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ETHIK/016: Hundeelend (Ingolf Bossenz)


Hundeelend

Sarbi / Der australische Labrador wurde für den Kriegsdienst in Afghanistan geehrt

Von Ingolf Bossenz, 8. März 2011


Als die Gallier 387 v. Chr. nachts zum Kapitol schlichen, ertönte Gänsegeschnatter. Es riss die Kapitolbesatzung aus dem Schlaf und rettete Rom. In Erinnerung daran trugen die Römer alljährlich eine Gans in feierlichem Aufzug durch die Stadt. Da die Hunde in jener Nacht der Gefahr geschwiegen hatten, führte man auch einen solchen mit - ans Kreuz geschlagen.

Nicht ans Kreuz geschlagen, sondern mit einem Kreuz geehrt wurde jetzt ein Spürhund der australischen Armee. Der schwarze Labrador Sarbi war während eines Einsatzes im Afghanistan-Krieg verloren gegangen und hatte sich ein Jahr lang allein durchgeschlagen. Dafür erhielt er nun das violette Kreuz der Königlichen Gesellschaft für die Verhinderung von Gewalt gegen Tiere. An der Verleihung der Tapferkeitsmedaille nahm sogar Australiens Armeechef Ken Gillespie teil. Sarbi musste in Afghanistan Minen und Sprengfallen aufspüren.

Vor zwei Jahren erst war in Australien ein Denkmal eingeweiht worden für Tiere, die in Kriegen zum Einsatz kamen. Im Ersten Weltkrieg wurden weltweit an 120 000 Tiere Tapferkeitsmedaillen vergeben: Pferde, Maultiere, Hunde, Tauben ... Insgesamt 14 Millionen Tiere waren von den Kriegsparteien in das Völkerschlachten gehetzt worden, um von Granaten zerfetzt oder von Kugeln durchsiebt zu werden bzw. anderweitig zu leiden und zu verrecken. Im Zweiten Weltkrieg waren es gar an die 30 Millionen.

Der militärische Missbrauch von Tieren ist so alt wie die Kriegsgeschichte. Ob Elefanten als Artilleriestellungen, mit Krokodilen »bestückte« Festungsgräben oder mit Giftschlangen gefüllte Wurfgeschosse - der Erfinder-Ungeist kannte keine Grenzen. Auf dem Schlachtfeld besonders beliebt: Hunde. Im Mittelalter wurden sie als Kampfhunde in Rüstungen gesteckt, im Ersten Weltkrieg als Meldegänger und Kabelverleger geschätzt, im WK II mit Minen behängt und auf Panzer gehetzt.

Kriegsdenkmale und Tapferkeitsmedaillen für Tiere sind ebenso verlogen wie für Menschen. Das schlechte Gewissen wird in Stein, Bronze oder Blech ausgelagert, um Platz zu schaffen für neues gewissenloses Abschlachten. Die Römer waren da seinerzeit weit ehrlicher - mit dem Hund am Kreuz.


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Quelle:
Ingolf Bossenz, April 2011
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 07.04.2011
URL: http://www.neues-deutschland.de/artikel/194958.hundeelend.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2011