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JUSTIZ/224: Sicher ist - Tierrechte werden kommen (tierrechte)


tierrechte 4.16 - Nr. 77, Dezember 2016
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Sicher ist: Tierrechte werden kommen

von Dr. Christiane-Baumgartl-Simons


Wirksame Strategie & kluge Taktik

In dieser Ausgabe stellt Ihnen das tierrechte-Magazin Persönlichkeiten vor, die sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise für Tiere einsetzen. Sie kommen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen wie Wissenschaft, Behörden, Politik, Rechtswissenschaft, Landwirtschaft, Finanzwirtschaft und Literatur. Sie sind nicht alle klassische TierrechtlerInnen. Darauf kam es und auch nicht an. Wir fanden es entscheidend, dass ihr Engagement wirkt. Dass es das Potenzial hat, etwas für die Tiere zu verändern. Diese Menschen leben uns vor, dass es viele Wege gibt, diese Welt besser zu machen.

Der Jurist Dr. Eisenhart von Loeper ist überzeugter Tierrechtler. Mit seiner Fachkunde und als namhafter Autor juristischer Kommentare hat er die Weiterentwicklung des Tierschutzrechts vorangetrieben. Die ehrenamtliche Tierschutzarbeit kennt er von der Pike auf. Seine Prognose für die Zukunft: Die Abschaffung von Massentierhaltung und Tierversuch wird kommen.

Eisenhart von Loeper, geboren 1941 in Potsdam, promovierter Rechtsanwalt in Nagold, engagiert sich seit gut 50 Jahren für die Rechte von Tieren. Dabei nutzt er alle Mittel, die unser Rechtsstaat erlaubt. Die Palette reicht vom wissenschaftlichen Gutachten bis zum zivilen Ungehorsam. Von 1987 bis 2006 war er Vorsitzender unseres Bundesverbandes Menschen für Tierrechte. In dieser Funktion hat er an vorderster Front für die Abschaffung der Käfighaltung von Hühnern und für die Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz gekämpft. Dafür wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er ist Kommentator des Tierschutzgesetzes [1] und derzeit im Vorstand der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz tätig.

Schlüsselerlebnis prägte das Leben

Schon als kleiner Junge erfuhr von Loeper durch den Krieg, wie verletzlich das Leben ist. In den Nachkriegsjahren kümmerte er sich fürsorglich um die Hühner im elterlichen Garten. Eines Tages waren sie verschwunden und standen wenig später als Hühnersuppe auf dem Tisch. Von der Suppe aß er keinen Löffel. Er spürte die Todesnot der Hühner. Dieses Erlebnis prägte den zwölfjährigen Jungen für sein ganzes Leben. Für von Loeper besteht kein Zweifel: die Anerkennung und Umsetzung der Tierrechte sichern den Tieren den Raum, der ihnen zusteht und schaffen damit auch mehr Gerechtigkeit zwischen Mensch und Mitwelt. Die Leidenszufügung und die Schädigung von Tieren müssen als Rechtsbruch am Tier gelten. Gleichzeitig bedeuten sie aber auch eine Verletzung des Menschen, nämlich seines Wertbewusstseins für "Schwächere". Wenn dieser Zusammenhang gesellschaftlich klar ist, können sich die Entscheider den Tierrechten nicht mehr entgegenstellen.

Tierrechte erreichen - aber wie?

Um Rechte für Tiere zu erreichen ist es wichtig, dass die Gemeinschaft der Menschen, die für die Verwirklichung der Tierrechte eintreten, sehr stark wird. Das ist mit Sachkompetenz alleine nicht zu erreichen. Hierzu braucht es mitmenschliches Einfühlungsvermögen und zielbewusstes Arbeiten. Jeder, der sich der Bewegung anschließt, muss spüren, dass er am richtigen Platz ist. Wichtig ist zudem die Kooperation verschiedener Organisationen und Fachdisziplinen. Das haben die erfolgreichen Kampagnen zur Abschaffung der Käfighaltung von Hennen und der Aufnahme des Tierschutzes in dass Grundgesetz, die ein bis zwei Jahrzehnte dauerten, gezeigt.

Tierschutz-Verbandsklage intensiv anwenden

Und es kommen immer neue Fälle, die juristisches Können erfordern: Beispielsweise das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, das die Massentötung männlicher Eintagsküken aus wirtschaftlichen Gründen billigt. Dagegen wird bereits mit juristischen Mitteln bis zum Bundesverwaltungsgericht vorgegangen. Neben Einzelprozessen ist seiner Ansicht nach die Tierschutz-Verbandsklage für die Weiterentwicklung der Tierrechte entscheidend. Es gibt sie bisher in sieben Bundesländern. Für von Loeper ist klar: Wir brauchen Sie dringend auf Bundesebene, damit sie in allen 16 Bundesländern von Organisationen wie dem Bundesverband angewendet werden kann. Deshalb muss vor der Bundestagswahl 2017 klar sein, welche Partei das Klagerecht auf Bundesebene einführen will und welche nicht. Dieses Rechtsinstrument muss so kompetent wie möglich gegen Massentierhaltungen, gegen spezielle Tierversuche und beim Versagen der Kontrollbehörden eingesetzt werden. Auf den Tierschutzorganisationen lastet dabei eine sehr große Verantwortung. Die Chancen stehen seiner Ansicht nach gut, dass die Tierrechte mit der Tierschutz-Verbandklage vorankommen. Das gilt ganz besonders für die Abschaffung tierquälerischer Haltungssysteme wie der Kastenstandhaltung von Sauen.

Blick auf das Jahr 2116

Es wird leider nicht von heute auf morgen gehen, dennoch ist von Loeper überzeugt, dass die globale Geltung von Tierrechten in 100 Jahren Realität sein wird. Massentierhaltung, Tierversuche und Tierquälerei wird es größtenteils nicht mehr geben. Die Menschen erkennen das Leid, das sie den Tieren angetan haben. Sie werden ähnlich tief betroffen sein wie heute von Menschensklaverei und Hexenprozessen. Tierschutz ist Erziehung zur Menschlichkeit, sagte Albert Schweitzer. Für von Loeper ist "Menschen für Tierrechte" der Leitgedanke für eine lebenswerte Zukunft. Der Menschen und der Tiere wegen.


[1] Kommentar Tierschutzgesetz, Kohlhammer-Verlag 2002, Herausgeber Hans-Georg Kluge

Ein ausführliches Interview mit Dr. Eisenhart von Loeper lesen Sie unter:
www.mag.tierrechte.de/00

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Quelle:
tierrechte 4.16 - Nr. 77/Dezember 2016, S. 10
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
eMail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2017

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