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BERICHT/095: Die Schweine der Welt (tierrechte)


tierrechte Nr. 51, Februar 2010
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Die Schweine der Welt

Von Marion Selig


Uns Europäern ist vor allem das landwirtschaftlich genutzte 'Hausschwein' bekannt - und hier meistens nur ein oder zwei Rassen -, außerdem das frei lebende Wildschwein und dann vielleicht noch die in Zoos oder als 'Haustiere' gehaltenen Schweine, wie z. B. das Hängebauchschwein oder das Minipig. Es gibt jedoch noch weitaus mehr Arten, die die ganze Welt bevölkern und teilweise ein sehr bemerkenswertes und eigenes Äußeres haben.


In der Systematik im Tierreich gehören die Schweine zu den Paarhufern, und hier zu den Nichtwiederkäuern. Die Familie der Schweineartigen wird aus den sogenannten Echten oder Altweltlichen Schweinen und den Nabelschweinen (Pekaris) gebildet. Zu den Echten Schweinen gehören fünf Gattungen: Flussschweine, Wildschweine, Warzenschweine, Riesenwaldschweine und Hirscheber. Da Schweine eher nicht auf eine bestimmte klimatische Region spezialisiert sind, bewohnen sie weite Teile Europas, Asiens und Afrikas. Das Wildschwein, von dem die vom Menschen gezüchteten 'Hausschweine' abstammen, wurde nach Amerika, Australien und Neuseeland eingeführt. Schweine bewohnen Ebenen und Hochgebirge, Wälder, Steppen, Savannen, Sümpfe und auch immer häufiger dichtbesiedelte Kulturlandschaften.


Flussschweine

Diese Gattung umfasst zwei Arten, das Buschschwein und das Pinselohr- oder Flussschwein. Letzteres hat eine sehr auffällige Färbung: ein rotbraunes Fell mit einem weißen Strich auf dem Rücken, auch im Gesicht finden sich weiße und schwarze Haare, die Ohren tragen an ihren Spitzen einen langen 'Pinsel'. Das Buschschwein ist zotteliger, die Farbe seines Fells kann wechseln. Die männlichen Tiere haben Gesichtswarzen. Fluss- und Buschschweine leben in Afrika südlich der Sahara und auch auf Madagaskar. In Gefangenschaft vermehren sie sich kaum, weshalb sie praktisch nicht domestiziert wurden.


Wildschweine

Zu den Wildschweinen zählen außer dem auch hier wild lebenden Wildschwein weitere drei Arten: das Bartschwein, das Pustelschwein sowie das Zwergwildschwein. Bart- und Pustelschwein haben mehrere Paare Gesichtswarzen. Das Pustelschwein lebt in Indonesien, ebenso wie das Bartschwein, das auch auf den Philippinen vorkommt und durch die Behaarung seines Rüssels sowie durch ein ungewöhnliches Verhalten auffällt: Einmal im Jahr schließen sich die Familienrotten zu großen Gruppen von mehreren Hundert Tieren zusammen und legen weite Strecken zurück. Dieses Verhalten wird ihnen zum Verhängnis, da die Einheimischen diese Wanderungen zur Jagd nutzen. Die kleinste Wildschweinart, das Zwergwildschwein, kommt nur in den südlichen Himalajastaaten vor und ist vom Aussterben bedroht.

Das uns bekannte Wildschwein ist die einzige wild lebende Schweineart in Europa und kommt auch in Nordafrika und Asien vor. Das Wildschwein ist die Stammform der über die Jahrhunderte zahlreichen vom Menschen gezüchteten Schweinerassen. Dazu gehören z.B. das Bunte Bentheimer Schwein mit heller Hautfarbe und unregelmäßigen schwarzen Flecken, das Angler Sattelschwein, bei dem Kopf und hintere Körperhälfte schwarz sind mit einem weißen 'Sattel' über den Vorderbeinen, und das Schwäbisch-Hällische Schwein mit schwarzem Kopf und schwarzen Hinterbeinen. Seit etwa der Mitte des vergangenen Jahrhunderts werden in der industriellen Schweinemast Tiere bevorzugt, die schnell wachsen und einen hohen Muskelanteil mit wenig Fett haben. Die Folge davon ist, dass fast ausschließlich sogenannte Hybridschweine eingesetzt werden, d.h. Tiere, die aus spezialisierten Vater- und Mutterlinien stammen.


Warzenschweine

Die Warzenschweine fallen durch ihren breiten Kopf mit den drei Warzenpaaren und ihre nach oben gebogenen Eckzähne auf. Sie leben in den Grassavannen Afrikas, jedoch auch am Kilimandscharo bis in einer Höhe von 3000 Metern. Typisch für die Warzenschweine ist ihre Art zu fressen: Um mit der Schnauze auf den Boden zu kommen, lassen sie sich auf die Handwurzelgelenke nieder, die mit Schwielen geschützt sind und nehmen eine Haltung ein, die an Knien erinnert. Die weiblichen Tiere haben nur je vier Zitzen, weshalb höchstens vier Junge überleben


Riesenwaldschweine

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das afrikanische Riesenwaldschwein entdeckt. Es lebt in dichten unzugänglichen Wäldern und im Buschland um den Äquator herum. Ein ausgewachsenes Tier kann 250 bis 275 Kilogramm schwer werden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schweinen wühlen Riesenwaldschweine kaum und fressen daher auch überwiegend oberirdisch wachsende Pflanzen.


Hirscheber

Auch der Hirscheber gehört zu den Schweinen. Der Begriff ist eine Übersetzung von 'Babyrousa' oder 'Babirusa', das aus dem Indonesischen stammt und aus den Wörtern 'Hirsch' und 'Schwein' zusammengesetzt ist. Der Hirscheber lebt auf der indonesischen Insel Sulawesi und den vorgelagerten Inseln. Sein Name rührt vermutlich vom ungewöhnlichen Wachstum seiner Eckzähne her. Die Eckzähne im Oberkiefer wachsen von innen durch den Rüssel nach außen und formen einen Kreis nach hinten. Zusammen mit den seitlich aus der Schnauze wachsenden unteren Eckzähnen erinnern sie etwas an ein Geweih. Der Hirscheber ist das einzige bekannte Säugetier mit einem solchen Zahnwachstum. Die Eckzähne wachsen problemlos durch Kiefer und Haut, es entstehen keine Entzündungen. Auch die Hirscheber wühlen nicht im Boden und fressen vor allem Laub und herabgefallene Früchte.


Pekaris

Die Neuweltlichen Schweine, die Pekaris oder Nabelschweine, leben in Süd- und Mittelamerika. Die Bezeichnung 'Nabelschwein' geht auf eine Drüse zurück, die sich auf dem hinteren Drittel des Rückens der Tiere befindet. Die Haut ist an dieser Stelle eingestülpt und mit Talgdrüsen versehen. Das Drüsensekret dient der Duftmarkierung und vermutlich sozialen Kontakten. Im Gegensatz zu den Eckzähnen der Altweltlichen Schweine sind die der Pekaris nach unten gerichtet und deutlich kürzer. Das Pekari bewohnt Grassteppen und auch tropische Regenwälder, scheint höhere Gebirge aber zu meiden. Wie die Schweine in Europa, Asien und Afrika leben Pekaris in Rotten, suhlen sich gern, können gut schwimmen und wühlen im Erdboden.

Vielleicht weckt dieser Einblick in das Leben der Schweine der Welt mehr Interesse für diese ungewöhnlichen und vielseitigen Tiere und trägt dazu bei, über den oft abwertenden Umgang des Menschen mit ihnen nachzudenken.


Schweine und ihr Verhalten

Schweine sind gesellige und soziale Tiere. Sie leben in Gruppen - sogenannten Rotten -, die Angehörigen einer Gruppe halten eng zusammen. Da die Tiere sehr 'mitteilungsfreudig' sind, spielen Quiek- und Grunzlaute zur Verständigung eine große Rolle. Schweinerotten haben meist ein festes Revier, dem sie treu bleiben, wenn die Nahrung ausreicht und wenn sie nicht gestört werden. Schweine können schnell laufen und gut schwimmen. Sie lieben es, sich im Schlamm zu suhlen. Dieses Verhalten dient der Körperpflege. Da die Tiere fast keine Schweißdrüsen haben, kühlen sie sich auf diese Weise ab und reinigen ihre Haut: Der Schlamm wird dann an Bäumen und Büschen abgeschubbert. Schweine haben eine reichhaltige Speisekarte. Sie fressen Gras, Blätter, frische Triebe, Früchte, Samen, Kräuter, Pilze und auch unterirdische Pflanzenteile. Mit ihrer lang gezogenen Schnauze und der beweglichen und sensiblen Rüsselscheibe durchwühlen sie den Grund und sorgen so für Sauerstoff im Boden und für die Verteilung von Samen. Auch Würmer, Insektenlarven, Eier, kleine Wirbeltiere und Aas verschmähen sie nicht. Beim Ruhen liegen sie gern mit Körperkontakt zu Artgenossen. Oft lässt sich eine soziale Körperpflege beobachten, bei der ein Schwein dem anderen die Haare bzw. Borsten mit Lippen und Zähnen 'durchkämmt' und die Haut mit der Rüsselscheibe massiert. Schweine trennen ihre 'Funktionsbereiche' - also z. B. Schlaf- und Kotplatz - streng. In der Rotte nimmt das führende weibliche Schwein, die 'Leitbache', eine wichtige Rolle ein. Sie hat u. a. Einfluss darauf, welches Tier sich vermehren soll. In der Rotte gerät viel durcheinander, wenn die Leitbache stirbt oder von Jägern erschossen wird. Bis sich eine neue Leitbache etabliert hat, gebären die übrigen Bachen oft häufiger. Vor der Geburt sondern sich die weiblichen Tiere von der Rotte ab, suchen einen trockenen, sicheren Platz auf und heben durch Wühlen eine Mulde oder Erdhöhle aus, die sie mit Pflanzenteilen auspolstern. Die Ferkel werden je nach Art nach etwa dreieinhalb bis fünf Monaten Trächtigkeit geboren und sind wegen ihrer nur spärlichen Behaarung sehr wärmebedürftig. Schon bald nach der Geburt suchen sie nach den Zitzen, wobei jedes Ferkel nach einiger Zeit eine bestimmte Zitze hat und sich eine Saugordnung ausbildet.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 51/Februar 2010, S. 6-7
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2010