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POLITIK/865: Kommentar - Tierwohlkennzeichen im Kabinett (TSB)


Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes - 4. September 2019

Kommentar
Tierwohlkennzeichen im Kabinett


Die Pläne von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner für ein staatliches Tierwohlkennzeichen sind heute im Kabinett. Dazu kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

"Wir sehen ein verpflichtendes Kennzeichen als den notwendigen Schritt. Wenn die Verbindlichkeit rechtlich nicht machbar sein sollte, gehen wir zum Einstieg auch ein freiwilliges Label mit - das haben wir immer klargestellt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Kennzeichen durchdacht und mit dem Tierschutz vereinbar ist. Das, was Frau Klöckner jetzt als freiwilliges Zeichen vorlegt, ist aus Tierschutzsicht jedoch ungenügend. Die bisher bekannten Kriterien der 1. Stufe verdienen den Beinamen "Tierwohl" nicht. Zudem bleiben entscheidende Rahmenbedingungen immer noch völlig unklar, etwa die Förderpolitik für die umstellungsbereiten Landwirte. Es wäre nicht zu akzeptieren, wenn Frau Klöckner beabsichtigt, die Finanzierung allein dem Verbraucher aufzulasten, weil sie selbst keine Fördermittel geben will. Das Kennzeichen soll mit den Schweinen als Tierart starten - allerdings gibt es seitens des Bundesministeriums überhaupt keine klare Zielplanung, wie die Haltung von Schweinen in der Landwirtschaft zukünftig aussehen soll. Das Tierwohlkennzeichen ist ein Instrument, keine Strategie, das muss endlich begriffen werden. Nun mit dem Instrument "Tierwohlkennzeichen" zu beginnen, bevor eine Strategie steht, ist in etwa so, als wenn ein Häuslebauer zuerst das Dach setzt.

Die Bundesregierung muss zu allererst eine Nutztierstrategie auf den Weg bringen, in die ein Tierwohlkennzeichnen, das ein wirkliches Mehr an Tierschutz bringt, eingebettet ist. Zumal ohnehin klar ist, dass der von Frau Klöckner genannte Termin, im Mai 2020 erste Produkte mit dem Kennzeichen im Laden zu finden, nicht mehr haltbar ist. Zumindest nicht, wenn eine vernünftige Zertifizierung vorausgesetzt ist.

Nach unseren Informationen hat die Bundesregierung das Gesetz an den Koalitionsfraktionen vorbei ins Kabinett gebracht. Wir setzen daher jetzt große Hoffnung auf die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD. Die SPD, aber auch große Kreise der Union haben in den letzten Wochen immer klargestellt, dass es ein verbindliches Zeichen sein muss. Wir appellieren dringend an die Koalitionsfraktionen, sich den Kabinettsdeal ohne Verbindlichkeit und mit diesen aus Tierschutzsicht viel zu laschen Kriterien und fehlenden Rahmenbedingungen nicht gefallen zu lassen. Die Chancen dafür sind da, denn die Beratung der Kriterien beginnt jetzt."

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Quelle:
Kommentar vom 4. September 2019
Herausgeber: Deutscher Tierschutzbund e.V., Bundesgeschäftsstelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2019

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