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MELDUNG/015: Wieder Seeadler verendet - NABU fordert Verbot von Bleimunition (NABU BB)


NABU Landesverband Brandenburg - Pressedienst Naturschutz aktuell, 21. Februar 2011

NABU Brandenburg fordert Verbot bleihaltiger Munition

Wieder Seeadler an Bleimunition verendet


Potsdam. Der NABU Brandenburg fordert angesichts der jüngsten Fälle vergifteter Seeadler ein Verbot bleihaltiger Munition in Brandenburg. Allein in den letzten Monaten wurden vier neue Fälle aus Brandenburg bekannt. Der bislang letzte Adler aus der Nähe von Freyenstein (OPR) verendete vor einigen Tagen mit knapp einem Gramm Blei im Magen. Diese Menge hätte ausgereicht, um zehn Seeadler zu töten. Der qualvolle Erstickungstod durch mit der Nahrung aufgenommene Reste von Bleimunition ist die häufigste Todesursache märkischer Seeadler.

Rainer Altenkamp, Geschäftsführer des Vereins Aquila e.V. und Helmut Brücher Vorstandmitglied des NABU Brandenburg wissen, wieso gerade Seeadler Opfer bleihaltiger Munition werden. Gerade im Winter treten Bleivergiftungen von Seeadlern vermehrt auf, da hier die Hauptjagdzeit ist und sich Jäger bei gefrorenen Böden trotz gesetzlicher Vorschrift nicht die Mühe machen, den Aufbruch zu vergraben. Adler fressen gerne Aas, was ohne das darin enthaltene Blei kein Problem wäre. Doch da die Magensäure von Greifvögeln deutlich aggressiver als z.B. beim Menschen ist, gelangt das Gift schnell in den Blutkreislauf der Vögel, die dann in den meisten Fällen langsam und qualvoll verenden. "Wie man an den vielen Fällen vergifteter Greifvogel sieht, hat die Anordnung, den Aufbruch zu vergraben, so gut wie keinen Erfolg gebracht" resümiert Brücher. "Die Kontrolle darüber, die unserer Auffassung nach beim Land liegt, ist in der Praxis schwierig. Wirklich wirksam wäre nur ein komplettes Verbot bleihaltiger Munition. Und hier muss der Landesforst ganz eindeutig eine Vorreiterrolle einnehmen."

Einen Schritt in diese Richtung hatte die Landesforstverwaltung im Jahr 2005 unternommen, als für die Verwaltungsjagd ein Verbot für Bleimunition erlassen wurde. Dieses wurde jedoch im Sommer 2008 nicht nur aufgehoben, sondern sogar in ein Verbot bleifreier Munition umgewandelt. Grund des Verbotes war, dass es Ende der 1990er Jahre angeblich in Bayern einen Unglücksfall durch bleifreie Munition gegeben hatte - was sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hat. Es ist ein Skandal, so Altenkamp, dass trotz der Aufklärung des Falles und das Wissen um das tödliche Gift in der Bleimunition das Verbot bleifreier Munition immer noch nicht aufgehoben wurde.

Der NABU Brandenburg fordert das zuständige Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft auf, das Verbot bleifreier Munition im Landeswald sofort zurückzunehmen sowie landesweit jegliche Bleimunition zu verbieten. Die Argumentation des Ministeriumssprechers, dass trotz Bleimunition die Seeadlerpopulation gewachsen sei, ist zynisch und auch aus Tierschutzsicht äußerst fragwürdig, denn jedes am Blei vergiftetet Tier ist eines zuviel.

Informationen zu den aktuellen Fällen:

Nachfolgend die Auflistung der letzten vier Fälle aus Brandenburg. Alle Vögel wurden vom Verein Aquila e. V. in die Kleintierklinik der FU Berlin in Berlin-Zehlendorf transportiert, die tiermedizinische Betreuung und die Diagnose wurde dort in allen Fällen von Dr. Kerstin Müller vorgenommen:

1. 14. September 2010 bei Basdorf/OPR, immat. Weibchen - Jungvogel, Bleivergiftung, 1,24 ppm Blei im Blut, 17.09.09 verendet

2. 6. Dezember 2010 bei Straupitz/LDS, ad. Weibchen - Altvogel, Bleivergiftung, 0,88 ppm Blei im Blut, Kachexie, bisher noch lebend, seit 19.1.11 an der Naturschutzstation Woblitz

3. 6. Februar 2011 bei Bork/PR, ad. Weibchen - Altvogel, Bleivergiftung, 1,14 ppm Blei im Blut, 12.2.11 eingeschläfert

4. 10. Februar 2011 bei Freyenstein/OPR, ad. Männchen - Altvogel, 5,80 ppm Blei im Blut, 11.2.11 verendet. ca. 0,9 g Blei im Magen-Darmtrakt


Weitere Informationen zum Thema Bleimunition finden Sie auch auf der Homepage des NABU Brandenburg: www.NABU-Brandenburg.de


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Quelle:
Pressedienst, 21.02.2011
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2011