 und 2015 gab es einen Bestandsrückgang um 38 Prozent, wie offizielle Monitoringdaten des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten belegen. Aus vielen Gebieten Deutschlands ist die Feldlerche bereits völlig verschwunden. "In Thüringen liegt der Brutbestand der Feldlerche zwischen 80.000 bis 160.000 Brutpaaren.

Als ihr Hauptverbreitungsgebiet kann man wohl das Thüringer Becken benennen. Besiedelt werden aber auch Ackerflächen bis in alle Höhenlagen in Thüringen. Vor allem Flächen mit extensiver Beweidung, wie zum Beispiel bei Crawinkel weisen einen hohen Brutbestand auf", erklärt Klaus Lieder. Der NABU-Vogelexperte hat auch eine besondere Beziehung zu den Feldlerchen und kommt ins Schwärmen: "Für mich ist es ein besonderes Erlebnis, wenn ich zur Zugzeit in der Feldflur stehe und tausende ziehende Feldlerchen beobachten kann. An kalten sonnigen Wintertagen ist es aber auch ein ganz besonderes Glücksgefühl, wenn ziehende und rufende Feldlerchen über den Städten zu hören sind, was auf den nahenden Frühling hinweist." Auch konnte der Naturfreund die eine oder andere Feldlerche ganz aus der Nähe beobachten. "Während eines Spazierganges fand ich ein Feldlerchennest mit vier Jungvögeln. Zwei Tage später war die Wiese gemäht und ich befürchtete das Schlimmste. Die vier Jungvögel hatten zu meiner Überraschung überlebt. Über dem Nest lag jedoch ein Grasschwaden. Schnell nahm ich den Grasschwaden weg und die Altvögel konnten wieder füttern. Bei späteren Spaziergängen konnte ich beobachten, wie die Altvögel die Jungen erfolgreich großzogen".

"Meine 114 Euro"

Die Feldlerche steht als Jahresvogel auch stellvertretend für andere Feldvögel, wie Kiebitz und Rebhuhn, denen es zum Teil sogar noch schlechter geht. Die immer intensivere Landwirtschaft ist zum Hauptgrund für das Artensterben in Europa geworden. NABU und LBV fordern deshalb für die derzeit laufenden Verhandlungen über die künftige EU-Agrarpolitik ein radikales Umsteuern. Derzeit fließen jährlich 58 Milliarden Euro Agrarsubventionen überwiegend als pauschale Flächenprämien an Landwirte. Das sind 114 Euro pro EU-Bürger. Diese Gelder müssen künftig, statt in Massenproduktion, gezielt für eine naturverträgliche Landwirtschaft investiert werden, um Arten wie die Feldlerche zu retten. Bisher haben sich jedoch weder die Bundeskanzlerin noch ihre Agrarministerin Julia Klöckner am Verhandlungstisch in Brüssel klar dazu bekannt. Die Feldlerche - und mit ihr unsere ländlichen Lebensräume inklusive ihrer ganzen Artenvielfalt - haben jedoch nur eine Chance, wenn die Bundesregierung auf EU-Ebene die Weichen der Agrarpolitik richtig stellt.

NABU und LBV rufen bei der Mitmach-Aktion "Meine 114 Euro" Bürgerinnen und Bürger auf, ihre Wünsche an eine Agrarreform EU-Parlamentariern aus ihrem Wahlkreis zu übermitteln und so zur Rettung der Feldlerche und anderer Feldvögel beizutragen.

Mehr zur Mitmach-Aktion "Meine 114 Euro":
www.NeueAgrarpolitik.eu


Hintergrundinformationen

Die Nahrung der Feldlerche ist abhängig von den Jahreszeiten. In den kalten Monaten begnügt sie sich mit Pflanzenteilen und Sämereien. Im Frühling kommen Insekten, Regenwürmer oder andere Kleintiere dazu, die besonders für den Feldlerchen-Nachwuchs ein wichtiges Kraftfutter sind.

Die Feldlerche kann in der heutigen Agrarlandschaft wegen der schnell und dicht aufwachsenden großflächigen Intensivkulturen oft nur noch eine Brut aufziehen. Wo auf riesigen Flächen nur noch undurchdringbares Wintergetreide, Raps oder Mais wachsen, fallen die überlebenswichtigen zweiten und dritten Bruten aus. Wenn die Lerchen deswegen auf die vegetationsfreien Fahrspuren im Feld ausweichen, werden sie häufig Opfer von Nesträubern oder von Maschinen überrollt. Heute fehlt meist die Auflockerung der Landschaft durch Brachen, Sommergetreide oder extensiv genutztes Grünland, wo die Vögel auch im späten Frühjahr noch brüten könnten. Hielten sich 1990 noch Brach- und Maisanbauflächen die Waage, gab es 2010 bereits zwanzig Mal mehr Maisflächen. Auch in den Überwinterungsgebieten des Zugvogels haben sich die Nahrungsbedingungen für die Feldlerche durch die Intensivierung der Landwirtschaft und durch den Einsatz von Pestiziden weiter verschlechtert.

Der Feldlerche hilft dann auch ihre perfekte Tarnung nicht mehr. Mit nur 16 bis 18 Zentimetern Körperlänge und der beige bis rötlich-braunen Gefiederfärbung an der Oberseite ist sie im Stoppelfeld gut getarnt. Ihr einziger Schmuck besteht aus feinen, schwarzbraunen Längsstreifen und Strichen am Oberkopf und einer kleine Federhaube.

Unsere Ohren nehmen Feldlerchen eher wahr als die Augen. Die Männchen singen meist im Flug aus einer Höhe von 50 bis 200 Metern, wo sie mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen sind. Ihr scheinbar endlos tirilierender Gesang bildet die traditionelle Klangkulisse unserer Agrarlandschaft. War es früher oft unmöglich, aus diesem Geräuschteppich einen einzelnen Vogel herauszuhören, ist es heute eine Freude, überhaupt eine Lerche zu hören. In manchen Gegenden ist der Himmel über den Feldern sogar bereits stumm.

Weitere Infos unter
www.NABU-Thueringen.de

Die Farbbroschüre "Vogel des Jahres 2019 - Die Feldlerche" (Art. Nr.: 2527), DIN A5, 44 Seiten gibt es im NABU-Shop unter www.NABU-shop.de sowie unter www.lbv-shop.de



NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena

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zur Lage in Bayern:

Feldlerche ist Vogel des Jahres 2019

Typischer Agrarvogel im Sinkflug - Jede dritte Feldlerche verschwunden - Start der Mitmach-Aktion "Meine 114 Euro"


Hilpoltstein/Berlin, 11.10.18 - Der LBV und sein bundesweiter Partner NABU haben die Feldlerche (Alauda arvensis) zum "Vogel des Jahres 2019" gewählt. Mit der Auswahl verbinden die Verbände die Forderung nach einer grundlegenden Änderung der europäischen Agrarpolitik. Auf den Star, Vogel des Jahres 2018, folgt ein weiterer Vogel der Agrarlandschaft. Damit küren der LBV und der NABU die Feldlerche zum zweiten Mal zum "Vogel des Jahres" nach 1998. Auf der Roten Liste der Brutvögel Bayerns wird sie als gefährdet eingestuft.

"Diese Ehre wurde bisher nur wenigen Vögeln zuteil. Trotz aller Anstrengungen war die erste Wahl zum Vogel des Jahres leider nicht genug, um die Art zu retten. Denn der alarmierende Rückgang bei den Beständen dieses ehemaligen Allerweltsvogels setzte sich fort", sagt Heinz Kowalski, NABU-Präsidiumsmitglied.

"Nur noch wenige kennen und hören den Gesang der Feldlerche am Himmel. Intensivkulturen mit Wintergetreide, Mais und Raps, fehlende Brachflächen und der Rückgang von Insekten verringern ihren Lebensraum und ihre Nahrungsgrundlage", sagt Norbert Schäffer, LBV-Vorsitzender.

Weitere Infos und ein kostenloses Faltblatt zum Vogel des Jahres unter
www.lbv.de/feldlerche



LBV - Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein

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Quelle:
Pressemitteilung, 12.10.2018
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-30, Fax: 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2018

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