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POLITIK/702: Deutschlands Führungsanspruch für Tierschutz sichern (tierrechte)


tierrechte 3.13 - Nr. 64, August 2013
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

An der Wahlurne
Deutschlands Führungsanspruch für Tierschutz sichern

Von Christiane Baumgart-Simons



In der EU ist Deutschland mehr als ein Mitglied unter inzwischen 28 Staaten. Es beansprucht für sich eine Führungsrolle und ist in dieser in Brüssel sogar willkommen, wie wir spätestens in der Finanzkrise erfahren durften. Warum, so fragen wir uns zu Recht, ist diese Leitungsambition verschwunden, sobald es um die Tiere geht? Von der nächsten Bundesregierung erwarten wir im Tierschutz ausschließlich Vorwärtsschritte - und zwar national, auf EU-Ebene und darüber hinaus auch bei internationalen Verhandlungen.


Nationale Alleingänge

Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP setzt darauf, dass in der EU ein einheitliches Tierschutzniveau festgeschrieben wird. Von nationalen Alleingängen hält sie gar nichts, weil sie primär wirtschaftliche Nachteile für den Standort Deutschland befürchtet. Die "Ware Tier" in lebender oder toter Form ist ohne Frage ein Gegenstand von "Global Playern", die weltweit um Vormachtstellungen kämpfen und starken politischen Einfluss ausüben. Insofern scheint der Schulterschluss mit den EU-Mitgliedstaaten strategisch durchaus sinnvoll. Doch auf dem Brüsseler Parkett konnten wir in der letzten Legislatur keine Tierschutzleistungen der Bundesregierung feststellen. Ganz im Gegenteil: Während der Beratungen der EU-Tierversuchsrichtlinie (2009) war es ausgerechnet die ehemalige Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU), die die bescheidenen Tierschutzanhebungen der neuen Richtlinie gerne zurückgefahren hätte, weil sie darin einen Angriff auf die Forschungsfreiheit witterte. Sie gab erst Ruhe, als die rechtliche Prüfung unmissverständlich entschied, dass die Forschungsfreiheit eben nicht im grenzenlosen Raum schwebt.


Ade Tierschutzglaubwürdigkeit

Geradezu eine Karikatur schwarz-gelber Tierschutzglaubwürdigkeit ist die Absicherung deutscher Unternehmer beim Verkauf von Legebatteriekäfigen in die Ukraine durch eine Exportkreditgarantie. So geschehen im Sommer 2012. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 1999 den jahrzehntelangen Gesetzesbruch der Käfighaltung von Legehennen rechtsverbindlich festgestellt. Der Batteriekäfig wurde zum Inbegriff der Tierquälerei und unter rot-grüner Regierung 2001 verboten. Auch die EU zog nach, in Deutschland dürfen seit 2009 und in der EU seit 2012 Hennen nicht mehr in den klassischen Batteriekäfigen gehalten werden. Doch was macht die schwarz-gelbe Bundesregierung? Sie sichert mit gut 26 Millionen Euro den Verkauf deutscher Batteriekäfige in die Ukraine durch eine sogenannte Hermesbürgschaft ab, um deutsche Arbeitslätze zu erhalten. In punkto Unglaubwürdigkeit setzt die FDP noch eins obendrauf und schreibt in ihrem Wahlprogramm 2013-2017, dass sie sich beim Schutz der Tiere an fünf Freiheiten orientiere: Freisein von Hunger und Durst; Freisein von Unbehagen; Freisein von Schmerz, Verletzung, Krankheit; Freisein zum Ausleben artgerechter Verhaltensweisen; Freisein von Angst und Leiden. Wo bitte, Herr Rösler, kommt eine Henne auf einer 3/4 DIN-A4-Seite, ein Schwein im Kastenstand und ein Affe im Primatenstuhl mit diesen Freiheiten in Berührung? Doch nur dann, wenn Sie die Seite 73 des FDP-Wahlprogramms den inhaftierten Tieren vor die Augen halten!

Die Liste tierschutzpolitischer Unglaubwürdigkeit der Bundesregierung lässt sich fortsetzen, an dieser Stelle sei auf die Ausgabe tierrechte 1.13.(*) verwiesen.


Nach der Wahl

In diesem Drückebergerstil darf es nach dem 22. September nicht weitergehen. Von der neuen Bundesregierung verlangen wir einen klaren Tierschutzkurs:

  1. Ausschöpfung des EU-Spielraums für national höhere Tierschutzanforderungen,
  2. Durchsetzen höherer Tierschutzanforderungen in der EU und
  3. Internationale Vereinbarungen zur Fortentwicklung des Tierschutzes.


(*) In der tierrechte 1.13, Nr. 62 vom März 2013, hat der Bundesverband Fakten der Tierschutzpolitik der derzeitigen Bundesregierung gelistet. Das Magazin kann im Internet online gelesen werden über die Webseite www.tierrechte.de oder als einzelnes Druckexemplar kostenfrei bei Romy Liessem in der Geschäftsstelle bestellt werden.

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Quelle:
tierrechte 3.13 - Nr. 64/August 2013, S. 7
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2013