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TIERVERSUCH/375: Irrwege der Alkoholforschung (tierrechte)


tierrechte 1.07 - Nr. 39, Februar 2007
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

...weil wir keine Ratten sind - Irrwege der Alkoholforschung
Suchtforschung und Tierversuche

Von Karolin Koch


Anlässlich des 15. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin vom 3. bis 5. November 2006 in Berlin legten die Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg eine wissenschaftliche Auswertung der Ergebnisse von fünf Jahren (2001 bis 2005) tierexperimenteller Alkoholforschung in Deutschland im Hinblick auf ihren Nutzen für die klinische Medizin vor. Karolin Koch, Tierärztin und Autorin der Studie, stellt die Ergebnisse für 'tierrechte' vor.

Bei der Auswertung handelt es sich um die Fortsetzung einer bereits im April 2002 veröffentlichten Studie der Berliner Tierversuchsgegner, die sich mit der Alkoholforschung an Tieren im Zeitraum von 1990 bis 2000 befasst. Durch diese beiden Studien wurden somit 15 fortlaufende Jahre tierexperimenteller Alkoholforschung in Deutschland vor dem Hintergrund oben genannter Fragestellung beleuchtet.

Fazit: Relevante Ergebnisse für die klinische Medizin und somit für betroffene alkoholkranke Menschen konnten durch diese Art der Forschung nicht erzielt werden.

Diese Feststellung basiert auf der Auswertung von Tierversuchsstudien und Übersichtsartikeln, die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Um einen Rahmen abzustecken, wurden nur Tierversuchsstudien deutscher Forscher bzw. mit deutscher Forschungsbeteiligung berücksichtigt. Die meisten Experimente wurden an Ratten und Mäusen durchgeführt, in zwei Versuchen wurden Rhesusaffen verwendet.

Abgesehen davon, dass im Rahmen der tierexperimentellen Alkoholforschung unzählige Tiere unvorstellbar leiden und diese Art der Forschung schon aus diesem Grund abzulehnen ist, weist sie auch erhebliche medizinische und methodologische Mängel auf. Diese werden in der Studie aufgezeigt - so werden exemplarisch einzelne Versuche zu verschiedenen Bereichen der Alkoholforschung, in denen diese Defizite besonders deutlich werden, in einem eigenen Kapitel genauer beschrieben und kritisch betrachtet, des Weiteren findet eine Auseinandersetzung mit den sogenannten 'Tiermodellen', die in der Suchtforschung eingesetzt werden, statt.

Zusätzlich zeichnete sich bei der Auswertung der Veröffentlichungen ab, dass statt konstruktiver Zusammenarbeit eher eine Art Konkurrenz zwischen den einzelnen Forschergruppen zu bestehen scheint. So findet ein Austausch der Ergebnisse aus den Versuchsstudien kaum statt, des Weiteren werden Resultate, die nicht mit eigenen Beobachtungen übereinstimmen, teilweise einfach ignoriert.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die tierexperimentelle Alkoholforschung extremes Tierleid bei gleichzeitigem Stillstand der notwendigen weiteren Erforschung der Alkoholabhängigkeit bedeutet. Die öffentlichen und privaten Gelder, die reichlich in die Alkoholforschung mit Tieren fließen, wären an anderen Stellen weitaus besser angelegt. So gilt es, die vielfältigen Möglichkeiten der Forschung an gesunden und kranken Menschen, die Untersuchung pathologischen Materials und sogenannte In-vitro-Verfahren voranzutreiben, die tatsächlich aussagekräftige und für den Menschen nutzbare Ergebnisse liefern und zudem ethisch unbedenklich sind. Diese Forschungsansätze werden in einem eigenen Kapitel skizziert.

Die Studie verschafft einen Einblick in das System der tierexperimentellen Alkoholforschung und macht deren erhebliche ethische, medizinische und methodologische Defizite deutlich. Es steht zu hoffen, dass sie dadurch zu einem Umdenken hin zu patientenbezogener sinnvoller Forschung beiträgt.


Die Dokumentation

"... weil wir keine Ratten sind - Irrwege der
Alkoholforschung. Forschungsergebnisse 2001-2005"
mit tabellarischer Übersicht über die ausgewerteten
Versuche samt Literaturverzeichnis sowie ihre
Vorgängerin (Forschungsergebnisse 1990-2000) können für
jeweils 2,50 Euro inkl. Portokosten angefordert werden
unter:
Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg
Fon 030-341 80 43
Fax 030-815 81 99
eMail: jenner@tierversuchsgegner-berlin-brandenburg.de

Karolin Koch ist Tierärztin und Mitglied der Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg e.V.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 39/Februar 2007, S. 20
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2007