Schattenblick → INFOPOOL → TIERE → TIERSCHUTZ


TRANSPORT/119: Geflügeltransporte - Weltreisende ab dem ersten Lebenstag? (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 3/2015
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Geflügeltransporte - Weltreisende ab dem ersten Lebenstag?

Von Angela Dinter


Der Sommer neigt sich bald dem Ende zu. Ein weiterer Sommer, in dem hunderttausende Nutztiere kreuz und quer durch Deutschland und Europa transportiert wurden. Für einige bedeutete dies das Ende ihres Nutztierdaseins, für andere war es erst der Anfang.

Auf dem Weg in den wohlverdienten Sommerurlaub fallen uns auf den stark befahrenen Autobahnen häufig Tiertransporter auf, beladen mit Rindern oder Schweinen. Wir alle ahnen, wohin ihre Reise geht und wir fühlen uns betroffen und traurig, wenn wir im Vorbeifahren rosa Schweineschnauzen oder große Kuhaugen an den Eisengittern der Luftklappen sehen. Wir wissen, dass gerade die Transporte in den heißesten Monaten des Jahres eine extreme Belastung für die Tiere darstellen und hoffen, dass der Fahrer genügend Zeit und Mitgefühl hat, um die Tiere regelmäßig mit Wasser zu versorgen.

Doch dies ist nur der "sichtbare Teil" der Tiertransporte. Hunderttausende Tiere werden täglich unbemerkt auf weite Reisen zwischen Geburtsort und Zucht-, Mast-, Lege- oder Schlachtbetrieben geschickt.


Geflügeltransporte bei Nacht und Nebel

Geflügel wird vorzugweise nachts oder in den frühen Morgenstunden verladen. Das hat den Hintergrund, dass sich die Tiere im Dunkeln besser fangen lassen und weniger stressanfällig sind, wenn sie für die Fahrt in Transportkisten "verpackt" werden. Zu viele Hühner werden in hohem Tempo in Plastikkisten gedrückt. Die Behältnisse sind so niedrig, dass die Tiere nicht aufrecht darin stehen können. Anschließend werden die Transportboxen achtfach übereinander gestapelt. Das führt häufig zu schweren Verletzungen an Flügeln, Beinen und sogar am Schädel, weil Körperteile in die Deckel der Transportkisten eingequetscht werden. Bei jedem kontrollierten Hühnertransport werden tote Hühner gefunden. Die Transport-LKW haben keinen geschlossenen Metallaufbau, wie es bei Schweinen oder Rindern der Fall ist, sondern offene Ladeflächen, die von Planen oder Netzen umspannt sind. Es kommt daher vor, dass die Tiere jeder Witterung ausgesetzt sind. Besonders schlimm sind die Sommermonate, denn Hitze, Enge und Stress fordern viele Tierleben.


Eintagsküken - neues Leben gestapelt in Kisten

Bei Eintagsküken erfolgt die Sortierung in Transportkisten vom Fließband aus. Einem Küken stehen laut Gesetz zwei Quadratzentimeter Platz zu. Auch diese Kisten werden anschließend gestapelt und zum Transport mit dem LKW zum Zielbetrieb vorbereitet. Dieser Prozess dauert bereits zwei bis drei Stunden. Die Tierschutznutztierverordnung erlaubt bei frisch geschlüpften Küken einen Transport von bis zu 60 Stunden. Der Dottersack, der kurz vor dem Schlupf durch die Nabelöffnung eingezogen wurde, sorgt dafür, dass die Küken innerhalb der ersten rund 24 Lebensstunden nach dem Schlüpfen keinerlei Futter aufnehmen müssen. Danach ist vor allem die Versorgung mit Trinkwasser wichtig, da sonst Dehydrierung droht. Zum Tränken und Füttern wäre das Abladen der gesamten Fracht nötig. Dies ist logistisch aber fast unmöglich. So sind die Tiere bereits am ersten Tag ihres Lebens Stress, Hitze, Nässe, Hunger oder Durst ausgesetzt. Längere Transporte per LKW sind für die empfindlichen Jungtiere extrem belastend und viele Küken überstehen den Transport nicht.


Wertvolle Zuchttiere reisen im Flugzeug

Wertvolle Zuchttiere werden zu neuen Standorten geflogen. Speziell dafür vorgesehene Frachtflugzeuge verfügen über einen klimatisierten Frachtraum, der konstante Temperaturen zwischen 21 und 24 Grad garantiert. So können zehntausende Küken auf einmal transportiert werden.

Bei korrekt durchgeführten Luftfrachttransporten ist die Sterblichkeitsrate von Küken äußerst gering. Verluste gibt es mitunter am Ankunftsort, da die Tiere unmittelbar nach der Landung zu entfernt gelegenen Anlagen per LKW weiterbefördert werden. Diese Fahrzeuge verfügen weder über die notwendige Technik einer konstanten Temperaturregelung, noch kann die Fütterung oder Tränke gewährleistet werden.

Wie hoch die Küken-Sterblichkeit beim Weitertransport ist, kann man anhand gängiger Transportverträge nur erahnen, denn die Spediteure haften nur bis zur Ankunft des Frachtflugzeuges.

Die Transportzeiten der Tiertransportverordnung bedürfen einer dringenden Überarbeitung. PROVIEH fordert eine Verkürzung der Transportzeiten aller Nutztiere. Dabei sollte das ganz besondere Augenmerk auf den Geflügeltransporten liegen.

*

Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 3/2015, Seite 30-31
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0
Telefax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
Internet: www.provieh.de
 
PROVIEH erscheint viermal jährlich.
Schutzgebühr: 2 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang