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WIETZE/001: Fronten und Ereignisse - erstickter Widerstand (SB)


Proteste gegen den umstrittenen Geflügelschlachthof in Wietze - 9. Juli 2013

Großaufgebot der Polizei im präventiven Einsatz


Freilaufende Hühner - Foto: © by Schattenblick

Proteste und Aktionen gegen die Hühnerschlachtfabrik in Wietze reißen nicht ab
Foto: © by Schattenblick

Wie die Pressestelle der Polizeiinspektion Celle in einer am gestrigen Montag gegen 11 Uhr veröffentlichen Mitteilung bekannt gab, wurde in Wietze in den frühen Morgenstunden eine Blockade des Geländes der "Celler Land Frischgeflügel" durch die Polizei Celle verhindert. Der Pressemitteilung zufolge hätten "eigene Aufklärungsergebnisse aus der vergangenen Woche" zu der Erkenntnis geführt, daß eine Aktion an dem Gelände unmittelbar bevorgestanden habe. Eine aus sechs Fahrzeugen bestehende Fahrzeugkolonne wurde von der durch Unterstützungskräfte verstärkten Celler Polizei gestoppt und kontrolliert. In den Fahrzeugen seien "mehr als 30 Personen aus der militanten Tierschützerszene" unterwegs gewesen, außerdem habe die Polizei "umfangreiches Blockadematerial" sichergestellt. Allen angetroffenen Personen wurden Platzverweise erteilt. [1]

Soweit die polizeiliche Darstellung, die zum Teil in den Meldungen der örtlichen Presse einen fast wortwörtlichen Niederschlag fand. [2] Einige lokale Zeitungen berücksichtigten jedoch auch den Blickwinkel der von dieser offenbar weit im Vorfeld möglicher Straftaten durchgeführten polizeilichen Großaktion betroffenen Aktivisten und Aktivistinnen und zitierten aus einer vom Bündnis für Tierbefreiung unter dem Titel "Riesiges Polizeiaufgebot schützt Schlachtfabrik in Wietze" veröffentlichten Pressemitteilung. Polizei und Staatsschutz hätten, so hieß es dort, einen "drei Hundertschaften umfassenden Großeinsatz eingeleitet, welcher mögliche Blockaden oder ähnliches unterbinden sollte". Die Aktivistin Anna kommentierte dies mit folgenden Worten: "Dieser Schlachthof macht fast allen das Leben schwer und das Sterben einfacher." [3]

Eine Blockade oder ähnliches fand denn auch nicht statt. Gänzlich ohne Erfolg blieb die morgendliche Fahrt engagierter Tierrechtler und -rechtlerinnen gleichwohl nicht, nahmen doch örtliche Medien ihr mutmaßliches Vorhaben bzw. die Großaktion der Polizei gegen eine mögliche Blockade der umstrittenen Großschlachtanlage zum Anlaß, über die Hintergründe der Proteste zu informieren. Bei "Celleheute" hieß es beispielsweise [4]:

Hintergrund der Aktion war unter anderem, dass in der Wietzer Fabrik zahlreiche Arbeiter unter fragwürdigen Bedingungen beschäftigt seien, um maschinengestützt massenhaft Hühner umzubringen und weiterzuverarbeiten. Diese würden unter entsetzlichen Bedingungen aufgezogen und mit gentechnisch manipuliertem Futter gemästet, für welches Menschen und Tiere aus ihren Lebensräumen vertrieben würden.

Laut kreiszeitung.de [5] hatten die Tierschützer Spruchbänder gegen die Massentierhaltung dabei, als sie von der Polizei angehalten und kontrolliert wurden. Macht sie das bereits zu "Personen aus der militanten Tierschützerszene", wie es bei der Polizei hieß [1], und ist es tatsächlich gerechtfertigt, auf Verdacht hin umfangreiche Gegenstände, die bei Blockadeaktionen verwendet werden könnten, sicherzustellen und gegen alle Menschen, die in den kontrollierten Fahrzeugen saßen, Platzverweise zu erteilen? Kreiszeitung.de erinnerte anläßlich der jüngsten Ereignisse an die Zeit vor der Inbetriebnahme des Massenschlachthofes [5]:

Der Schlachthof war vor knapp zwei Jahren in Betrieb gegangen. Schon vor dem Bau hatte es immer wieder Proteste von Anliegern und Aktivisten gegen den Mega-Schlachthof mit einer wöchentlichen Schlachtkapazität von rund 2,6 Millionen Hähnchen gegeben. Unter anderem hatten Gegner die Baustelle besetzt. Der Naturschutzbund Nabu war vor einem Jahr mit einer Klage gegen die Schlachtanlage gescheitert.

Die Argumente und Standpunkte wider die nunmehr seit zwei Jahren betriebene Tötungsmaschinerie haben gleichwohl nichts an Plausibilität oder auch Aktualität eingebüßt. [6] Aus Sicht eines beteiligten Aktivisten habe das Vorgehen der Polizei gezeigt, welch ein Aufwand erforderlich ist, "um eine kleine Zahl motivierter Aktivist*innen von ihrem Vorhaben abzuhalten" und wieviele Ressourcen bereitgestellt werden, "um einen Ausbeutungsbetrieb am Laufen zu halten". [3] Wiewohl es den Polizeikräften gelungen ist, eine unter Umständen bevorstehende Blockadeaktion im Vorfeld zu verhindern, wird es ihr kaum möglich sein, die gesellschaftlich kontroverse Diskussion, die durch eine nicht stattgefundene Aktion und das martialische Auftreten der Ordnungskräfte neuen Aufwind bekommen hat, wieder einzuschläfern.


Fußnoten:

[1] http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/59457/2509226/pol-ce-wietze-blockade-verhindert

[2] http://www.cellesche-zeitung.de/S380067/Blockade-des-Schlachthofs-verhindert

[3] http://www.tierbefreier.de/nachrichten/13/080713_schlachtfabrikblockade.html
http://www.schattenblick.de/infopool/tiere/tirecht/ttme0003.html

[4] http://celleheute.de/wietze-polizei-verhindert-blockade-des-geflugelschlachthofes/

[5] http://www.kreiszeitung.de/lokales/niedersachsen/gefluegelschlachthof-

[6] http://www.schattenblick.de/infopool/tiere/report/trin0001.html

9. Juli 2013