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AKTION/104: Haselmäuse vor der Haustür - Ergebnisse der Nussjagdsaison 2011/12 (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - Jena, 30. Juli 2012

Haselmäuse vor der Haustür

Der NABU Thüringen gibt die Ergebnisse der Nussjagdsaison 2011/12 bekannt



Die "Große Nussjagd" in Thüringen erbringt Haselmausnachweise durch Fraßspuren an Haselnüssen in Saalfeld-Rudolstadt, Judenbach und Gehren, sowie 24 direkte Nachweise durch Sichtungen. Die Ergebnisse der Nussjagdsaison 2011/12 gab heute der NABU Thüringen gegenüber der Presse bekannt.

Zur Zeit verlassen die jungen Haselmäuse so allmählich ihre Nester. Durchschnittlich vier nackte Haselmausbabys teilen sich die Geborgenheit des Nestes mit ihrer Mutter. Ungestört - zumindest so lange nicht die Biologin Franziska Hermsdorf zur Kastenkontrolle vorbeischaut! Als "Schlaumaus" koordiniert sie für den NABU die "Große Nussjagd" in Thüringen.

"Um Haselmäuse schützen zu können, ist es wichtig zu wissen, wo sie leben" so die Biologin. Das herauszufinden ist angesichts der versteckten Lebensweise der scheuen Tiere im dornigen Brombeergebüsch gar keine leichte Aufgabe. Zum Glück haben auch in diesem Jahr wieder kleine und große Naturfreunde aus ganz Thüringen bei der Bewältigung dieser Aufgabe geholfen. Als sogenannte "Nussjäger" machten sie sich auf die Suche nach angeknabberten Haselnüssen. Anhand der Fraßspuren versuchten sie so, der gefährdeten Haselmaus auf die Schliche zu kommen. "Haselmäuse knabbern ganz runde Löcher in die Nuss und hinterlassen Schleifspuren am Rand", erklärt Nussjägerin Nele Klein aus Altenburg. Dort wo Fraßspuren der Haselmaus nachgewiesen werden können, erhält die Art einen weiteren Punkt auf der Verbreitungskarte und künftig Unterstützung durch Naturschützer.

Auch 2012 war die Nussjagd wieder ein großer Erfolg: 610 Nussjäger untersuchten insgesamt mehr als 6000 Haselnüsse. Dabei konnten die Kinder der Grundschule Katzhütte in Saalfeld-Rudolstadt und der KiTa Judenbach tatsächlich anhand von Knabbernüssen feststellen, dass Haselmäuse quasi vor ihrer Haustür leben. Ein weiteres Vorkommen wurde bei Gehren im Ilmkreis belegt. Bei der Verlosung der Sachpreise wurden natürlich alle Nussjäger berücksichtigt. Des weiteren wurden im Rahmen der Nussjagd, 24 direkte Nachweise zum Beispiel durch Sichtungen bei Nistkastenkontrollen aber auch durch Todfunde in Schmalkalden-Meiningen, Wartburgkreis, Eichsfeld, Greiz und im Altenburger Land ermittelt.

Damit am Ende die Haselmaus der wirkliche Gewinner ist, wird es auch in der Saison 2012/2013 wieder heißen: "Auf zur Großen Nussjagd in Thüringen". "Ich freue mich schon jetzt wieder auf zahlreiche Einsendungen. Die Arbeit der Nussjäger für den Haselmausschutz ist nicht zu unterschätzen", so die Schlaumaus. "Aber die Freude am Forschen und Entdecken in der Natur soll in jedem Fall an erster Stelle stehen!". Nähere Infos zum Projekt finden sich unter www.Nussjagd-Thueringen.de.

Foto: © NABU Thüringen

Franziska Hermsdorf zeigt Knabbernüssse mit Haselmausspuren aus Katzhütte
Foto: © NABU Thüringen


Haselmauswissen kompakt

Verwandtschaft
Die Haselmaus (Muscardinus avellanarius) ist gar keine Maus, sondern ein nachtaktives Nagetier aus der Familie der Bilche. Zu ihren nächsten Verwandten gehören der Siebenschläfer, der Gartenschläfer und der Baumschläfer, welche ebenfalls in Deutschland heimisch sind.

Kennzeichen
Der kleine Bilch ist nur etwa so groß wie der Daumen eines Erwachsenen (also etwa 7 cm), wiegt 15 bis 40 Gramm, hat große schwarze Knopfaugen, kleine runde Ohren und ein weiches orangebraunes Fell mit einem weißen Fleck an Kehle und Brust. Der dicht behaarte und sechs Zentimeter lange Schwanz dient dem kleinen Kletterkünstler als Balancierstange.

Lebensweise
Haselmäuse sind sehr scheu und dämmerungsaktiv. Am liebsten halten sie sich in dichtem Brombeergestrüpp auf, weshalb man sie fast nie zu Gesicht bekommt. Als geschickte Kletterer meiden Haselmäuse den Bodenkontakt. Mit ihren Artgenossen kommunizieren sie in erster Linie über ihren Geruchssinn. Im Sommer schlafen Haselmäuse in kleinen selbstgebauten Kugelnestern aus Zweigen, Gras und Blättern, die sie innen weich auspolstern. Manchmal ziehen sie aber auch in Baumhöhlen oder Vogelnistkästen ein. Für ein so kleines Tier können Haselmäuse erstaunlich alt werden: bis zu sechs Jahre.

Nahrung
Die Haselmaus hat je nach Jahreszeit einen abwechslungsreichen Speisezettel: Im Frühjahr ernährt sie sich vor allem von Knospen, Blüten und Samen. Im Sommer lässt sie sich Früchte und Beeren schmecken, vertilgt aber auch Insekten, Schnecken, Würmer oder sogar Vogeleier. Im Herbst frisst sie sich mit fettreicher Kost wie Haselnüssen, Eicheln, Bucheckern und Kastanien den nötigen Winterspeck für den Winterschlaf an.

Fortpflanzung
Im Alter von einem Jahr sind Haselmäuse geschlechtsreif. Kurz nach dem Winterschlaf paaren sie sich zum ersten Mal und Wochen später bringt das Weibchen zwei bis sieben Junge zur Welt. Die Augen der kleinen nackten Nesthocker sind nach der Geburt zunächst geschlossen. Die Jungen bleiben etwa zwei Monate bei der Mutter. Das Weibchen kann in nahrungsreichen Jahren einen weiteren Wurf im Sommer haben.

Verbreitung
Die weltweite Verbreitung der Haselmaus ist auf den eurasischen Kontinent beschränkt. Sie besiedelt Europa von Südschweden bis zum Mittelmeer und Vorderasien bis zum Mittellauf der Wolga. In Europa fehlt sie in Teilen Großbritanniens und Skandinaviens, in Irland und auf der Iberischen Halbinsel. In Deutschland ist die Haselmaus vor allem in Mittelgebirgen beheimatet. In Sachsen, Hessen und Schleswig- Holstein wurde die Verbreitung der Haselmaus bereits in Nussjagden untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Verbreitung lückenhaft und oft regional begrenzt ist.

Lebensraum
Die Haselmaus bewohnt Laub- und Mischwälder mit artenreichem Unterwuchs, strukturreiche Waldsäume und breite artenreiche Hecken. Hier findet sie Unterschlupf und Nahrung.

Fressfeinde
Zu ihren Hauptfeinden zählen unter anderem Rotfuchs, Mauswiesel, Hermelin sowie verschiedene Greifvögel und Eulen. Da die Haselmaus sich nicht verteidigen kann, bleibt ihr nur die Flucht. Während des Winterschlafs werden sie oft von Wildschweinen ausgegraben und gefressen.

Winterschlaf
Da sie im Winter nicht ausreichend Nahrung finden würden, halten Haselmäuse zwischen Oktober und April Winterschlaf. Dazu graben sie sich oft zu mehreren in der Laubstreu und lockerem Boden ein, manche nutzen aber auch frostsichere Baumhöhlen oder Nistkästen. Um Energie zu sparen, rollen sie sich zu einer kleinen Kugel zusammen und senken die Körpertemperatur auf knapp über 0° C. Die Herzschlagrate verlangsamt sich auf ein Zehntel und nur etwa alle 5 Minuten macht der kleine Schläfer einen Atemzug. Trotzdem verlieren Haselmäuse während des Winterschlafes etwa die Hälfte ihres Körpergewichtes.

Gefährdung
Über die derzeitige Verbreitung der Haselmaus in Thüringen ist nur wenig bekannt, doch mit dem fortschreitenden Verschwinden von Hecken, Waldsäumen und Unterwuchs aus unserer Landschaft, verliert die Haselmaus ihre Nahrungs-und Lebensräume. Sie ist daher in der Roten Liste Thüringens als "gefährdet" eingestuft.

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Quelle:
Pressemitteilung, 30.07.2012
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2012