Magazin tierrechte - Ausgabe 3/2019
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V
Sichere Teststrategien statt Tierversuche
von Carolin Spicher
In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen das "Ersatzverfahren des Jahres 2019" vor. Es geht um einen Bereich, in dem viele Tiere eingesetzt werden: die Entwicklungsneurotoxikologie (ENT). Diese untersucht Schädigungen der Nervenzellentwicklung des Kindes im Mutterleib. Aktuelle Studien zeigen, dass die Fälle zunehmen. Umso dringlicher ist der Bedarf an neuen leistungsfähigen Verfahren.
Wer kennt heute kein Kind, das nicht unter
Aufmerksamkeitsdefizitstörungen oder Autismus leidet? Wissenschaftler
warnen, dass diese Störungen zunehmen. Um schädliche Substanzen
rechtzeitig ausfindig zu machen, schreibt der Gesetzgeber noch immer
Tierversuche vor. Doch diese sind oft nicht auf die Situation beim
Menschen übertragbar. Beim diesjährigen "Ersatzverfahren des Jahres"
geht es darum, eine Lösung für beide Probleme zu finden: das Tierleid
zu beenden und neue Verfahren für sichere Vorhersagen zu finden.
Ohne Tests am Tier dürfen Produkte wie Chemikalien, Arzneimittel, Medizinprodukte, Pestizide und Biozide nicht zugelassen und vermarktet werden. Jährlich fallen in Deutschland ungefähr ein Viertel aller "Versuchstiere" solch gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen zum Opfer. Laut Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) waren das 2017 insgesamt 556.946 Tiere, der Großteil davon Mäuse und Ratten. Knapp die Hälfte davon starb für Giftigkeits- und Sicherheitsprüfungen.
Tierversuche erfolgen heutzutage oft mit der Begründung, dass das Leistungsspektrum der neu entwickelten, tierversuchsfreien Verfahren noch nicht ausreichend sei. Aus diesem Grund arbeiten Forscher an leistungsfähigeren tierleidfreien Methoden. Am besten funktioniert das mit einer Kombination mehrerer Verfahren. Durch die Aufklärungsarbeit mit dem "Ersatzverfahren des Jahres" wollen wir erreichen, dass das Leistungsspektrum der tierversuchsfreien Methoden kontinuierlich und so schnell wie möglich weiterentwickelt wird. In dem konkreten Fall der Tests auf Entwicklungsneurotoxizität wird eine durchdachte und flexible Methodenkombination gebraucht, die in die Prüfvorschriften einfließt. Essenziell ist dabei, dass die neue Test-Strategie möglichst schnell anerkannt wird. Denn erst dann können die neuen Tests, die gesetzlich vorgeschriebenen Tests an Ratten ersetzen.
Nur so kann erreicht werden, dass die neuen Methoden auch verpflichtend angewendet und nicht weiterhin Tierversuche und veraltete tierversuchsfreie Verfahren genutzt werden. Der Bundesverband wird sich dafür einsetzen, dass der Paradigmenwechsel vom Tierversuch zu tierversuchsfreien Verfahren tatkräftig angepackt wird. Noch drückt sich die Politik vor dieser Verantwortung. Deswegen fordern wir zusammen mit einem breiten Bündnis, dass die Politik endlich eine Gesamtstrategie für eine tierleidfreie Wissenschaft vorlegt.
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Quelle:
Magazin tierrechte - Ausgabe 3/2019, S. 4
Menschen für Tierrechte
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2019
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