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VÖGEL/1001: Dreist oder tapfer? - Historische Blicke auf den Habicht (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 1/15
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Dreist oder tapfer?
Unterschiedliche historische Blicke auf den Habicht.

Von Karl Wilhelm Beichert


"Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte", heißt es bei Schiller im "Wallenstein"-Prolog. Das könnte man auch vom Habicht sagen.


Was hat man in früheren Zeiten nicht alles über ihn gesagt und geschrieben. Der Habicht sei "ein höchst schädlicher Vogel", habe eine "blutdürstige Gemütsart", besitze "Mordgier", sei durch "Dreistigkeit" gekennzeichnet. Alle diese Urteile beziehen sich auf die Nahrung und den Nahrungserwerb des Hühnerhabichts, wie er bei manchen Autoren und im Volksmund auch genannt wurde.

Selbst beim NABU, damals noch "Bund für Vogelschutz", kam der Habicht zunächst nicht gut weg. Er sei "wegen seiner frechen Räubereien überall verhasst und gefürchtet", heißt es 1907 im Vogelbuch des Verbandes. Und: "Man verfolgt den Habicht mit Pulver und Blei, schießt ihn vom Horst, wirft diesen, am besten wenn Junge in demselben sind, herab, fängt den Räuber, am sichersten im Habichtskorb und Tellereisen, und stellt ihm überhaupt nach, wie und wo man nur kann: Er verdient keine Schonung".

Beliebter Jagdvogel

Immerhin gibt es aber schon früh auch lobende Stimmen. Isidor von Sevilla nennt ihn im 7. Jahrhundert einen königlichen Vogel, dessen Tapferkeit größer sei, als sein kleiner Körper erwarten lasse, der weniger durch seine Krallen als durch seinen Geist und Mut bewaffnet sei. Durch die Tapferkeit seines Geistes werde bei ihm aufgewogen, was ihm an Körpergröße fehle, meint der Züricher Biologe Conrad Gesner im 16. Jahrhundert.

Dabei beziehen sich Lob und Tadel weitgehend auf die gleichen Eigenschaften des Habichts, Es kommt eben auf den Blickwinkel an. Kein Wunder, dass der "tapfere" Habicht schon früh für die Beizjagd abgerichtet wurde. Hier waren die "bösen" Eigenschaften dann hochwillkommen. Bereits der antike Schriftsteller Plinius berichtet im ersten nachchristlichen Jahrhundert vom Habicht als Jagdhelfer des Menschen. In der Folge ging die Wertschätzung so weit, dass auf Verfolgung oder Vernichtung eines Habichts die Todesstrafe stand. Fürsten, Könige und andere hohe Herren hatten ein Interesse daran, die Populationen des Habichts zu erhalten.

Kurz vor der Ausrottung

Als es mit der Fürstenherrschaft zu Ende ging, wurde der Habicht stärker verfolgt als je zuvor. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam, wie beim Sperber und Wanderfalken, die Pestizidbelastung hinzu, die den Bestand an eine kritische Untergrenze brachte.

So schreibt Fritz Horst in "Die Vögel des Odenwalds": "Es ist ein trauriges Kapitel, das über den Habicht. Nachdem man durch Jahrzehnte diesen stattlichen Vogel in blindem Hass mit allen Mitteln verfolgt hat, ist er heute wohl in allen deutschen Gauen zu einer Seltenheit ersten Ranges geworden. Innerhalb 25 Jahren habe ich vergeblich nach einem besetzten Horst gefahndet. Erst nach den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs hat sich auch im Odenwald der Habicht etwas ausgebreitet. Diese Neuansiedlungen waren zweifellos bedingt durch die größere Ruhe in Bezug auf die Jagd, so dass dieser am meisten verfolgte deutsche Greifvogel wieder Aussichten auf ein erfolgreiches Brüten hatte."

Erst mit der Unterschutzstellung 1970 wurde für den Habicht und andere Greife eine Wende zu Besseren eingeleitet.

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 1/15, Seite 10
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2015

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