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JAGD/168: "Herzensangelegenheit" - Zum PR-Kampf kanadischer Politiker um Robbenfleisch (GSM)


Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e.V. (GSM)

Pressemitteilung vom 23. November 2009 - Robben / Kanada

Robbenfleisch - eine Herzensangelegenheit


"Wenn es denn eine Verlängerung der Amtszeit einbringt" mag sich Ihre Exzellenz, die kanadische Generalgouverneurin Michaelle Jean gedacht haben und nahm ein großes Messer in ihre sorgfältig manikürte Hand. Als ob sie beweisen wollte, dass Politikern nichts, aber auch gar nichts heilig ist um sich beim Volk beliebt zu machen, säbelte sie unter den Augen zufrieden lächelnder Inuit einer Robbe den Brustkorb auf, schnitt das blutige Herz raus und fraß es zumindest teilweise auf.

"Absolut delikat" sei es gewesen, erklärte sie. Ihr Politikerkollege dagegen, der Senator Mac Harb, hat auch mal Robbenfleisch gegessen und geurteilt: "Der Geschmack ist grauenhaft."

Der bizarre PR-Streit ums Fleisch der Meeressäuger ist eigentlich ein Nebenkriegsschauplatz, in Wahrheit geht es um die Frage, ob Robben weiterhin industriell gejagt und gehandelt werden sollen. Nachdem die USA und nun auch die EU die Einfuhr aller Robbenprodukte verboten haben, bleiben nur noch Russland und China als Importeure. Sie wollen vor allem Robbenfelle. Das Fleisch schmeißen auch die Inuit-Jäger fast immer weg. Also eigentlich kein Thema mehr. Zumal auch der Preis fürs Kilo Robbenfleisch in den letzten Jahren um zwei Drittel zurückgegangen ist.

Um das Thema doch noch am Köcheln zu halten, hat der Wirtschaftsausschuss verfügt, dass zukünftig auf der Speisenkarte der Parlamentskantine ein Robbengericht angeboten werden müsse.

Bevor sich nun herausstellen kann, wie viele der Senatoren und Abgeordneten Robbenfleisch zum Mittagessen bestellen, musste ein Lieferant gefunden werden. Die Jäger wollen Felle verkaufen, mit dem Fleisch haben sie nichts im Sinn. Schließlich wurde auf den Magdalen Inseln ein winziger Handelsposten gefunden, der sich bereit erklärt hat, der Parlamentskantine Robbenfleisch zu liefern.

Viel PR-Aufwand also. Man darf darauf wetten, dass nach einem Schau-Essen fürs Fernsehen, Robbengulasch, oder was immer es ist, klammheimlich wieder aus der Kantine verschwinden wird. Und mit großer Wahrscheinlichkeit wird dann auch das massenhafte Schlachten von Robben an Kanadas Ostküste beendet. Die wichtigsten Märkte in Amerika und Europa wollen Robbenprodukte nicht mehr.

Fragt sich, ob sich die blutige Herzensmahlzeit der Generalgouverneurin Michaelle Jean auszahlt. Formal ist sie die Stellvertreterin von Königin Elizabeth II in Kanada. Ob Ihre Majestät im Buckingham Palace "amused" ist bei der Vorstellung, wie ihrer Stellvertreterin das Robbenblut am Kinn herunterläuft? Das mit der zweiten Amtszeit ist also noch nicht gegessen.

Walter Karpf


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Quelle:
Pressemitteilung, 23.11.2009
Herausgeber:
Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e.V. (GSM)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2009