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EUROPA/063: Kommission zweifelt an Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie in Deutschland (NABU)


Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. - Pressedienst, 8. Juli 2011 - Abfall/Kreislaufwirtschaft

EU lässt deutsches Abfallgesetz durchfallen

NABU drängt auf ökologische Korrekturen im Bundestag


Berlin - Die EU-Kommission hegt Zweifel an der Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie in Deutschland. Die Bundesregierung hatte ihr Abfallgesetz nicht nur ein halbes Jahr zu spät in den Bundestag eingebracht, sondern auch ökologische Vorgaben aus Brüssel nicht eingehalten. Dies wurde im Rahmen einer NABU-Veranstaltung in Berlin öffentlich bekannt. Im Zentrum der EU-Kritik steht das so genannte Heizwertkriterium. Der deutsche Ansatz stellt es Industrie und Entsorgern frei, ob Abfälle wiederverwendet, recycelt oder sogar verbrannt werden, wenn sie in Kraftwerken ähnlich gut brennen wie Braunkohle. So stellt die EU-Kommission fest, dass die energetische Verwertung von Abfällen mit einem Heizwert von mehr als 11.000 Kilojoule pro Kilogramm nicht die umweltfreundlichste und ressourceneffizienteste Abfallbehandlung ist. "Die deutschen Umweltverbände haben sich gemeinsam mit dem NABU intensiv dafür eingesetzt, dass Wiederverwendung und Recycling gemäß der fünfstufigen Abfallhierarchie Priorität genießen. Die Stellungnahme der EU ist ein Erfolg für die Umwelt. Als Konsequenz fordern wir jetzt deutliche ökologische Verbesserungen beim Kreislaufwirtschaftsgesetz von Bundestag und Bundesregierung", kommentierte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller die Neuigkeiten.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Ursula Heinen-Esser bestätigte auf der Veranstaltung, dass die Kritik der EU von der Bundesregierung ernst genommen werde. Auch die Bundesländer waren auf der NABU Veranstaltung neben Bundestagsabgeordneten vertreten. Sie sind zuständig für die Einhaltung für Kontrolle und Vollzug des Abfallrechts. Damit kommt ihnen eine besondere Bedeutung für den Umweltschutz zu. Günter Hälsig vom Umweltministerium Brandenburg unterstützte die Notwendigkeit, ökologisch jetzt nachzusteuern: "Für den Vollzug ist die fehlende Eindeutigkeit der Hierarchie ein Nachteil. Wir wünschten uns eine Konkretisierung".

Jürgen Bruder, Geschäftsführer der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen, begrüßte die jetzt wahrscheinlich anstehende Stärkung der stofflichen Verwertung: "Fehlende Verfügbarkeit des Recyclingmaterials ist der Hauptgrund für die geringen Recyclinganteile im Kunststoffmarkt."

Für den NABU geht es jetzt darum, neben der konsequenteren Umsetzung der generellen Rangfolge - vermeiden, wiederverwenden, recyceln, verbrennen und deponieren - zusätzliche ökologische Verbesserungen im Gesetzentwurf zu erreichen. Dazu zählen sowohl eine Anhebung der Recyclingquote, wie auch die Einführung einer Getränkeverpackungssteuer, um mehr Abfälle zu vermeiden. "Recyclingquoten müssen ein ökologisches Ziel vorgeben. Anfang der 90er Jahre habe die Verpackungsverordnung damals scheinbar unrealistische Recyclingziele festgeschrieben und letztendlich zum Recyclingweltmeister gemacht. Jetzt geht es nicht mehr nur um Verpackungen, sondern insgesamt um eine echte Kreislaufwirtschaft. 64 Prozent des Siedlungsabfalls werden jetzt schon Recyclingverfahren zugeführt. Diesen Wert muss der Bundestag auf 80 Prozent korrigieren, um der Wirtschaft ein neues ökologisches Ziel vorzugeben". Die parlamentarische Staatssekretärin Heinen-Esser sieht ähnlich wie der NABU die Notwendigkeit, ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen mit politischen Maßnahmen zu stützen. "Wir werden uns zeitna h mit dem Thema Einweg und Mehrweggetränkeverpackungen befassen müssen. Hier entwickelt sich der Markt in die falsche Richtung." Ob die Bundesregierung eine Getränkeverpackungssteuer, wie vom NABU vorgeschlagen, deshalb auf den Weg bringen werde ließ sie offen.


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Quelle:
NABU Pressedienst Nr. 102/2011, 08.07.2011
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2011